Er war der Mann mit den meisten Ypsilons im Vornamen, schaltete Ronaldo aus und holte den Uefa-Cup. Heute wird Yves Eigenrauch 50 Jahre alt. Hier erzählt er von Schalkes größtem Triumph.
Waren Sie nach 90 Minuten niedergeschlagen oder zuversichtlich? Die Chance auf den Titel war ja noch da.
Meine eigenen Gedanken habe ich nicht mehr im Kopf, aber wenn ich mir vor Augen halte, wie die anderen Spieler reagiert haben, dann war da keine Niedergeschlagenheit vorhanden, sondern es wurde daran geglaubt, dass wir es jetzt in der Verlängerung oder im Elfmeterschießen schaffen.
In der Verlängerung hatte Inter noch eine Riesenmöglichkeit…
Ein Inter-Spieler hätte mit einem Heber über Jens Lehmann fast das zweite Tor gemacht, er hat aber zum Glück nur die Latte getroffen.
Das Elfmeterschießen musste die Entscheidung bringen. Sie wollten nicht schießen?
Das stand gar nicht zur Diskussion, weil auch wir unsere entsprechenden Spieler hatten, die für einen Elfmeter in Frage kamen. Dazu gehörte ich nicht, das entsprach auch nicht meinen Qualitäten.
Marc Wilmots entschied mit seinem Elfmeter die Parte. Können Sie sich noch erinnern, was danach passiert ist?
Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich das alles ein wenig befremdlich fand. Ich dachte eigentlich, dass wir mit der Mannschaft die Möglichkeit hätten, das Ganze im kleinen Rahmen auf dem Platz zu feiern, aber dafür war der Medienrummel schon zu groß, so dass es schnell zu den formellen Dingen überging. Die Zeit, um wirklich zu realisieren, was da geschehen war, hatte ich zumindest nicht.
„Bei der Nationalelf habe ich mich deplatziert gefühlt“
Die Zeit zum Genießen hat gefehlt?
Das kann man so sagen. Ich bin ja sowieso, das ist vielleicht in der Berichterstattung der Vergangenheit schon deutlich geworden, kein ganz so emotionaler Mensch. Insofern ist für mich die riesige Bedeutung, die der Uefa-Cup Sieg für den Verein und die Fans hat, immer noch nicht ganz greifbar. Ich muss dazu noch anmerken: Was die Sache noch besonders interessant gestaltete, ist, dass der Uefa-Pokal ästhetisch die schönste Trophäe ist, die man im Fußball gewinnen kann.
Ein Jahr später ging es wieder gegen Inter, dieses Mal mit dem zweifachen Weltfußballer Ronaldo. 90 Minuten hat er kein Stich gesehen. Das Spiel Ihres Lebens?
Ich hatte kein Spiel meines Lebens. Weder das Spiel, noch irgendwelche anderen. Ich habe Fußball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat.
Haben Sie den damaligen Hype um Ihre Person verstanden?
Nicht wirklich, das war mir ein bisschen zu abstrus. Zumal ich das Spiel gemacht habe, nach dem ich acht oder neun Monate wegen einer Verletzung nicht gespielt habe. Kurz nach dem Endspiel gegen Mailand habe ich mich verletzt und musste am Knie operiert werden. Dann waren für das Rückspiel gegen Inter zwei Spieler gesperrt und Huub Stevens meinte, ich solle von Beginn an spielen. Deswegen habe ich mit Marco Kurz die Innenverteidigung gebildet.
Der ist mittlerweile in Vergessenheit geraten.
Das ist auch das, was mich am meisten geärgert hat. Marco hat damals ein Superspiel gemacht und nur weil mein Gegenspieler einen noch größeren Namen hatte, richtete sich der Fokus dann auf mich.
Immerhin hat Ihnen die Partie auch eine Einladung zur Nationalelf beschert.
Wo ich mich relativ deplaziert gefühlt habe, weil ich auch nicht der Meinung war, dass ich das Leistungsvermögen eines Nationalspielers hätte. Aus meiner Sicht war ich ein konstanter Bundesligaspieler. Trotzdem waren die Reisen mit der Nationalelf eine sehr interessante Erfahrung, ich bezeichne sie immer als Studienreisen.