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Sandro Schwarz: Stimmt die Geschichte, dass Sie gerne Bus­fahrer geworden wären?
Sagen wir es so: Ich fand’s als Jugend­li­cher cool, Bus zu fahren. Als ich 12, 13 Jahre alt war, saß ich mit meinen Jungs ganz hinten im Bus, gemeinsam fuhren wir von Bisch­hofs­heim nach Mainz in die Schule. Da dachte ich mir oft: Ach, es wäre jetzt viel geiler, weiter zu fahren, statt aus­steigen und in den Unter­richt gehen zu müssen.“ Wenn man sich diesen Gedan­ken­gang vor Augen führt, macht der Berufs­wunsch total Sinn! (Lacht.)

Damals wollten Sie nicht in die Schule gehen, jetzt arbeiten Sie als Fuß­ball­lehrer. Halten Sie sich für einen guten Päd­agogen?
Zumin­dest ver­suche ich so zu arbeiten, dass am Ende alle meine Jungs die Ver­set­zung schaffen. Ich will ihnen die Hil­fe­stel­lung geben, die sie benö­tigen, um ihre Auf­gaben zu bewäl­tigen. Da ist man als Trainer einem Lehrer gar nicht so unähn­lich. Eine wei­tere Par­al­lele: Es geht in meinem Job nicht um mich. Nie. Es geht um meine Spieler – und um Mainz 05.

Haben Sie sich mal dabei ertappt, einen Spieler ein­fach nicht zu mögen?
Nein, echt nicht. Ich bin noch nie zur Arbeit gefahren und dachte: Hof­fent­lich ist Typ XY bald weg.

Aber Sie können ja unmög­lich alle 30 Spieler sym­pa­thisch finden.
Ich kann auch nicht alle 30 Spieler gleich behan­deln. Und natür­lich gibt es manchmal Kon­flikte mit Spie­lern, die sich unge­recht behan­delt fühlen, weil sie wochen­lang nur auf der Bank hocken. Aber ers­tens geht es da um sport­liche Dinge und zwei­tens ist es dann an mir, die Kom­mu­ni­ka­tion zu suchen, meine Ent­schei­dungen mög­lichst gut zu begründen. Dann wird der Spieler zwar immer noch ange­säuert sein, ich stand lange genug selber auf dem Platz, um zu wissen, wie das läuft. Aber ich bin fest davon über­zeugt, dass ehr­liche und offene Gespräche dazu führen, dass man trotzdem gut mit­ein­ander aus­kommt. Nehmen wir das Bei­spiel Giulio Donato.

Donati sollte den Verein eigent­lich schon im ver­gan­genen Sommer ver­lassen.
Es war ganz klar kom­mu­ni­ziert, dass er gehen kann. Wir hatten alles mit­ein­ander bespro­chen. Dann hat sich sein Transfer zer­schlagen – und im Februar kam plötz­lich der Moment, in dem ich ihn brauchte. Giulio war sofort da. Was auch daran lag, dass zwi­schen uns nichts kaputt gegangen, nichts komisch war. Er saß fast ein halbes Jahr auf der Tri­büne, aber hat sich immer extrem pro­fes­sio­nell ver­halten. Als Trainer muss ich meine Spieler bewerten, und das kann für ein­zelne unan­ge­nehm sein. Aber Ehr­lich­keit und Offen­heit machen sich am Ende immer bezahlt.

Wann sagen Sie einem Spieler, dass er es nicht in den 18er-Kader für ein Bun­des­li­ga­spiel geschafft hat?
Wenn wir an einem Samstag spielen, findet am Freitag das Abschluss­trai­ning statt. Nach der Ein­heit ver­sam­mele ich die Jungs auf dem Platz und gebe in der Runde den Kader bekannt.

Sie lesen 18 Namen vor – und wenn der eigene Name nicht fällt, hat man es nicht gepackt?
Ich lese über­haupt nichts vor. Ich habe keinen Zettel, ich schreibe mir nichts auf, ich gehe keine Liste durch. Ich spreche die Spieler direkt an. Hätte ich einen Zettel, würde das ja so aus­sehen, als hätte ich schon vor dem Abschluss­trai­ning alles vor­be­reitet gehabt, so als seien alle Ent­schei­dungen im Vor­feld getroffen worden. Das ist meis­tens nicht so und wäre auch nicht gut für die Moti­va­tion der Spieler.

Aber Sie ent­scheiden doch nicht erst alles spontan beim letzten Trai­ning…
Nein, ich habe den Kader natür­lich grob im Kopf. Die zwei Tor­hüter sind meis­tens eh klar, und von den 16 Feld­spie­lern, die ich nomi­nieren kann, stehen die meisten in der Regel auch schon fest. Aber für die rest­li­chen Kader­plätze kann der fri­sche Ein­druck ent­schei­dend sein. Gleich­zeitig ist es auch schon vor­ge­kommen, dass ich vor dem Abschluss­trai­ning einen Spieler bei Seite genommen und ihm gesagt habe, dass er nicht dabei ist. Ein­fach aus dem Grund, dass der­je­nige es nicht erst in der großen Runde, gleich­zeitig mit allen anderen, erfahren sollte. So habe ich die Chance, ihm auch ein paar per­sön­liche Worte mit auf den Weg zu geben und ihm meine Beweg­gründe zu erklären.

Ihr Sport­di­rektor Rouwen Schröder sagt, man könne sich mit Ihnen wun­derbar streiten.
Das sagen viele. (Lacht.)

Wann hat es das letzte Mal zwi­schen Ihnen gekracht?
Das kann ich kon­kret gar nicht sagen. Aber ich finde, kon­tro­verse Dis­kus­sionen in den eigenen vier Wänden gehören dazu, und die dürfen auch mal emo­tio­naler werden. Ent­schei­dend ist, dass man sich trotzdem auf­ein­ander ver­lassen kann. Und dass man nicht kom­plett aus­flippt.