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Seite 2: „Als dunkelhäutiger Spieler ist es in Dresden nicht einfach“

Wie geht man mit dieser Erkenntnis um?
Es war hart. Ich habe lange in Dresden um meine Chance gekämpft, viel­leicht auch zu lange. Aber ich sah jeden Tag dieses geile Sta­dion und die unglaub­li­chen Fans. Dynamo ist ein geiler Verein. Aller­dings nur, wenn es gut läuft. Wenn nicht, dann wird es schwierig. Ich denke die Fan­kultur ist ein­zig­artig. Leider gibt es in der Szene aber auch einige wenige Schwach­maten. 

Wie meinen Sie das?
Als dun­kel­häu­tiger Spieler ist es dort nicht immer ganz ein­fach. Am Tag meiner Unter­schrift hatte ich knapp 40 Nach­richten von Dynamo-Fans bei Face­book. Sie hießen mich will­kommen und schrieben, dass ich mir keine Sorgen wegen meiner Haut­farbe machen müsse, solange ich meine Leis­tung bringe. Das war eine krasse Ansage. Auch in der Stadt merkte ich, dass ich anders ange­guckt werde. Anderen dun­kel­häu­tigen Dynamo-Spie­lern erging es ähn­lich. Ein Kol­lege wurde nach dem Trai­ning von Fans abge­passt. Sie schossen mit einer Schreck­schuss­pis­tole in die Luft, um ihn ein­zu­schüch­tern. Das ist wirk­lich schade, da solche Aktionen die kom­plette Fan­kultur in ein fal­sches Licht rücken. 

Warum sind Sie über­haupt so lange geblieben?
Weil ich es schaffen wollte. Der Gedanke, vor dem schwarz-gelben Block auf dem Platz zu stehen, hat wohl meinen Blick für die Rea­lität ver­ne­belt. Ich dachte immer ich wäre nah dran. Aber die Zeit hat mich mental kaputt gemacht. Am Ende konnte ich mir die Spiele nicht mal mehr im Sta­dion ansehen. Ich habe es ein­fach nicht aus­ge­halten. Ich kam sogar an einen Punkt, an dem ich nicht mehr Bun­des­liga gucken konnte, weil es mir zu sehr weh hat. Und plötz­lich war ich ver­tragslos.

Und dann?
Und dann pas­sierte gar nichts. Ich habe für den Fuß­ball quasi nicht mehr exis­tiert. Keine Ange­bote, keine Pro­be­trai­nings, nichts. Meine letzte Option war das VDV-Pro­fi­camp für ver­trags­lose Spieler. Anfangs fühlte es sich an, als wäre ich am Ende ange­langt. Aber das Camp war das beste, was mir pas­sieren konnte. Wir trai­nierten unter Chris­tian Wück und Markus Anfang zweimal täg­lich auf hohem Niveau, mit nam­haften, bun­des­li­gaer­fah­renen Spie­lern. Niko Frommer, Moses Sichone, Thomas Klä­sener, Chris­tian Demirtas, Sven Neu­haus. Eine Super­truppe. Und ich merkte im Trai­ning und den Test­spielen, dass ich absolut mit­halten konnte. So kam auch das Selbst­ver­trauen wieder zurück. 

Und kamen auch Ange­bote?
Der 1.FC Nürn­berg kam auf mich zu, wo Michael Wie­singer die U23 trai­nierte. Eine junge, gute Truppe, die ganz nah an den Profis war. Er lud mich zum Pro­be­trai­ning ein, in der letzten Woche vor Sai­son­be­ginn. Alles lief super, aber Sie ahnen es…

Der Transfer platze?
Wie­singer, den ich sehr schätze, bekam von der sport­li­chen Lei­tung einen Riegel vor­ge­schoben. Wir tele­fo­nierten bis zum Winter regel­mäßig. Er sagte: Ver­such, mental auf der Höhe zu bleiben. Im Win­ter­trans­fer­fenster kriegen wir das hin.“ Doch dann platzte der Wechsel wieder am letzten Tag der Trans­fer­pe­riode. Von allen geschei­terten Trans­fers tut mir dieser am meisten weh, weil ich fit und mental wieder gut drauf war. Ich war zu hun­dert Pro­zent über­zeugt, dass es noch klappt. Tat es aber nicht.

Warum nicht? 
Der Wechsel zog sich über das kom­plette Trans­fer­fenster, weil erst ein anderer Spieler gehen musste, damit für mich Platz war. Am letzten Tag der Trans­fer­pe­riode rief mich mein Berater mor­gens an: Tony, alles ist gere­gelt. Behalt dein Handy im Blick, ich werde dich im Laufe des Tages anrufen, dann fahren wir nach Nürn­berg.“ Ich starrte den ganzen Tag wie ein Irrer auf mein Handy, aber es kam nichts. Irgend­wann war 18 Uhr – und ich war raus. Am nächsten Morgen kam eine SMS meines Bera­ters: Hey Tony, sorry, hat nicht mehr hin­ge­hauen. Ich musste zu einem anderen Transfer.“

Autsch. 
Ich bin noch am selben Tag zu meinen Eltern nach Hause gefahren. Ich sagte zu ihnen: Ich schaffe das nicht mehr. Ich kann das nicht mehr aus­halten.“ Die Tage und Wochen danach lebte ich am Rande der Depres­sion. Ich wusste nicht mehr, warum ich mor­gens auf­stehen sollte. Ich wusste nicht, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Fuß­ball ist immer alles für mich gewesen, und plötz­lich war der Traum geplatzt. Wobei Traum“ eigent­lich zu viel gesagt ist. Es war ja quasi jah­re­lang Alltag für mich, dass ich kurz vor der Erfül­lung des Traums stehe. Ich hatte jeden Tag Trai­ning, die Profis in Sicht­weite, und wusste, dass ich das Poten­tial habe. Aber wenn du nie die Chance bekommst, wenn du aus wel­chen Gründen auch immer, nie richtig wahr­ge­nommen wirst, dann muss ja irgend­etwas ver­kehrt sein. Ich war sehr selbst­kri­tisch, bis zu dem Punkt, an dem mich das inner­lich kaputt gemacht hat. Ich war im Loch.