2020 sorgte Wout Weghorst mit einem Impfgegner-Spruch für Kopfschütteln. Jetzt fehlt er dem VfL Wolfsburg – aufgrund einer Covid-Infektion. Wir haben damals ausführlich mit dem dickköpfigen Torjäger gesprochen.
Selbst im Profibereich waren Sie anfangs mit Ihrem Umfeld nicht zufrieden. Als Sie beim FC Emmen in der zweiten holländischen Liga spielten, beschwerten Sie sich in der Presse über das Mittagessen: Es gebe immer nur Frikadellen, Kroketten und Chicken Nuggets.
Ich hatte es zuerst intern angesprochen, doch das wurde nicht ernst genommen, es änderte sich nichts. Aber klar, heute würde ich es anders regeln. Ich habe erkannt und akzeptiert, dass meine Art zu leben nicht für alle funktioniert, dass die Menschen unterschiedlich sind und ich meine Mitspieler machen lassen muss, wie sie es für richtig halten. Ich kann nur mein eigenes Handeln kontrollieren. Was allerdings nicht heißt, dass ich mich nicht auch heute noch tierisch aufregen kann. Ein einfacher Fehlpass, ein lascher Zweikampf – und es knallt. (Lacht.)
Erst vor ein paar Monaten wurden Sie von Oliver Glasner beim Training vorzeitig unter die Dusche geschickt. Es ging um eine Entscheidung beim Fußballtennis.
Ich bin eben immer bei hundert Prozent, das ist bei mir nicht nur ein Spruch. Wenn ich das Gefühl habe, ungerecht behandelt zu werden, selbst wenn es nur eine unglückliche Schiedsrichterentscheidung beim Fußballtennis ist, dann kann ich meine Klappe nicht halten.
Das brockt Ihnen auch außerhalb vom Training immer wieder Ärger ein. Neulich gerieten Sie öffentlich mit Max Kruse aneinander.
Das ist so nicht richtig. Ich habe nach dem Spiel gegen Union lediglich ein Interview gegeben, ein harmloses, wie ich finde, der Rest kam von der anderen Seite.
„Ich habe nach dem Spiel gegen Union ein harmloses Interview gegeben, der Rest kam von der anderen Seite“
Sie sagten, dass Union „nur Zweikämpfe gewollt“ habe und dass Sie selbst „lieber schönen Fußball“ spielen würden. Max Kruse sagte daraufhin: „Wenn man selber nicht wirklich als Filigrantechniker daherkommt, sollte man sich vielleicht auch nicht über die Spielweise von uns so äußern.“ Macht Sie so ein Spruch sauer?
Nein, das juckt mich überhaupt nicht. Ich habe mich danach nur gewundert, weil ich nicht verstanden habe, warum er so reagiert. Ich habe extra bei unserer Presseabteilung nachgefragt, ob ich etwas Schlimmes oder Verwerfliches gesagt habe. Aber ich finde bis heute: Das habe ich nicht. Unterm Strich ist das sein Problem.
Anders als Max Kruse, anders als fast alle Ihre Kollegen haben Sie sich nur langsam und Stück für Stück nach oben gekämpft, von der vierten Liga in Holland in die zweite, dann in die Eredivisie, dann in die Bundesliga. Welcher Schritt war der größte?
Definitiv der Schritt aus dem Amateurbereich zu den Profis. Ich hatte eine Halbserie in der vierten Liga hinter mir, da lud Peter Bosz mich zum Probetraining bei Heracles Almelo ein. Ich trainierte also mit und dachte nur: „Wow: Was ist das denn?“ Das Tempo, die Physis, die Technik, in allen Bereichen war der qualitative Unterschied gigantisch. Bosz sagte damals auch, dass es noch nicht reichen würde. Allerdings sah er auch schon damals mein Potential. Ein paar Jahre später hat es über Umwege dann ja auch noch geklappt mit der Eredivisie und Almelo.
Wie groß war der Schritt von Holland nach Deutschland?
Nicht ansatzweise so groß. Was aber daran liegt, dass ich meine Schritte später ganz bewusst gemacht und auch vorbereitet habe. Als sich mein Wechsel von Alkmaar zu Wolfsburg abzeichnete, habe ich mit meinen Berater Simon Cziommer gesprochen, der früher auch Bundesliga gespielt hat und die Liga kennt. Wir haben überlegt, was mir für das Niveau in Deutschland noch fehlt. Dann habe ich wochenlang intensive Läufe trainiert und in Extraschichten nach dem Training an meiner Kondition gearbeitet. Als ich in Wolfsburg ankam, war ich topfit. Dadurch fiel mir alles leichter.
Über die Jahre haben Sie sich nicht nur fußballerisch verbessert, auch ihr Image hat sich grundlegend geändert. Zu Beginn Ihrer Karriere galten Sie als vom Ehrgeiz zerfressen, als Störenfried. Dann …
… dann kam die Geschichte mit dem Altersheim. Darauf spielen Sie doch an, oder? Das machen alle Journalisten. Ich weiß bis heute nicht, wie die Geschichte in die Öffentlichkeit gesickert ist, aber irgendwann fragte mich ein Moderator in einer Live-Show danach. Seitdem muss ich sie immer wieder erzählen.
Es geht schnell, versprochen: Als Sie noch in Holland spielten, kümmerten Sie sich um einen alten, einsamen Mann in einem Seniorenheim. Den Sie vorher nicht kannten. Und der nicht wusste, dass Sie Fußballer sind.
Genau das war ja das Tolle. Selbst wenn er es gewusst hätte, es wäre ihm komplett egal gewesen. Wir haben nie über Fußball gesprochen, nur über andere Dinge. Allgemein war er ein besonderer Kerl. Er zog sich immer sehr fein an, seine äußere Erscheinung war ihm total wichtig. Er trug stets Krawatte und Hemd. Erst als es ihm schlechter ging, kurz vor seinem Tod, schaffte er das nicht mehr.
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