Vor einem Jahr hätte kaum jemand damit gerechnet, dass Marvin Plattenhart zur WM fahren könnte. Doch der Linksverteidiger hat Joachim Löw überzeugt – und gute Chancen, in Russland dabei zu sein. Warum, erklärt er im Interview.
Wen müssen Sie denn noch am meisten überzeugen, den Bundestrainer, die Mitspieler oder sich selbst?
Letztlich muss man alle überzeugen. In erster Linie natürlich das Trainerteam. In deren Hand liegt die Entscheidung. Natürlich gehen wir als Team zur WM und müssen dort als Team auftreten, nur gemeinsam können wir unser Ziel erreichen. Das verlangt uns allen alles ab. Ich weiß, wo meine Stärken liegen, was ich einbringen kann, um das Team zu verbessern. Das versuche ich jeden Tag zu zeigen.
Werden Sie sich gegen Österreich noch einmal beweisen können?
Also Hinweise darauf gab es noch keine. Ich denke aber schon, dass der Bundestrainer noch einiges ausprobieren wird und einige Spieler noch einmal sehen möchte. Ich lasse das auf mich zukommen.
Für gewöhnlich spielt Jonas Hector auf der linken Außenverteidigerposition. Sie gelten als Backup. Haben Sie sich nicht mal gefragt, warum nicht Sie als Nummer eins auf dieser Position ins Turnier gehen?
Nein. Wir gehen mit 23 Spielern ins Turnier, jeder hat seine Aufgabe und Konkurrenzkampf belebt das Geschäft. Jeder Spieler – die Position ist jetzt mal zweitrangig – möchte spielen. Es gibt aber auch Jungs, die noch nicht so lange dabei sind. Letztere würden sich schon freuen, wenn sie überhaupt mitfahren. Ich habe das erlebt beim Confed-Cup, als ich das erste Mal dabei war und auch erst einmal ein wenig zurückstecken musste. Das war damals kein Problem, aber natürlich bin ich ehrgeizig und möchte spielen.
War der Confed-Cup der Moment, an dem Sie spürten, dass die WM wirklich auf Sie zulaufen könnte?
Der Confed-Cup war natürlich so ein wichtiger Schritt, die erste Einladung vom Bundestrainer. In den Folgemonaten war ich dann eigentlich immer dabei. Das habe ich schon als Zeichen für mich gedeutet, dass ich eine echte Chance bekomme, mich für die WM zu empfehlen.
2014 musste der gelernte Innenverteidiger Benedikt Höwedes als Linksverteidiger aushelfen. Was haben Sie da gedacht?
Ich muss schon sagen, er hat es doch ganz ordentlich gemacht, sonst hätte er nicht alle sieben WM-Spiele einschließlich des Finals dort bestritten. Aber ich weiß, worauf Sie ansprechen. Tja, zu diesem Zeitpunkt gab es auf dieser Position vielleicht wirklich nicht den einen. Ich bin gerade nach Berlin gewechselt, da war es anfangs für mich auch nicht so prickelnd, ich konnte nicht spielen. Die Suche nach einem Linksverteidiger ist ja fast schon legendär. Aber Gott sei Dank sind wir da heute besser aufgestellt, mit Jonas Hector und mir – zwei gute Kicker, ich glaube, das kann man schon sagen.
Für Deutschland spielten schon Rechtsfüßler wie Paul Breitner oder Philipp Lahm diese Position. Welchen Vorteil hat ein Linksfuß?
In der Offensive mag das eher gehen, wie Arjen Robben ja zeigt. In der letzten Reihe hinten ist das schwieriger. Wenn ich jetzt hinten rechts spielte, fehlten ein paar Prozent, die man links besser einsetzen kann. Ich bin Linksfuß, Linkshänder – links ist einfach meine starke Seite. Und wenn man in die Offensive geht, kann man gleich gut flanken, statt noch einmal nach innen abzudrehen. Aus meiner Sicht sind das klare Argumente.
In der Endphase der Saison konnten Sie noch einige Tore vorbereiten.
Sie sagen es, davor war unsere Saison ein bisschen holprig. Zum Schluss hat es wieder gut geklappt. Ich weiß, dass ich gut flanken kann, das sagen mir einige Spieler, auch hier. Ja, das Tor, ein direkt verwandelter Freistoß wie sonst, hat in dieser Saison gefehlt. Aber da geht vielleicht noch was in Russland (lacht). Aber mal im Ernst, wenn ich spiele und dann noch ein Tor vorbereiten oder selbst machen könnte per Freistoß – das wäre überragend!
Haben Ihre Eltern schon die Reise nach Russland geplant?
Ich glaube, sie warten noch die nächste Woche ab. Ich übrigens auch.
Haben Sie ein gutes Gefühl?
Hm, sagen wir es mal so, ein schlechtes habe ich nicht.