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Das Inter­view erschien erst­mals Anfang 2019.


Herr Mat­tuschka, Anfang der 2000er-Jahre arbei­teten Sie in Bran­den­burg als Maler und Lackierer, wogen 100 Kilo und spielten in der siebten Liga. Kurz darauf liefen Sie in der Bun­des­liga auf. Wie zur Hölle konnte das pas­sieren?

Mat­tuschka: Es waren nicht hun­dert, son­dern 98! (grinst) Ich habe damals meine Aus­bil­dung in einer Maler­firma gemacht, die gleich­zeitig Haupt­sponsor beim Ama­teur­club SV Dis­sen­chen aus Cottbus war und Fuß­baller ein­ge­stellt hat. Das war der Grund, warum ich den Aus­bil­dungs­platz bekommen habe, denn in der Schule war ich nie beson­ders gut. Wäh­rend andere also fünfzig Bewer­bungen schreiben mussten, habe ich pro forma eine abge­geben und dank meines Spie­ler­passes war dann klar, dass ich die Lehr­stelle bekomme. (lacht) Wir waren dann unter der Woche immer in Berlin auf Mon­tage, haben maximal ein Mal die Woche trai­niert und ansonsten jeden Abend gesoffen. Am Wochen­ende stand ich oft mit Rest­al­kohol auf dem Platz, aber für die siebte Liga hat es noch gereicht.

Sie schossen für Dis­sen­chen in 100 Spielen 100 Tore und machten somit Energie Cottbus, für die Sie schon in der Jugend gespielt hatten, auf Sie auf­merksam.

Mein Glück war, dass die zweite Mann­schaft von Energie damals auf dem Gelände von Dis­sen­chen trai­niert hat. Mein Opa hat den dama­ligen Trainer so lange genervt, bis ich bei einem Test­spiel von Energie im Sta­dion der Freund­schaft mit­spielen durfte. Da war ich dann ganz gut, habe ein Tor geschossen und zwei vor­be­reitet…

… und Thomas Rei­chen­berger scho­ckiert.

(lacht laut) Ja, defi­nitiv. Ich bin damals direkt von der Arbeit ins Sta­dion gefahren, habe in der Kabine gewartet, und dann kam Tommy Rei­chen­berger rein. Er hatte damals schon für Frank­furt und bei Bayer Lever­kusen gespielt, war ein gestan­dener Bun­des­li­ga­profi und sollte zu Cottbus wech­seln. Und der sieht mich dann da mit Glatze, Pier­cings und 98 Kilo auf den Rippen in Malerkla­motten sitzen und hat sich in diesem Moment defi­nitiv gefragt, mit was für Johnnys er jetzt zusammen spielen muss. Aber er hat sich von dem Schock mitt­ler­weile erholt, denn wir sind seitdem immer noch in Kon­takt und gut befreundet. Das ist ein ähn­li­cher Typ wie ich, ein biss­chen bekloppt im Schädel, aber für jeden Spaß zu haben.

Zurück zu Ihrem Pro­be­spiel bei Energie. Was geschah dann?

Nach dem Spiel kam der dama­lige Trainer Ede Geyer zu mir und meinte (imi­tiert säch­si­schen Dia­lekt): Sag mal Torsten, du könn­test mit Fuß­ball­spielen Geld ver­dienen, da müss­test du aber noch ein biss­chen abnehmen“. Da hat es dann bei mir klick gemacht, da habe ich erst so richtig rea­li­siert, was das für eine Chance für mich sein könnte. Ich wollte aber erstmal meine Lehre beenden, was ich dann auch gemacht habe, und ein halbes Jahr später bin ich zur zweiten Mann­schaft von Cottbus gewech­selt. Ich war zwar zu dieser Zeit drei Monate gesperrt, was aber ganz gut war, weil ich dadurch erst einmal abnehmen und mich an die neue Trai­nings­in­ten­sität gewöhnen konnte. Wir haben fünf bis sechs Mal die Woche trai­niert, das war schon was anderes als bei Dis­sen­chen. Nachdem die Sperre dann abge­laufen war, habe ich bei den Ama­teuren jedes Spiel gemacht und durfte auch beim einen oder anderen Freund­schafts­spiel der Profis mit­spielen.

Nach der Saison hat Ede Geyer Sie dann dau­er­haft in die erste Mann­schaft geholt.

Moment, so ein­fach war das nicht! Er hat mich in sein Büro gerufen und mir gesagt: Torsten, wenn du in den nächsten vier Wochen zehn Kilo abnimmst, darfst du mit ins Trai­nings­lager“. Diese vier Wochen waren echt hart, ich habe teil­weise gar nichts mehr gegessen, nur Wasser getrunken. Aber beim Trai­nings­auf­takt am 1. Juli wog ich dann 82,3 Kilo und durfte tat­säch­lich mit. Im Nach­hinein muss ich aber sagen, dass ich in dieser Zeit auch ver­dammt viel Glück hatte: Einer­seits dass mein Opa so einen guten Draht zum dama­ligen Trainer der Cott­busser Ama­teure hatte, aber auch, dass ich in den Test­spielen funk­tio­niert habe und natür­lich, dass Ede für mich der rich­tige Trainer zur rich­tigen Zeit war. Wenn bei Energie damals ein anderer Coach auf der Bank gesessen hätte, der nicht auf mich gesetzt hätte, wäre viel­leicht alles ganz anders ver­laufen. Und heut­zu­tage wäre ein sol­cher Ein­stieg wahr­schein­lich völlig undenkbar. Wenn heute jemand mit zehn Kilo Über­ge­wicht bei einem Bun­des­li­gisten zum Pro­be­trai­ning auf­kreuzen würde, würde man ihm den Vogel zeigen und ihn dann freund­lich raus begleiten.

Obwohl Sie bei einem dama­ligen Erst-und spä­teren Zweit­li­gisten unter Ver­trag standen, wech­selten Sie 2005 in die Ober­liga (damals vierte Liga) zu Union Berlin. Warum?

Ich habe zwar in der ersten Mann­schaft von Energie trai­niert, bin dort aber nur selten zum Ein­satz gekommen. Heute wäre das sicher­lich anders, aber damals war es – vor allem unter Ede – für junge Spieler schwer. Gerade auf meiner Posi­tion als Mit­tel­feld­spieler ist es aber wichtig, mal sechs oder sieben Spiele am Stück zu machen, um in den rich­tigen Rhythmus zu kommen. Die Mög­lich­keit habe ich damals in Cottbus nicht mehr gesehen, dazu lief mein Ver­trag aus, und dann kam mein Berater mit dem Angebot von Union um die Ecke.

Die Köpe­ni­cker hatten damals zwei Abstiege in Folge hinter sich.

Das Angebot hat mich trotzdem sofort gereizt. Union hatte damals eine neu zusam­men­ge­stellte, richtig geile Truppe, dazu wollten alle im Verein wieder auf­steigen. Als beim ersten Trai­ning dann – wohl­ge­merkt in der Ober­liga – über zwei­tau­send Zuschauer da waren, wusste ich, dass ich die rich­tige Ent­schei­dung getroffen hatte. Die ganze Saison war dann der Wahn­sinn, mit dem 8:0‑Sieg über Hohen­schön­hausen (BFC Dynamo, Anm. der Red.) als abso­luten Höhe­punkt, auch wenn mir die Bedeu­tung dieses Spiels für die Fans erst im Nach­hinein so richtig klar geworden ist. Davon erzählt man sich ja an der Alten Förs­terei noch heute.

Ihr erstes Jahr bei Union war sowohl für den Verein, als auch für Sie per­sön­lich sehr erfolg­reich. Anders sah es in der zweiten Saison aus. Sie kamen kaum noch zum Ein­satz, schossen in der Regio­nal­liga kein ein­ziges Tor. Gab es in dieser Phase Momente, wo Sie Zweifel hatten, ob es wirk­lich zum Profi reicht?

Absolut, in der Saison 2006/2007 stand das total auf der Kippe. Ich kam unter dem dama­ligen Trainer Chris­tian Schreier wenig zum Ein­satz und mein Ver­trag lief am Sai­son­ende aus. Dazu war ich auch kör­per­lich nicht fit, weil wir unter Schreier ziem­lich locker trai­niert haben. Es gab zum Bei­spiel kein Spie­l­er­satz­trai­ning für die Spieler, die am Wochen­ende auf der Bank saßen. Das ist nor­ma­ler­weise am Tag nach einem Pflicht­spiel üblich, damit man unge­fähr auf das Niveau und die Belas­tung der Jungs kommt, die 90 Minuten auf dem Platz standen. Bei Schreier haben wir uns aber immer erst am Diens­tag­nach­mittag wieder getroffen. Das war zwar auf der einen Seite cool, weil man vier Tage frei hatte, aber meiner Kon­di­tion hat das alles andere als gut getan. Und wenn ich dann mal ran durfte, war ich nach einer Halb­zeit platt.

Nach der Saison hat Schreier den Verein dann ver­lassen, Uwe Neu­haus wurde Trainer bei Union. Der nächste Glücks­fall in Ihrer Kar­riere?

Absolut. Erstmal habe ich aber dem dama­ligen Sport­di­rektor Chris­tian Beeck zu ver­danken, dass ich über­haupt noch einen Ver­trag bei Union bekommen habe. Wir kannten uns schon aus Cottbus, des­halb hat er bei Uwe ein gutes Wort für mich ein­ge­legt. Was ich dann im End­ef­fekt unter­schrieben habe, war finan­ziell aller­dings eine Kata­strophe. Vom Grund­ge­halt alleine hätte ich nicht leben können, ich war auf die Punkt­prä­mien ange­wiesen. Mein Berater meinte aber zu mir: Tusche, ent­weder du machst das jetzt, kneifst ein halbes Jahr die Arsch­ba­cken zusammen und ver­suchst, den Trainer zu über­zeugen – oder du kannst nach Dis­sen­chen zurück gehen und als Maler und Lackierer arbeiten.“ Klar, das war natür­lich noch mal ein rich­tiger Schock für mich. Beim ersten Trai­ning unter Uwe habe ich dann alles rein­ge­hauen, und danach kam er zu mir und sagte: Tusche, ich habe richtig Bock auf dich – wenn du fit bist, wirst du bei mir immer spielen. Und wenn Du nicht Gas gibst, trete ich dir in den Hin­tern!“.

War Neu­haus für Sie der prä­gendste Trainer in Ihrer Lauf­bahn?

Defi­nitiv, er hat mich von allen Trai­nern, die ich hatte, am wei­testen gebracht – sowohl als Fuß­baller, als auch als Mensch. Dazu kommt, dass er immer wusste, wie er mich zu packen hat, damit ich an meine Leis­tungs­grenze gehe – weil ihm klar war, dass ich ein Typ bin, der auch gerne mal einen Schritt weniger macht, wenn er sich zu sicher fühlt. Dass wir dann aber zweimal auf­steigen, den Verein in der Zweiten Liga eta­blieren und ich Ober­bauer vor 75000 Zuschauern im Derby gegen Hertha das ent­schei­dende Tor mache – das hätte ich natür­lich trotzdem nie­mals für mög­lich gehalten.

Das Derby gegen Hertha – der Höhe­punkt Ihrer Kar­riere?

Auf jeden Fall der unver­gess­lichste Moment. Wir waren im Spiel klar unter­legen, Maikel Aerts im Hertha-Tor hätte meinen Frei­stoß eigent­lich halten müssen – aber das war wieder so ein Tag, wo das Glück auf unsere Seite war, warum auch immer. Ein paar Tage nach dem Spiel habe ich mit unserem anderen Tor­schützen Mossi (John Jairo Mos­quera, Anm. der Red.) bei einer Ver­an­stal­tung vier Stunden lang Auto­gramme geschrieben, da waren Tau­sende Men­schen, unglaub­lich! Noch heute werde ich auf dieses Tor ange­spro­chen, und ich glaube, von unserer Wäschefrau Elly bis zu unserem Prä­si­denten wird nie­mand im Verein diesen Sieg je ver­gessen. Und ich freue mich darauf, meinen Enkeln eines Tages zu erzählen, was der dicke Opa so gemacht, als er jünger war. (lacht)

A propos dicker Opa: Sie geben offen zu, sich wäh­rend Ihrer Kar­riere nicht immer sport­ler­ge­recht ernährt zu haben, bezeichnen sich selbst als Kult­ki­cker mit Plauze“. Denken Sie, dass ein Fuß­baller mit Über­ge­wicht in der heu­tigen Bun­des­liga noch mög­lich wäre?

Das hängt ganz davon ab, ob sich heute noch einen Verein findet, der auch mal auf einen Spieler setzt, der nicht wie der nor­male“ Fuß­baller aus­sieht. Und natür­lich, ob der Spieler trotzdem seine Leis­tung bringen kann. Wenn das bei mir irgend­wann nicht mehr der Fall gewesen wäre, hätte ich schon meine Ernäh­rung umge­stellt. Aber da ich trotz meiner 82, 83, manchmal auch 84 Kilo – irgend­wann wurden es mit jedem Jahr 500 Gramm mehr – immer ein wich­tiger Teil der Mann­schaft war, hat das für mich immer gepasst. Ich hatte zwar nie ein Six­pack, dafür immer mein One­pack. Natür­lich könnte ich das im Nach­hinein jetzt alles schön­reden, und viel­leicht hätte ich sogar noch mehr errei­chen können, wenn ich nicht zu McDo­nalds gegangen wäre und statt Döner lieber Pro­tein-Eiweiß-Riegel und Müsli gegessen hätte. Ob ich dann sogar in der Bun­des­liga gelandet wäre, wer weiß das schon – die berühmte Glas­kugel, die habe ich nicht.

In der Saison 2013/14 waren Sie der beste Scorer der Zweiten Liga, doch kurz nach dem Abgang von Uwe Neu­haus ver­ließen auch Sie Union. Beim neuen Trainer Nor­bert Düwel fehlte Ihnen die Wert­schät­zung, Sie sahen keine Chance mehr auf regel­mä­ßige Ein­sätze.

Mein Pro­blem war, dass Nor­bert Düwel nicht ehr­lich zu mir war. Im Vier-Augen-Gespräch hat er mir erzählt, wie wichtig ich für die Mann­schaft sei und dass er weiter mit mir planen würde, auf dem Platz hat er dann aber was völlig anderes umge­setzt. Ich bin aber ein Typ, der gera­deaus ist, der auch sagt, was er denkt, und des­halb kann ich so einen Cha­rakter über­haupt nicht leiden. Wenn er mir von Anfang an gesagt hätte: Tusche, ich plane nicht mit dir. Du bist zu alt, zu langsam, zu dick“, dann hätte ich gewusst, woran ich bin. Aber nicht den Mut zu haben, mir das ins Gesicht zu sagen, son­dern mich ein­fach auf die Bank zu setzten, das finde ich schwach. In der Vor­saison war ich noch Kapitän, habe zwölf Tore gemacht und zwölf vor­be­reitet, da ver­lernt man ja nicht plötz­lich das Fuß­ball­spielen.

Sie gingen zurück in Ihre Hei­mat­stadt Cottbus.

Am liebsten hätte ich meine Kar­riere bei Union beendet, das ist doch klar. Aber ich denke, wenn ich unter Düwel geblieben wäre, hätte es nur noch mehr gekracht, und das wäre auch nicht im Sinne des Ver­eins gewesen. Außerdem hätte sich mein Ver­trag nur ver­län­gert, wenn ich 22 Spiele gemacht hätte, und die hätte ich nicht bekommen. Ich hatte aber noch Bock auf Fuß­ball, und da war das Angebot aus Cottbus unschlagbar, obwohl Energie damals gerade in die Dritte Liga abge­stiegen war.

An Ihre Erfolge bei Union konnten Sie in Cottbus nicht mehr anknüpfen. Was lief rück­bli­ckend betrachtet falsch?

Viel­leicht habe ich die Unter­schiede zwi­schen der Zweiten und der Dritten Liga unter­schätzt. Bei Cottbus lag der Fokus weniger auf dem Spie­le­ri­schen, da waren mehr kämp­fe­ri­sche Tugenden gefragt. Die erste Saison lief zwar noch eini­ger­maßen okay, da haben wir einen soliden Mit­tel­feld­platz belegt. Aber das zweite Jahr war dann mit dem Abstieg die abso­lute Kata­strophe. Obwohl wir gut in die Saison gestartet sind und auf­steigen wollten, waren wir irgend­wann in einer Nega­tiv­spi­rale, aus der wir nicht mehr raus­ge­kommen sind. Dazu kam, dass ich häufig ver­letzt war und nur noch selten meine Leis­tung zeigen konnte. Trotzdem denke ich, dass die Ent­las­sung des dama­ligen Trai­ners Stefan Krämer ein Fehler war. Ich bin über­zeugt davon, dass wir mit ihm die Kurve gekriegt hätten.

An seinem Nach­folger, Vasile Miriuta, lassen Sie in Ihrer Bio­gra­phie Kult­ki­cker mit Herz und Plauze“ kein gutes Haar.

Absolut, Miriuta war mensch­lich eine Kata­strophe. Fach­lich war er auch nicht die Bombe, aber schlimmer war, wie er mit den Spie­lern umge­gangen ist, wie ein Dik­tator. Beim gemein­samen Früh­stück mit der Mann­schaft etwa mussten alle Spieler und das Trai­ner­team zwei Scheiben Brot mit Käse essen, nur Herr Miriuta hat sich Spie­gel­eier und Rühreier bestellt. Das mag für Außen­ste­hende ein banales Bei­spiel sein, aber als Spieler fragt man sich schon, was das soll, schließ­lich sitzt man ja eigent­lich in einem gemein­samen Boot. Dazu durften wir in der Kabine keine Handys benutzten, in den Pausen nicht Karten spielen. Und auf dem Trai­nings­platz hat er beim kleinsten Fehler direkt rum­ge­me­ckert, was dazu geführt hat, dass sich im Spiel keiner mehr getraut hat, mal etwas krea­tives zu ver­su­chen, ins Risiko zu gehen. Alle haben sich nur noch an seine Vor­gaben gehalten, die Mann­schaft ist teil­weise schon ängst­lich ins Spiel gegangen, und dem­entspre­chend waren auch unsere Leis­tungen. In meinen Augen war er das beste Bei­spiel, wie ein Trainer nicht sein sollte.

Nach dem Abstieg in Cottbus spielten Sie noch zwei Jahre bei der erst fünf‑, dann viert­klas­sigen VSG Alt­glie­nicke, ehe Sie Ihre Kar­riere aus Ver­let­zungs­gründen end­gültig been­deten. Was machen Sie jetzt nach dem Auf­stehen?

Keine Sorge, ich habe genug zu tun. Ich arbeite als Co-Trainer bei Alt­glie­nicke, und das ist anstren­gender als gedacht. Als Spieler kommst du zum Trai­ning und denkst dir Schauen wir mal, was die Trainer heute vor­be­reitet haben“. Wenn man dann aber selber Trainer ist, merkt man erst, wie viel Arbeit dahinter steckt. Und an der Sei­ten­linie muss man gleich­zeitig das Spiel ver­folgen, und sich dazu per­ma­nent Ver­bes­se­rungs­maß­nahmen, mög­liche Wechsel, Tak­tik­än­de­rungen und sons­tige Dinge über­legen. Nach einem Spiel als Coach fühle ich mich oft so, als hätte ich auf dem Platz zwei Mal hin­ter­ein­ander durch­ge­spielt.

Sie gelten als Ikone des Ost­fuß­balls. Woran liegt es Ihrer Mei­nung nach, dass seit dem Abstieg von Energie Cottbus im Jahr 2009 kein ehe­ma­liger DDR-Klub mehr in der Bun­des­liga gespielt hat?

Ich denke, dass das in erster Linie daran liegt, dass die Ost­ver­eine oft mit finan­zi­ellen Pro­blemen zu kämpfen haben. Natür­lich gibt es auch Ver­eine wie Union, die auf einem guten Weg sind oder zumin­dest das Beste aus ihren Mög­lich­keiten machen, wie zum Bei­spiel Erz­ge­birge Aue. Aber solange die wirt­schaft­liche Lage der Klubs ange­spannt ist, wird es schwierig, sich in der Zweiten Liga zu eta­lieren oder viel­leicht sogar in die Bun­des­liga auf­zu­steigen. Des­halb bin ich auch nie­mand, der pau­schal Inves­toren ablehnt, auch wenn man natür­lich immer darauf achten muss, dass ein poten­zi­eller Geld­geber seriös ist. Das wurde in der Ver­gan­gen­heit leider nicht immer gemacht, bestes Bei­spiel ist ja Vik­toria Berlin. (Der Verein musste vor kurzem auf­grund aus­blei­bender Inves­to­ren­gelder Insol­venz anmelden, Anm. der Red.)

Herr Mat­tuschka, Sie haben Ihre ganze Kar­riere in Cottbus und in Berlin ver­bracht. Hat Sie nie die Lust gepackt, mal woan­ders zu spielen, viel­leicht sogar ins Aus­land zu gehen?

Diese Frage wurde mir schon oft gestellt, aber ehr­lich gesagt gab es nie ein pas­sendes Angebot. Wenn es das gegeben hätte, hätte ich mir viel­leicht Gedanken dar­über gemacht, aber ich habe mich bei Union immer sehr wohl gefühlt. Ich war lange Kapitän der Mann­schaft, und ich denke, wer sich in Fuß­ball­deutsch­land aus­kennt, weiß mit meinen Namen etwas anzu­fangen. Und das ist, ohne mir darauf etwas ein­bilden zu wollen, schon krass. Gerade wenn man bedenkt, wie alles ange­fangen hat – ich habe auf dem Dorf gewohnt, war häss­lich und habe hun­dert Kilo gewogen – denke ich, dass ich meinen Knei­pen­körper gut durch die Jahre im Pro­fi­fuß­ball gebracht habe.