Vor der Saison wechselte Torhüter Christopher Knett von Wacker Innsbruck zum griechischen Erstligisten Panetolikos. Mit im Gepäck: seine Tätowiermaschine. Denn in seiner Freizeit tätowiert er. Seine Kunden: Mitspieler und Hooligans.
Christopher Knett, früher haben Profis nach ihrer Karriere Lotto-Toto-Annahmestellen oder Fußballschulen eröffnet. Heute werden sie TV-Experten. Sie haben ganz andere Pläne.
Ich möchte mit meiner Frau ein Tattoostudio aufmachen. Ich habe immer schon viel und gerne gezeichnet, und mit 16 Jahren ließ ich mit einer elterlichen Einverständniserklärung meine erste Tätowierung stechen: einen Fußball auf die Rippen. Später kamen viele andere Motive hinzu, das größte ziert meinen Rücken: ein Löwe, mein Sternzeichen, und Jesus.
Wann haben Sie angefangen, andere Menschen zu tätowieren?
Vor etwa zwei Jahren. Damals spielte ich bei Wacker Innsbruck, und die halbe Mannschaft ließ sich von dem Wiener Tattookünstler Slimheli (Helmut Zeiner, d. Red.) stechen. Bekannt wurde er als Stammtätowierer von Marko Arnautovic. Er hat auch Wesley Sneijder und Mario Balotelli tätowiert. Irgendwann habe ich ihm mal meine Zeichnungen gezeigt und gesagt, dass ich Lust hätte, auch zu tätowieren.
Und dann durften Sie an Schweinehaut üben?
Nein, ich habe direkt menschliche Haut tätowiert. Meine Frau hat sich als Testperson zur Verfügung gestellt, ich habe ihr stilisierte Bergkuppen gestochen. Danach habe ich meinen besten Freund und mich selbst auf dem Oberschenkel tätowiert. Slimheli war zufrieden und gab mir ein paar gute Tipps. Er sagte auch, dass er mir Equipment zur Verfügung stellen würde. Ich konnte es aber nicht abwarten und habe mir selbst eine Maschine gekauft. Und seitdem bin ich als mobiler Tätowierer unterwegs.
Wer waren Ihre ersten echten Kunden?
Es hat sich bei Wacker Innsbruck recht schnell herumgesprochen, dass ich tätowiere. Ich bekam Anfragen von Fans, Ultras und auch Hooligans. Viele wollten das Wacker-Wappen auf der Haut haben, was nicht besonders kompliziert ist. Eine gute Übung für mich. Andere, vor allem die härteren Typen, wollten auch Motive mit Bengalos oder vermummten Hooligans. Ich habe in meiner Wacker-Zeit über 50 Leute aus der Szene gestochen. Die meisten sind zu mir nach Hause gekommen.
Wie läuft das Geschäft beim griechischen Erstligisten Panetolikos GFS, für den Sie seit dieser Saison spielen?
Ich habe meine Maschine natürlich mitgenommen, ein paar Mitspieler habe ich bereits tätowiert. Vornehmlich religiöse Motive: Kreuze, Rosen, betende Hände und ähnliches. Aber: Ich nehme kein Geld dafür. Wenn mir jemand etwas gibt, freue ich mich. Wenn nicht, ist das auch okay.
Was tätowieren Sie nicht?
Das Logo von Austria Salzburg. Und Porträts.
Warum keine Porträts?
Porträts sind die Königsklasse, das traue ich mir noch nicht zu. Mir selbst würde ich nie ein Tribal tätowieren lassen. Und Wappen nur dann, wenn ich alle Wappen meiner bisherigen Vereine unterbringen könnte. Vom VfB Stuttgart und Sonnenhof Großaspach über Austria Lustenau und Wacker Innsbruck bis Panetolikos.
Kennen Sie eigentlich einen Fußballer, der noch nicht tätowiert ist?
Ich kenne einen anderen Fußballer, der ebenfalls tätowiert: Christopher Trimmel von Union Berlin. Aber nicht tätowiert? Schwierig! (Überlegt.) Vielleicht David Alaba? Ich sollte es wissen, denn ich bin mit ihm befreundet.
Was sagen eigentlich die Trainer zum Tattoowahn ihrer Spieler?
Einige Trainer sehen das kritisch, denn eine Tätowierung ist am Anfang eine Art große Wunde. Mit der sollte man weder trainieren noch spielen. Viele Tätowierer sagen das aber ihren Klienten nicht, die sind froh, wenn da ein Prominenter im Studio Platz nimmt. Wenn du dich einen Tag vor einem Spiel tätowieren lässt und der Trainer findet das heraus, gibt das zurecht Ärger. Ich habe das aber immer nur in meiner Freizeit gemacht. Und heute berate ich Kunden, dass sie nach der Session keinen Sport machen können.
Der Fußball hat viele wunderbare Perlen der Tattookunst hervorgebracht. Dieter Schatzschneider von Hannover 96 tätowierte sich in den achtziger Jahren mit einem Kugelschreiber selbst – und desinfizierte mit Eigenurin. Der Leverkusener Jens Nowotny zollte der Glam-Metal-Band Poison mit einem Herz und einer Rose Tribut. Und dann gab es noch Stefan und Claudia Effenberg.
Real love never die – großartig! Die Tattookultur hat sich über die Jahre sehr verändert. Damals mochten die Leute ja auch Tribals über dem Steiß. Der Erste, der sich großflächig tätowieren ließ und bei dem das gut aussah, war David Beckham. Er löste einen echten Hype aus. Heute finde ich das Gesamtwerk von Inter Mailands Mauro Icardi und von meinem Freund Marko Arnautovic super.
Theofanis Gekas ließ sich einst chinesische Schriftzeichen stechen, von denen er annahm, sie würden „Eiskalter Killer“ bedeuten. Die eigentliche Übersetzung ist allerdings „Blutrünstiger Mörder“. Haben Sie sich schon mal verstochen?
Das würde mir nie passieren, denn ich bereite mich immer sehr intensiv und gemeinsam mit dem Kunden vor. Sowieso: Was denken Sie, was los ist, wenn ich einem Hooligan das Falsche tätowiere?