Bernd Hollerbach war jahrelang der Mann an Felix Magaths Seite, nun steht er als Cheftrainer mit den Würzburger Kickers auf Platz eins der Regionalliga Bayern. Dabei wäre er beinahe gar kein Profi geworden – wäre da nicht eine Kneipen-Bekanntschaft gewesen.
2004 haben Sie Ihre Laufbahn beim HSV beendet. Wie war der Abschied?
Schmerzhaft. Ich musste wegen einer Verletzung aufhören. Ich hatte noch ein gutes Angebot aus Basel, aber es ging nicht mehr. Ich hatte einen freien Gelenkkörper im Sprunggelenk. Der ist dann rausoperiert worden, und ich habe eine Infektion bekommen. Danach habe noch ein Vierteljahr gespielt, aber nur mit Schmerztabletten. Das hat keinen Sinn mehr gemacht.
Nach der Karriere waren Sie beim VfL 93 Hamburg im Amateurfußball als Trainer tätig. Wie kam der Kontakt zustande?
Ich musste mir nach der aktiven Karriere erst einmal klar darüber werden, was ich will. Gehe ich nach Hause in die Firma? Werde ich Trainer? Ich habe dann meine Scheine gemacht, um zu sehen, ob ich das kann. Der VfL 93 befand sich damals im Niemandsland, in der Hamburger Oberliga. Ein guter Einstieg, denn es ist gleich gut gelaufen, wir sind Meister geworden.
Wie groß war die Umstellung für Sie, plötzlich nicht mehr unter Bundesliga-Scheinwerfern zu stehen?
Mir war immer klar, dass das irgendwann mal zu Ende ist. Außerdem stand ich nie so gerne im Rampenlicht oder wollte mich in die Öffentlichkeit drängen. Mir war eher wichtig, mit der Mannschaft zusammen zu sein. Für mich war die Zeit beim VfL 93 gut. Ich konnte testen, ob ich das Trainergeschäft hinbekomme.
Wie viel von dem Spieler Hollerbach war und ist in dem Trainer Hollerbach zu finden?
Weiß ich nicht. Wenig? Viel? Das Schwierigste war für mich die Umstellung. Jeder, der als Fußballer aufhört, denkt noch zu viel wie ein Spieler. Man steht dann aber auf der anderen Seite. Da hat mich ein Spieler im Trainingslager gefragt: Wann ist Bettruhe? Da kannst du nicht sagen: Mir egal. Als Trainer bist du dann nicht nur für dich verantwortlich. Dieser Prozess des Umdenkens ist am Anfang nicht einfach.
Seit Sommer 2014 sind Sie zurück in Würzburg. Bestand der Kontakt zu den Kickers über all die Jahre hinweg?
Die Kickers sind mein Verein, hier habe ich ganz am Anfang gespielt, und ich habe dem Klub viel zu verdanken. Deshalb habe ich den Kontakt immer gehalten. Mit Michael Schlagbauer habe ich früher in der Jugend gespielt, er ist jetzt Vorstandsvorsitzender der Kickers. Er hat mir immer von den ehrgeizigen Zielen erzählt: dass sie Regionalliga spielen, dass sie jetzt angreifen wollen. Zu der Zeit hatte ich keinen Trainerjob und war wieder viel in Würzburg. Ich habe später noch Thorsten Fischer (Kickers-Aufsichtsratsvorsitzender und Geschäftsführer von Kickers-Sponsor Flyeralarm, d. Red.) kennengelernt, und wir haben ein paar schöne Abende zusammen verbracht. Irgendwann meinten die zwei Jungs, dass sie mich als Trainer bräuchten, wenn es weiter vorwärts gehen soll. Dann haben wir geredet und die Voraussetzungen geschaffen – eine AG gegründet, ein passendes Trainingsgelände und so weiter.
Das Projekt in Würzburg erschien Ihnen attraktiver als der Co-Trainerjob neben Felix Magath beim FC Fulham?
Das hat mit Attraktivität nichts zu tun. Das war eine Grundsatzfrage für mich, ob ich wieder selber Chef werde oder Co-Trainer bleibe. Ich wollte wieder Cheftrainer werden.
Aktuell belegen die Kickers Platz eins der Regionalliga Bayern. Wo kann der Weg hinführen?
Wir sind jetzt auf einem sehr, sehr guten Weg. Das ist wie beim Hausbau: Erst musst du ein gutes Fundament haben. Das haben wir: viele junge Spieler, die schnell eine Einheit geworden sind. Wir alle sind selber erstaunt, dass es so schnell in die richtige Richtung geht.
Wie nehmen Sie das Umfeld wahr?
Die Würzburger sind hungrig auf Fußball. Die wollen wieder guten Fußball sehen, wieder hoch spielen, wie damals 1979, als die Kickers in der Zweiten Liga waren. Wenn wir hier kontinuierlich und nachhaltig gute Arbeit abliefern, bescheiden bleiben, weiter hart arbeiten und nicht so viel träumen, haben wir gute Chancen, nach oben zu kommen.
In drei Jahren – das sprechen die Verantwortlichen ja offen aus – wollen die Kickers in die Dritte Liga. Wann hört man von Ihnen, dass es schon in diesem Jahr klappen soll?
Die Frage höre ich oft. Den Fans und den Menschen in der Region sei das Träumen auch erlaubt. Der Fußball wird wieder gut angenommen in Würzburg. Aber ich weiß auch, wie schwer es ist, aus dieser Liga rauszukommen. Deswegen haben wir uns auch drei Jahre Zeit genommen. Selbst wenn du Erster wirst, musst du diese schweren Relegationsspiele machen. Da muss schon alles passen.
Die Reserve der Bayern hat im Sommer in der Relegation gegen Fortuna Köln in der Nachspielzeit ein Tor bekommen. Köln ist aufgestiegen, Bayern trotz starker Saison nicht.
Ich war in Hamburg 2001 bei einem Spiel dabei, da hat Schalke schon sechs Minuten lang die Meisterschaft gefeiert. Ich stand in der Mauer, als Bayerns Patrik Andersson einen Freistoß schoss. Der Rest ist bekannt. Im Fußball musst du immer hellwach sein. Du darfst nie zu früh abschalten.