Dass Max Eberl in Gladbach geht, bricht Tommi Schmitt das Herz. Was noch gut am Fußball ist und welche Rolle die Nutellabrötchen von Max Kruse spielen, erklärt er hier.
Tommi Schmitt, haben Sie gerade Spaß am Fußball?
Sie wissen doch, dass ich Gladbach-Fan bin.
Ach ja.
Sagen wir es so: Ich bin ziemlich dankbar für diese merkwürdige Ohne-Länderspiele-Länderspiel-Pause.
Und jetzt das Aus von Max Eberl.
Ja, ich habe seit 24 Stunden einen Kloß im Hals. Ihm haben wir alles zu verdanken. Ohne ihn würden wir jetzt gegen Alemannia Aachen spielen. Max Eberl ist Borussia. Er war immer da. Ob früher auf dem Platz oder später in der Geschäftsstelle. Nahezu jeder Fan anderer Klubs war schon einmal neidisch auf diesen Sportdirektor. Ich bin gerade ziemlich zerstreut und habe Angst um meinen Klub. Wirklich große Angst. Angst, dass wir jetzt irgendein egaler Verein werden. Vielleicht sehe ich es in ein paar Tagen schon anders und bin optimistisch ob eines Neuanfangs, aber jetzt gerade habe ich großen Liebeskummer.
Was ist denn los in Gladbach?
Ach, das ist diese typische Frage, wenn es bei dem Klub, den man liebt, nicht läuft. Fünf bis zehn SMS pro Wochenende: „Was ist denn da in Gladbach los?“ Leute, keine Ahnung! Ich bin auch nur Fan und kann lediglich mutmaßen.
Dann mutmaßen Sie gerne!
Versuchen wir die Eberl-Causa mal auszuklammern. Bei Gladbach kommt gerade vieles zusammen. Ein bisschen erinnert mich das alles an Deutschland bei der Weltmeisterschaft 2018. Ein Hauch von Watutinki am Niederrhein: Auf dem Papier ist alles gut, die Mannschaft liest sich fantastisch, doch irgendwas stimmt nicht. Ich glaube, es ist ein Cocktail aus mehreren Problemen. Es beginnt mit dem überraschenden Abgang von Marco Rose, streift die durch Corona und Verletzungen nicht vollendeten Verkäufe von Topspielern, die eigentlich immer Gladbachs Businessplan ausgemacht haben und nun dafür sorgen, dass Profis in der Gruppe sind, die vermutlich eher gar nicht da sein wollen, und mündet in dem ungeschriebenen Gesetz des Fußballs, dass es einen ab und zu auch einfach mal erwischt mit so einer Dreckssaison.
Völlig überraschend tritt Max Eberl von seinem Amt als Manager bei Borussia Mönchengladbach zurück. Die Belastungen des Jobs haben ihn ausgelaugt. Ein Schritt, der mitfühlen lässt.
Wie meinen?
Naja. In den vergangenen zehn Jahren landeten drei Vereine immer unter den ersten Zehn der Bundesligatabelle: Bayern, Dortmund und Gladbach. Ich weiß, das will kein Borusse hören: Aber wir spielen in dieser Konstanz auch völlig über unseren Verhältnissen. Das ist eine unfassbare Leistung, die vor allem auf die gute Arbeit von Max Eberl, Stephan Schippers und das sportliche Fundament von Lucien Favre zurückgeht. Ich finde es ohnehin absurd, wie vergänglich sportlicher Erfolg mittlerweile ist und was Eberl sich im Netz teilweise für absurder Kritik stellen muss. Verrückt. Auf Max lasse ich nichts kommen. Zum Thema: Uns musste es also einfach mal erwischen mit so einer furchtbaren Saison, das war mir schon länger klar. Und vielleicht ist es ja sogar ganz gut, dass es jetzt in dieser völlig egalen Geisterspiel-Zeit passiert, in der ‘ne Folge „Das Perfekte Dinner“ spannender ist als jeder Bundesligaspieltag. Außerdem ist es für das Fan-Dasein elementar, dann und wann durch Täler zu gehen, um die Liebe zu festigen. Ich bin sogar ganz froh, dass wir in der Pandemie generell überwiegend unspektakulären Fußball gespielt haben.
Jetzt reden Sie sich aber alles schön!
Nein, ich meine das ernst. Was für ein Horror wäre es gewesen, in der Hochzeit der Pandemie einen Titel oder sonstigen Erfolg zu feiern. Ich bemitleide Edin Terzic noch heute, dass er den spektakulären Pokalerfolg in einem leeren, grauen Olympiastadion bejubeln musste. Schrecklich! Das interessiert doch heute keine Sau mehr. Das war doch lediglich Lockdown-Beschäftigungstherapie fürs Volk. So ein Geistererfolg hat doch null Nachhaltigkeit. Bayerns Champions-League-Titel in Lissabon 2020 besitzt doch nicht ansatzweise das Prestige des Titels 2001 im Elfmeterschießen gegen Valencia. An das marcelreifsche „KAHN, DIE BAYERN!“ erinnert sich doch jeder. Aber der Kommentar bei Kingsley Comans Tor zum 1:0 gegen Paris Saint-Germain? Keine Ahnung. Ich weiß nicht mal mehr, wie das gefallen ist.