Stilijan Petrow war einst Kapitän von Aston Villa und Celtic Glasgow. Die Karriere des bulgarischen Rekordnationalspielers endete 2012 schlagartig, als Ärzte bei ihm Leukämie diagnostizierten. Jetzt spielt der 35-Jährige wieder Fußball: in einer englischen Freizeitliga.
Im März 2012 wurde bei Ihnen Blutkrebs diagnostiziert, welche Rolle hat zu der Zeit Fußball für Sie gespielt?
Vor dieser Diagnose war Fußball immer alles für mich. Danach ging es einfach nur noch um mich, um mich und darum, diesen Kampf zu überleben. Und ich kämpfe nach wie vor. Wenn dir so etwas passiert, wird alles andere unwichtig. Fußball, alles. Meine Familie stand mir bei und viele Menschen aus dem Fußball, die Spieler, die Fans, der „19th minutes Fanclub“, die Unterstützer aus Bulgarien. Das war alles unglaublich. Ich würde das niemandem wünschen, aber ich wünschte jeder, der das durchmachen muss, hätte diese Unterstützung, wie ich sie hatte.
Was haben Sie gedacht, als Ihnen die Ärzte sagten, dass Sie Ihre Profikarriere beenden müssen?
Natürlich weißt du vorher, was Krebs ist, du kennst das Wort. Aber, wenn du nicht richtig involviert bist, weißt du nicht genau, was es eigentlich ist. Du weißt nichts über die Behandlung, wie hart es ist, dagegen anzukämpfen. Du weißt nicht, was es für deine Familie und deine Freunde bedeutet. Erst war ich ganz ruhig. Ich saß einfach nur da. Ich wusste, das ist was ganz Einschneidendes, aber ich wusste auch: Ich habe Kinder und ich habe eine Frau, deswegen muss ich stark sein. Um mal ehrlich zu sein, wir haben ein gutes Leben. Ich habe eine Menge Geld verdient. Aber wenn dir so etwas passiert, dann spielt das alles keine Rolle mehr, das wird alles irrelevant, alles andere muss sich hinten anstellen. Es geht nur noch darum, dass du überlebst. Ich musste stark sein, für mich und besonders für meine Familie, weil es ein Kampf ist, den man auch verlieren kann, und ich wollte sicherstellen, dass ich meine Kinder aufwachsen und selbst Fußball spielen sehe.
Haben Sie sich jemals gefragt: „Warum ich?“
Ich sag Ihnen etwas, nach einem Monat dieser Frage und schlafloser Nächte kam ich zu dem Schluss, dass es keine Antwort darauf gibt. Das ist vertane Zeit. Wenn die Ärzte nicht sagen können, warum das passiert ist oder wie man das heilen kann, wie sollte ich dann die Antwort haben? Also habe ich aufgehört, mich selbst zu fragen und wieder positiv gedacht.
Was haben Sie getan, um sich abzulenken?
Ich hatte wirklich eine sehr intensive Chemotherapie, habe aber nicht aufgehört, an mir zu arbeiten. Das Krankenhaus schlug die Hände überm Kopf zusammen wegen mir. Ich war da, um gegen Krebs zu kämpfen, und habe sie gefragt, ob ich trainieren darf, ob sie einen Yogalehrer haben oder so etwas. Ich habe während der sechsmonatigen Behandlung Übungen gemacht und die Leute haben mich angeschaut und sich gewundert, als ich in meinem Trainingsanzug da saß und der Arzt mich fragte: „Wo wollen Sie denn hin?“ und ich sagte: „Na, ich hab doch Training.“
Also hatten Sie keine Nebenwirkungen?
In den ersten sechs Monaten der Behandlung fühlte ich mich wirklich fit und ich hatte keine großen Nebenwirkungen oder Übelkeit und Beschwerden. Aber danach, als sie mir viel, viel, viel stärkere Chemo-Tabletten gaben, ging es mir immer schlechter. Die Steroide waren sehr hochdosiert, ich habe sehr stark zugenommen, das war alles furchtbar für mich.
Das Schlimmste war, dass sich Ihr Körper verändert hat?
Nein, auf keinen Fall! Während einer Krebsbehandlung geben sie dir sehr hochdosierte Tabletten, die dein komplettes Immunsystem lahmlegen. Dann ist es für dich lebensgefährlich, wenn dich jemand besucht, der einen Schnupfen oder auch nur einen kleinen Husten hat. Denn für dich kann daraus eine riesengroße Infektion werden. Meine Kinder waren zwischenzeitlich erkältet und durften mich deshalb nicht besuchen. Ich war zu dieser Zeit in einer Art Quarantäne-Raum für ungefähr sechs Wochen untergebracht. Es war mir nicht erlaubt, den Raum zu verlassen, weil mein Immunsystem gleich Null war. Und so konnte ich sie nur durch eine Glasscheibe sehen, denn sie durften nicht zu mir herein. Das war das schmerzhafteste Erlebnis während der Behandlung.