Heute wäre Georg „Schorsch“ Volkert 75 Jahre alt geworden. Noch im vergangenen Dezember trafen wir die HSV-Legende zum großen Karriereinterview – und erlebten einen, der stets wusste, was er wollte.
Dieses Interview erschien erstmals in 11FREUNDE #218. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhältlich. Am 16. August 2020 ist Georg Volkert im Alter von 75 Jahren verstorben.
Schorsch Volkert, an diesem Klischee kommen wir ohnehin nicht vorbei: Alle Linksaußen haben eine Macke. Korrekt?
Die Macke würde ich mir nicht anheften. Aber richtig ist: Je nach Position musst du als Mannschaftsspieler auch mal ein bisschen egoistisch sein. Als Linksaußen musst du zum Beispiel aufpassen, dass du da draußen nicht verhungerst.
Max Merkel, Ihr Trainer beim 1. FC Nürnberg, hat mal gesagt: „Ein guter Linksaußen landet entweder in der Nationalmannschaft oder in der Klapsmühle.“
Da habe ich ja Glück gehabt, dass ich in der Nationalmannschaft gelandet bin. Aber der Max Merkel hat so einiges gesagt. Einmal hat er nach einem schwachen Spiel von mir zur Presse gemeint: „Der Schorsch Volkert trifft nicht einmal einen Möbelwagen.“ Danach herrschte eine Woche Eiszeit zwischen uns. Doch er wusste schon, wie er mich kitzeln konnte, denn ich habe natürlich gedacht: Dem werde ich es zeigen!
Sie stammen aus Ansbach in der Nähe von Nürnberg. Wollten Sie schon als Kind zum Club?
Der entscheidende Anlass war die WM 1954. Als der Nürnberger Max Morlock im Finale gegen Ungarn das 1:2‑Anschlusstor geschossen hat, habe ich als Neunjähriger zu meinem Vater gesagt: „Ich spiele später mal mit dem Max!“ Miteinander gespielt haben wir zwar nicht mehr, aber immerhin durfte ich noch mit ihm zusammen trainieren.
gewann mit dem 1. FC Nürnberg 1968 die Deutsche Meisterschaft und mit dem Hamburger SV 1976 den DFB-Pokal und 1977 den Europapokal der Pokalsieger. Er bestritt 1968 sechs Länderspiele und 1977 noch einmal sechs. Nach der aktiven Karriere arbeitete er als Manager, unter anderem beim FC St. Pauli und beim HSV. Am 16. August verstarb Georg Volkert im Alter von 74 Jahren.
Ab 1965 standen Sie im Profikader der Nürnberger. Mussten Sie sich da zuerst hinten anstellen?
Damals war die Hierarchie zwischen den älteren und jüngeren Spielern extrem. Wenn du dich als Jungspund auf die Massagebank gelegt hast und einer von den Großen kam rein, zum Beispiel der Heinz Strehl, dann musste der gar nichts sagen. Der hat sich einfach vor die Bank gestellt und dich angeschaut. Am Anfang habe ich das gar nicht begriffen und gesagt: „Ja, was ist denn los?“ Als Antwort kam nur: „In dem Alter wird man noch nicht massiert.“
Wie kann man diese Hierarchie aufbrechen?
Nur durch spielerische Leistung. Und ich war keiner, der vor den etablierten Spielern Hemmungen hatte. Egal, ob Routinier oder nicht, ich habe sie alle getunnelt. Oder wie wir im Fränkischen sagen: geschwanzt. Dann wirst du irgendwann anerkannt und in den erlauchten Kreis aufgenommen.
Anfang 1967 ist Max Merkel zum Club gekommen. Hat man danach sofort gemerkt, dass ein neuer Wind weht?
Da war Zug drin, andererseits wurde Merkel nie laut. Und ich muss zugeben, dass ich persönlich von ihm profitierte. „Du hast alles“, hat er zu mir gesagt, „aber du musst auch mal einen Zweikampf gewinnen.“ Das haben wir dann trainiert, mit meinem Abwehrkollegen Fritz Popp. Er trug Stollen, ich Nocken. Max Merkel hat mir beigebracht, dass nicht nur Eleganz und Technik zum Spiel gehören, sondern auch eine gewisse Härte.
Wie äußerte sich das noch?
Ein Beispiel: Am Dienstag war immer Zirkeltraining, „Tag des Herrn“ haben wir dazu gesagt. 400 Meter auf der Aschenbahn mit zwei Medizinbällen unterm Arm. Solche Übungen waren natürlich tödlich für mich, dabei kriegst du Arme wie ein Langarmaffe. Einmal habe ich die Bälle einfach weggeschmissen und bin direkt in die Kabine gelaufen.