2020 sorgte Wout Weghorst mit einem Impfgegner-Spruch für Kopfschütteln. Jetzt fehlt er dem VfL Wolfsburg – aufgrund einer Covid-Infektion. Wir haben damals ausführlich mit dem dickköpfigen Torjäger gesprochen.
Das Interview ist erstmals im Februar in 11FREUNDE #232 erschienen. Das Heft findet ihr bei uns im Shop. Heute gab der VfL Wolfsburg bekannt, dass Wout Weghorst dem Verein vorerst fehlen wird, da er positiv auf COVID 19 getestet wurde. Der Stürmer habe, so der Verein, am Sonntag über Corona-Symptome geklagt.
Wout Weghorst, seit knapp zehn Jahren schießen Sie Tor um Tor, egal in welcher Liga, egal für welchen Verein. Haben Sie die einzelnen Treffer im Kopf abgespeichert? Die Entstehung, den Abschluss, den Jubel?
Ja. Würde ich zumindest behaupten.
Das lässt sich ja ganz leicht testen: Februar 2019, Hertha gegen Wolfsburg, das Tor zum 1:0
für den VfL – wie lief das ab?
Angriff über links, wir spielen ein bisschen klein-klein, Roussi (Jerome Roussillon, d. Red.) startet in die Tiefe, bekommt den Ball, ich komme kurz, er bringt den Ball flach, ich lege ihn mit dem rechten Außenrist ins lange Eck. Danach bin ich auf den Knien in Richtung Eckfahne gerutscht. Ein schönes Tor.
Erinnern Sie sich an schöne Tore lieber als an hässliche?
Es ist geil, ein schönes Tor zu machen. Einen Flugkopfball ins lange Eck wie gegen Leipzig, einen Chip wie neulich in Mainz. Das fühlt sich gut an, das schaue ich mir gerne später noch mal an. Aber das Gefühl, ein dreckiges Tor zu schießen, ist nicht schlechter. Insofern ist es mir egal, ob ein Tor schön ist oder nicht.
Gibt es ein vergleichbares Gefühl zu dem nach einem eigenen Tor?
Nein. Also zumindest auf den Fußball bezogen auf gar keinen Fall. Ein Tor zu schießen, ist das Highlight, etwas, auf das ich jede Woche hinarbeite. Deswegen laufe ich nach Toren auch immer ganz langsam zurück zum Mittelkreis. Weil ich dieses Gefühl zumindest für ein paar Sekunden genießen möchte. Diesen kurzen Moment, in dem alles top ist. Denn sobald der Schiedsrichter wieder anpfeift, ist dieser Moment vorbei.
Nach ihrem zweiten Tor gegen Bremen liefen Sie nicht langsam zur Mittellinie, sondern schnell zur Kamera und schrien: „Ich hab es doch gesagt, Mann!“ Was hatten Sie wem gesagt?
Da muss ich ein bisschen ausholen. Seit dieser Saison arbeite ich mit einem Mentaltrainer zusammen. Es geht um mein Selbstvertrauen, um die Art, wie ich im Spiel auf schlechte Aktionen reagiere. Jedenfalls will ich, egal was passiert, in jedem Spiel mein Tor machen. Vor dem Bremen-Spiel hatte ich einen guten Lauf, in den vier oder fünf Partien davor hatte ich getroffen. Allerdings immer nur einmal, und das hat mich genervt. In der Woche vor dem Spiel habe ich zu meinem Mentaltrainer immer wieder gesagt: „Gegen Werder mache ich zwei, gegen Werder mache ich zwei!“ Vor dem Anpfiff sagte mein Mitspieler Tim Siersleben dann: „Wout, ich habe ein gutes Gefühl, du machst heute wieder eins.“ Darauf antwortete ich nur: „Nein. Ich mache zwei.“ Deswegen der Spruch.
„Bei Steffen weiß ich, dass er vor dem Flanken den Kopf hochnimmt und kurz schaut“
Seit dieser Saison treffen Sie auch deutlich häufiger per Kopf. Zufall?
Bestimmt auch, aber nicht nur. Ich schaue nach jeder Saison, in welchen Bereichen ich mich verbessern kann, welche Aspekte meines Spiels für meine weitere Karriere noch wichtig sein könnten. Diesen Sommer habe ich mir vorgenommen, mein Kopfballspiel zu verbessern. Mehr Tore mit dem Kopf zu machen, war das klare Ziel.
Und dann? Haben Sie sich stundenlang am Kopfballpendel gequält?
Nein, damit habe ich es nicht probiert. Ich habe mich zu Hause gequält, in vielen Extraschichten und mit der Hilfe eines Volleyballtrainers. Mit ihm zusammen habe ich an meinem Timing und an meiner Sprungkraft gearbeitet. Die ersten drei, vier Einheiten waren komplett ohne Ball, nur Trockenübungen. Um zu sehen, wie ich überhaupt springe. Das Ding bei mir war nämlich: Der Kopfball isoliert, also wie ich den Ball treffe und wohin ich ihn köpfe, das war nie das Problem. Aus dem Stand war ich schon vor dem Sommer sauber und genau. Im Wettkampf entscheidend ist aber nun mal das, was in der Luft passiert. Daran habe ich gearbeitet.
Die Arbeit hat sich offensichtlich gelohnt. Sie haben schon jetzt, Mitte der Saison, genauso viele Kopfballtoren erzielt wie in beiden Jahren vorher zusammen.
Trotzdem ist auch ein bisschen Glück dabei. In dieser Saison kommen zum Beispiel extrem gute Flanken, das macht die Sache deutlich einfacher – aber darauf habe ich überhaupt keinen Einfluss.
Handeln Sie im Strafraum vor allem intuitiv? Oder haben Sie mit Ihren Mitspielern feste Absprachen?
Mit manchen Kollegen spreche ich mich vorher ab. Neulich, vor einem Spiel gegen Freiburg, habe ich zum Beispiel zu Paolo Otavio gesagt: „Ich komme kurz, und du jagst das Ding flach auf den ersten Pfosten.“ Bei Renato Steffen weiß ich dagegen, dass er vor dem Flanken den Kopf hochnimmt und kurz schaut, was ich im Strafraum mache. Der orientiert sich also eher an mir und ich bewege mich dann intuitiv. Oft geht aber auch alles so schnell, dass ich gar nicht erst über Pläne und Absprachen nachdenken kann, sondern intuitiv handeln muss.
Fast alle Gegenspieler sind kleiner als Sie. Wie wehren die sich?
Da gibt es unterschiedliche Typen. Manche lassen mir etwas Raum und schauen eher auf den Ball, andere suchen von Anfang an den Körperkontakt. Aber ich weiß mich zu wehren.
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