Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: „Mittelfristig gehört der Verein in die dritte Liga“

Es folgte eine tur­bu­lente Zeit bei NEC Nij­megen.
Die waren skep­tisch, weil ich ein deut­scher Tor­hüter war – und in Hol­land gelten deut­sche Tor­hüter als schlechte Fuß­baller. Also musste ich die erste Ein­heit im Feld mit­spielen. Danach haben sie gesagt: Ok, wir nehmen dich.“ Dort haben sie eine andere Sicht auf den Fuß­ball. Wenn du in Deutsch­land einen Risi­ko­ball ins Aus schlägst, wird gebuht, in Hol­land wird geklatscht, weil du dich traust. Es war auch völlig neu für mich, dass alle Ver­tei­diger ange­spielt werden wollten. Sowas hat man in Deutsch­land bis vor ein paar Jahren selten erlebt. Ich bin dann die Nummer eins geworden, wurde sogar einmal zum Spieler des Spiels gekürt, habe ich mich dann aber leider ver­letzt. Ich hatte nur einen Halb­jah­res­ver­trag bis Ende Dezember unter­schrieben und mir war klar, dass ich ohne eine Ope­ra­tion im Januar keine sport­me­di­zi­ni­sche Unter­su­chung bestehen würde. Plötz­lich stand ich nicht mehr im Kader und bei Twitter lese ich von meiner Ent­las­sung. Der Verein hat sich später zwar dafür ent­schul­digt, aber das hat mir auch nichts mehr gebracht.

Wie ent­stand dann der Kon­takt zu Chi­cago Fire?
Die haben sich bereits kurz danach gemeldet, des­wegen war ich guter Dinge. Veljko Paun­ović, der jet­zige Trainer von Bas­tian Schwein­steiger, hatte mich in Hol­land gesehen und wollte mich unbe­dingt. Das Gespräch mit ihm war über­ra­gend. Wir trafen uns in Madrid, er bestellte vier Gerichte, hat von allen nur eine Gabel gegessen und den Rest wieder zurück­gehen lassen, weil er satt war. Vor meiner Ver­pflich­tung gab es nur ein Pro­blem: Der dama­lige Stamm­tor­hüter musste gehen.

Es ging um den Salary Cap“ – die ame­ri­ka­ni­sche Gehalts­ober­grenze für Teams.
Genau. Dum­mer­weise wurde Chi­cago Sean Johnson, der jetzt bei New York City FC spielt, damals nicht los. Also wollten wir tricksen: Chi­cago wusste, dass D.C. United einen Tor­hüter suchte – also sollte ich dort hin. Dann wäre ich schon mal in den USA gewesen und Chi­cago hätte leicht einen Trade“ ein­fä­deln können. Also bin ich weiter nach Washington geflogen und mit D.C. ins Trai­nings­lager. Dort fühlte es sich aller­dings sofort komisch an. Irgend­wann rief mich der Trainer in die Lobby – und teilte mir mit, dass sie keine Aus­län­der­plätze mehr frei hatten. Am glei­chen Nach­mittag flog ich wieder nach Hause.

Ein halbes Jahr später wollte Sie Chi­cago Fire immer noch.
Ich war zunächst skep­tisch, weil ich nicht wieder ent­täuscht werden wollte. Doch der Besitzer meinte es ernst. Der Klub gab in zwei Wochen alleine knapp 30.000 Dollar für meine Flüge, das Hotel und ein Taschen­geld aus. Und ich wurde auch sehr herz­lich emp­fangen, das erste Gespräch mit dem Trainer war super. Doch am nächsten Tag riss ich mir im Trai­ning das Syn­des­mo­se­band. Und der Ver­trag kam natür­lich nicht zu Stande.

Auch der dritte Anlauf nach Ame­rika war geschei­tert. Wie ging es Ihnen nach diesem Rück­schlag?
Für mich war klar, dass ich das nicht mehr will. Ich wollte nicht mehr durch die Gegend fliegen, nicht mehr irgend­wel­chen Leuten ver­trauen. Ich habe den Fuß­ball zu dieser Zeit gehasst. Ständig fragen die Leute: Was machst du denn jetzt?“ Und keiner kennt die Hin­ter­gründe. Damals bin ich drei Monate nicht in die Stadt gegangen.

Wie hat es Heiko Scholz geschafft, Sie zu Lok Leipzig zu lotsen?
Der ein­zige, dem ich neben meiner Familie noch ver­traut habe, war Heiko Scholz. Und Scholle und Lok boten mir die Mög­lich­keit, auch neben dem Fuß­ball etwas auf­zu­bauen. Ich kann jetzt den halben Tag in meiner Agentur arbeiten und mich um meine Fuß­ball­schule küm­mern. Dazu möchte ich Lok helfen, etwas auf­zu­bauen. Anfangs war es zwar etwas schwierig, da die Fans meine Dres­dener Ver­gan­gen­heit kri­tisch sahen. Ich habe mir aber mit meinen Leis­tungen langsam eine Akzep­tanz erar­beitet. Außerdem erwarte ich nicht, von den Fans gefeiert werden. Das steht anderen zu, die mehr für den Verein geleistet haben.

Lok und Dynamo sind für ihre emo­tio­nalen Fans bekannt. Brau­chen Sie diese enge Bin­dung der Fans zum Verein?
Ich durfte und darf für die wahr­schein­lich größten Tra­di­ti­ons­ver­eine des ost­deut­schen Fuß­balls spielen. Das macht mich stolz. Lok Leipzig kann mit etwas mehr Ver­trauen von der Stadt noch richtig auf­blühen. Der Verein steht nicht im Schatten von RB. Mit­tel­fristig gehört der Verein in die dritte Liga. Min­des­tens.