Beim VfB ohne Chance, in Leipzig ohne Anschluss. Joshua Kimmich erlebte früh in seiner Karriere herbe Rückschläge. Hier spricht er über sein Vorbild Sebastian Rudy, seinen Kumpel Serge Gnabry und Einsamkeit im Hotel.
Sie wechselten später nach Leipzig. Wie verlief Ihre erste Zeit dort?
Das war schon schwierig, ohne Frage. Es kam vieles zusammen. Zum einen war ich noch am Schambein verletzt, zuvor hatte ich monatelang unter Schmerzen trainiert und gespielt. Diese Verletzung hatte sich insgesamt über drei bis vier Jahre hingezogen. Selbst das Joggen war schmerzhaft. Dann kommen Gedanke wie, dass ich nie wieder ohne Schmerzen Fußball spielen würde, auf. In Leipzig musste ich mich dann ausschließlich um meine Gesundheit kümmern. Mein Motto war immer: Wenn du Probleme hast, musst du mehr machen als alle anderen. Morgens bin ich um acht Uhr mit dem Fahrrad zum Trainingsgelände gefahren, habe in der Gruppe im Wasser trainiert, dann mittags alleine gegessen. Nachmittags bekam ich dann die medizinische Behandlung, danach trainierte ich wieder individuell. Abends um 18 Uhr bin ich dann vollkommen platt im Hotel angekommen. Das ging monatelang so, ohne dass ich nur einmal einen Ball am Fuß hatte.
Was waren die anderen Gründe für Ihre harte Zeit?
Ich hatte noch keinen echten Anschluss und war mehr oder weniger komplett auf mich alleine gestellt. Ich war zum ersten Mal in einer fremden Stadt, weit weg von zu Hause, besaß dazu noch keinen Führerschein. Der damalige Athletiktrainer lieh mir zeitweise sein Fahrrad, damit ich mobil war, mir Wohnungen in der Stadt anschauen und zum Training fahren konnte. In dieser Anfangszeit hat mir meine Familie schon stark gefehlt, wir haben aber jeden Tag telefoniert. Heimweh, Einsamkeit, die Verletzung – am Anfang kam alles zusammen.
Ich werde mein erstes Training in Leipzig nie vergessen. Vorher hatte ich schon Sprüche zu hören bekommen nach dem Motto „Du kommst hier her, kostest viel Geld und liegst drei Monate nur auf der Massagebank“. Ich war also ordentlich motiviert vor meinem ersten Training, doch in den ersten 15 Minuten sah ich keinen einzigen Ball. Das Spiel lief komplett an mir vorbei. Man hatte ja im Vorfeld schon viel über diesen Leipziger Stil, dieses Jagen, gehört, aber mittendrin ging ich total unter. Ich dachte mir nur: „Wie soll ich das schaffen?“
Wie haben Sie es geschafft?
Im Prinzip war auch diese Enttäuschung im Training ein totaler Segen, weil meine körperliche Schwäche noch mehr herausgestellt wurde. Ich habe daraufhin mit unserem Athletiktrainer Tim Lobinger an meiner Beinkraft, an meinem Oberkörper gearbeitet. Bei der Physis musste ich viel nachholen, aber fußballerisch wusste ich schnell, dass ich es dort packen kann. Nach meinem ersten Spiel haben das auch die anderen Jungs gemerkt.
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