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Seite 2: „Die Europa League war unser Wettbewerb“

Sie haben in der spa­ni­schen Musik­szene sehr viele Bekannte wie zum Bei­spiel den Rock­star Leiva.
Ja, in Spa­nien bin ich nach den Kon­zerten noch hinter die Bühne zu den Musi­kern gelaufen, um mit ihnen zu plau­dern. Ist es nicht Wahn­sinn: Du schreibst etwas auf ein Blatt Papier und Monate später singen Aber­tau­sende diese Zeilen auf deinem Kon­zert?! Leiva spielte in der Band Pereza“, die so etwas wie die Gruppe schlechthin in unserer Jugend war.

Es kur­siert die Geschichte, wie er Sie einmal bei einem Trai­ning in Sevilla besuchte …
… oh ja, ein Horror. Unser dama­liger Trainer Unai Emery ist bekannt­lich jemand, der sehr viel Wert auf Taktik legt. Dieses Trai­ning dau­erte andert­halb Stunden und wir haben keinen ein­zigen Ball berührt. Der Trainer hat uns in einer For­ma­tion auf dem Platz auf­ge­stellt und uns nur hin- und her ver­schoben. Nach dem Trai­ning sagte Leiva zu mir: Wow, das war sehr inter­es­sant.“ Ich meinte nur: Erzähl doch nicht, ich bin vor Lang­weile fast gestorben.“

Sie haben mit Sevilla drei Mal hin­ter­ein­ander die Europa League gewonnen. Wie würden Sie diese Serie erklären?
Wir hatten eine beson­dere Bezie­hung zu diesem Wett­be­werb. Manchmal kamen wir durch ein glück­li­ches Tor weiter, manchmal schlugen wir klar besser besetzte Mann­schaften. Im Fuß­ball spielt das Selbst­ver­trauen nun einmal eine große Rolle und wir dachten ein­fach: Die Europa League, das ist unser Cup, hier kann uns keiner etwas.“

Im Finale 2015 gegen Liver­pool gelangen Ihnen zwei Tore. War das der beste Abend Ihrer Kar­riere?
Das war natür­lich sehr spe­ziell, ein Finale gewinnen, zwei Tore erzielen – ich werde mich sicher­lich mein ganzes Leben daran erin­nern. Vorher war mir nur einmal ein Dop­pel­pack gelungen, in einem gewöhn­li­chen Liga­spiel gegen Sara­gossa. Doch – so merk­würdig es klingen mag – war das nicht einmal das schönste Spiel meiner Kar­riere. Ich mag vor allem jene Par­tien, in denen es eng ist, in denen wir als Mann­schaft gefor­dert sind und ein Match drehen. Das Vier­tel­fi­nal­rück­spiel gegen Sankt Peters­burg, das wir in der Schluss­vier­tel­stunde noch zum 2:1 umbogen, fällt mir direkt ein oder das Pokal­halb­fi­nale in Valencia, das wir in der letzten Minute gewannen. Dafür spielt man Fuß­ball.

Es gab einmal ein Spiel, in dem Sie auf dem Platz weinten. Was war da los?
Oh ja, ich habe wohl drei Viertel des Spiels durch­ge­heult (lacht.) Es war das letzte Spiel mit meinem Hei­mat­verein Rayo Valle­cano, noch dazu das ent­schei­dende um den Auf­stieg in die erste Liga. Vor dem Spiel zeigte uns der Trainer ein Video mit Video­bot­schaften unserer Fami­lien. Da hatten wir alle Tränen in den Augen, ich als Kapitän musste zur Platz­wahl. Der Kapitän von unserem Gegner Depor­tivo Xerez fragte nur: Coke, was ist mit dir los?“ Wir brauchten einen Punkt zum Auf­stieg und führten eine Vier­tel­stunde vor Schluss mit 3:0. Von da an habe ich jeden Ball nur weg­ge­schlagen, weil ich mich sowieso nicht mehr kon­zen­trieren konnte. Mir liefen wieder die Tränen her­unter und bei einer Ecke kam wieder Xerez’ Kapitän: Coke, das ist nicht dein Ernst.“ Und ich so: Oh, doch, Junge.“

War das Video so emo­tional?
Das Video war nur der Aus­löser, aber die ganze Situa­tion war der­maßen emo­tional auf­ge­laden. In dieser Saison war es sport­lich her­aus­ra­gend gelaufen, doch alles andere war eine Kata­strophe. Der Klub war pleite. Wir bekamen mona­te­lang kein Gehalt. Erst zum Ende der Saison über­reichten sie uns Brief­um­schläge, in denen sie uns wöchent­lich aus­zahlten. Es ist kaum zu glauben: Das Gehalt wurde bei Rayo nicht über­wiesen, son­dern in Umschlägen aus­be­zahlt. Einige Jahre zuvor wollten zwei Spieler ihr Geld abholen, als sie von Dieben mit Maschi­nen­pis­tolen an der Geschäfts­stelle über­fallen wurden. Es hatte sich also her­um­ge­spro­chen, wie der Klub seine Ange­stellten aus­zahlt. 

Sie spielten also ohne Gehalt?
Ja, neun Monate lang. Für mich war das nicht so tra­gisch wie für die anderen Mit­spieler mit Familie. Ich war damals Jung­ge­selle und hauste in einer kleinen Woh­nung. Als wir dann end­lich das erste Gehalt bekamen, lei­teten wir es direkt an die Ange­stellten und die Spieler mit Kin­dern weiter. Sie brauchten das Geld eben drin­gender.