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Seite 2: „Allein im Endspiel habe ich fünf Liter verloren“

Dafür haben Sie mit der Natio­nalelf den EM-Titel geholt.
Ich bin mit nicht einmal zehn Län­der­spielen Euro­pa­meister geworden. Damals gab es bei der EM nur zwei Gruppen, deren Gewinner im Finale auf­ein­an­der­trafen. Wir mussten also von Beginn an hell­wach sein. Das war gar nicht so ein­fach, weil unsere Mann­schaft quasi nur aus Offen­siven bestand. Bern­hard Dietz, Karl-Heinz Förster, Uli Stie­like und ich mussten den Laden dicht halten, wäh­rend sich der Rest vorne ver­gnügte. Ich machte alle Spiele, auch wenn ich mich im Finale dann ver­letzte. Auf die Ehren­runde musste ich leider ver­zichten.

Wie wird denn ein Euro­pa­meister in Roden­bach emp­fangen?
Es war über­wäl­ti­gend. Die Leute vom SV orga­ni­sierten einen Emp­fang, der mir fast unan­ge­nehm war. In Roden­bach wohnen 2000 Leute, es emp­fingen mich 1000 davon. Ich wurde in einem deko­rierten Auto durchs Dorf gefahren, am Ver­eins­heim gab es dann 6000 Liter Frei­bier. Die waren inner­halb einer Stunde weg. Nach den Welt­meis­ter­schaften war es aber noch ver­rückter. 1982 war­teten knapp 10 000 Men­schen auf mich. 1986 sogar 20 000. 1986 saß ich in einem großen Fuß­ball, der auf einem Auto­dach befes­tigt war und sich öff­nete und schloss. (Lacht.)

Apropos WM 1982. Kriegen Sie noch Post aus Alge­rien?
Sie spielen auf die Schande von Gijon an, aber ich sag Ihnen etwas: Es gab keine Absprache zwi­schen uns und den Öster­rei­chern. Aller­höchs­tens eine still­schwei­gende Über­ein­kunft. Als die Tor­chancen aus­blieben, fingen die Fans auf den Rängen an, weiße Taschen­tü­cher zu wedeln. Ich wusste nicht, was das bedeutet und dachte erst, die freuen sich. Bis ich später erfuhr, dass das die Leute beim Stier­kampf machen, um den Torero zu ver­spotten. Als wir abends am Hotel ankamen, war­teten dort schon die deut­schen Fans. Und warfen mit faulen Eiern.

Haben Sie eins abbe­kommen?
Nein, aber Jupp Der­wall. (Lacht.) Wir haben uns dann schnell ins Hotel ver­zogen.

Es dau­erte ein halbes Jahr, bis ich kör­per­lich wieder auf der Höhe war.

Hans-Peter Briegel über das WM-Finale '82

Gewonnen haben Sie die WM 1982 nicht. Auch eine kör­per­liche Frage?
Zu Beginn des Tur­niers wog ich 93 Kilo, nach dem Tur­nier nur noch 83. Zum einen lag das an der Hitze in Spa­nien, es war beständig über 40 Grad. Dann kam noch eine Magen-Darm-Grippe hinzu. Allein im End­spiel habe ich fünf Liter ver­loren. Es dau­erte ein halbes Jahr, bis ich kör­per­lich wieder auf der Höhe war.

Und 1986? Wie oft denken Sie noch an das ver­lo­rene Lauf­duell mit Jorge Bur­ruchaga im Finale?
Bei jeder WM, weil ich dann von Jour­na­listen ange­rufen werde. Wenn die Bilder irgend­wann schneller laufen, dann hole ich ihn noch ein. Mitt­ler­weile könnte man das ja per Com­pu­ter­technik regeln.

Kalle Rum­me­nigge sagte, Sie hätten auf Abseits spe­ku­liert und seien des­wegen einen Schritt zu spät gekommen.
Zehn Minuten vor Schluss, nach sieben Spielen und auf 2500 Metern Höhe, ist man auch vom Kopf her nicht mehr richtig da. Ob ich des­wegen einen Schritt zu spät kam, weiß ich nicht. Letzt­lich war ich auch 25 Meter von ihm ent­fernt und musste ihn schräg anlaufen. Ich hätte ihn nicht mal mehr umhauen können.

1984 gingen Sie zu Hellas Verona. Wie kam es zu dem Wechsel?
Es war lange undenkbar für mich, aus Kai­sers­lau­tern weg­zu­gehen. Real Madrid fragte 1982 an, aber ich war vor den Toren Kai­sers­lau­terns auf­ge­wachsen, FCK-Fan durch und durch, hatte die Pfalz nie ver­lassen. Zwei Jahre später änderte sich mein Gefühl. Wir spielten eine schlechte Saison, plötz­lich gab es wieder Pfiffe, und ich wollte etwas Neues machen. Erst kamen Funk­tio­näre des SSC Neapel zu Ver­hand­lungen. Aber nach zwei Tagen hörte ich nie wieder etwas von denen. Dann fragte Hellas Verona an. Ich dachte: Nicht schon wieder die Ita­liener. Die ver­ar­schen dich doch wieder.“ Also stellte ich aus Jux eine sehr, sehr hohe For­de­rung. Sie sagten zunächst ab, zwei Wochen später bekam ich einen Anruf. Sie waren bereit, die For­de­rungen zu erfüllen. Mir sackte das Herz in die Hose. Ich dachte nur: Ver­dammt, jetzt muss ich ja wirk­lich zu Hellas gehen.“ Ich musste Verona erst einmal auf der Karte suchen.