Kurt E. Schmidt ist Eintracht-Frankfurt-Fan der ersten Stunde: Seit 1950 offizielles Mitglied, war Schmidt bis heute nach eigener Aussage „alles, außer Präsident und Trainer“ bei der Eintracht. Als Polizist begrüßte er den US-Präsidenten John F. Kennedy in Frankfurt, arbeitete ehrenamtlich als Stadionsprecher der U 23 und betreut bis heute die Bundesliga-Schiedsrichter bei Heimspielen in Frankfurt. Seinen berühmtesten Auftritt hatt Schmidt allerdings nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1959.
Kurt E. Schmidt, verraten Sie uns, was sich hinter dem Kürzel „E.“ verbirgt?
Kurt E. Schmidt: Aber gerne: Eigentlich heiße ich mit zweiten Namen „Eduard“. Aber die Fans von Eintracht Frankfurt haben das „E.“ längst in „Eintracht“ umbenannt. Damit bin ich einverstanden. Also: Kurt Eintracht Schmidt!
Darf man fragen, wie Sie diesen hübschen Beinamen erhalten haben?
Kurt Eintracht Schmidt: Das hat seinen Ursprung im Meisterschaftsfinale 1959. Ich war damals noch ein junger Kerl, arbeitete für die Polizei, aber mit meinem Herzen war ich immer bei der Eintracht. Die meisten Spieler der Meistermannschaft kannte ich persönlich, mit vielen war ich sogar zur Schule gegangen!
Klingt ja prima.
Kurt Eintracht Schmidt: Moment! Damals gab es die Bundesliga noch nicht, der Deutsche Meister musste durch ein Finale gefunden werden. Wir spielten in Berlin ausgerechnet gegen den Erzrivalen von Kickers Offenbach. Ich war natürlich mit dabei. Und nun raten Sie mal, wo ich auf der Tribüne im Olympiastadion saß!
Ganz nah bei der Trainerbank?
Kurt Eintracht Schmidt: Falsch! Zwischen der Damen-Hockeymannschaft von Eintracht Frankfurt, die zuvor ihr Endspiel um die Deutsche Meisterschaft im Stadion ausgetragen hatte!
Ach was.
Kurt Eintracht Schmidt: Tja, und weil die Damen so gut gelaunt waren und die Sonne so schön schien, sagte die Mannschaftsführerin vor dem Spiel zu mir: „Kurt, für jedes Tor der Eintracht bekommst du von uns allen einen Kuss!“ Das waren insgesamt 13 Hockeyspielerinnen! Und wissen Sie, wie das Spiel ausging?
5:3 für die Eintracht.
Kurt Eintracht Schmidt: Ganz genau! Fünf mal 13 Küsse! Meine Güte, war das eine Küsserei.
Klingt ja ganz furchtbar.
Kurt Eintracht Schmidt: Junger Mann, das war der schönste Tag meines Lebens!
Wie ging es weiter?
Kurt Eintracht Schmidt: Einen Tag später zog die Mannschaft mit einem Autokorso durch die Frankfurter Innenstadt, um sich gebührend feiern zu lassen. Ich war als Streifenpolizist eingeteilt, um für Ordnung zu sorgen. Plötzlich hielt der Wagen von Eintracht-Kapitän Alfred Pfaff, meinem alten Schulkumpel, neben mir. Seine Frau drückte mir zwei Eintracht-Frankfurt-Fahnen in die Hand. „Kurt“, sagte sie, „wir fahren nicht weiter, bis du mit diesen Fahnen den Verkehr regelst!“ Und was tut man, wenn man von einer Dame um einen Gefallen gebeten wird?
Man macht natürlich, was sie sagt.
Kurt Eintracht Schmidt: Ihre Eltern scheinen Sie anständig erzogen zu haben, richtige Antwort!
Also regelten Sie den Verkehr mit den Fahnen?
Kurt Eintracht Schmidt: Oh ja. Die Leute haben gejubelt und mir zugewunken! Es gibt sogar Fotos von dieser Szene. Wunderschöne Momente.
Doch Ihr Auftritt hatte ein Nachspiel.
Kurt Eintracht Schmidt: Leider. Einen Tag später wurde ich vor den Ordnungsauschuss der Frankfurter Polizei zitiert, der Polizeigewerkschaft hatten die Szenen bei der Meisterfeier gar nicht gefallen. Wegen „groben Unfugs“ wollten sie mich bestrafen lassen.
Wie ging es weiter?
Kurt Eintracht Schmidt: Mein Glück, dass der Polizeipräsident ebenfalls großer Eintracht-Anhänger war. Er sah das Foto von mir mit den beiden Fahnen in der Hand und sagte dann: „Meine Herren, ich habe noch nie eine so geschickte Fotomontage gesehen!“ Ha! Die Mitglieder im Ausschuss lachten sich halb tot und die Vorwürfe gegen mich wurden fallen gelassen.
Und seitdem heißen Sie „Kurt Eintracht Schmidt“?
Kurt Eintracht Schmidt: Nicht seitdem, aber deswegen. Vor Jahren haben mich die Eintracht-Ultras so genannt. Es hat ihnen offenbar imponiert, dass ich als Polizist im Namen der Eintracht gegen die Regeln verstoßen habe. (lacht) Es gibt sogar eine große Fahne, die mich an jenem Tag mit den Fahnen in der Hand zeigt. Die wird manchmal im Frankfurt Fanblock geschwenkt, müssen Sie mal drauf achten!
Die Frankfurter Ultra-Gruppierung gilt als eine der größten, aber auch radikalsten. Welches Verhältnis haben Sie zu den Ultras?
Kurt Eintracht Schmidt: Ach, das sind doch zum Großteil alles junge Kerls, die ab und zu mal die Sau raus lassen. Ich habe einige von denen mal vor Jahren bei einem Vortrag im Eintracht-Museum kennengelernt. Die haben mir sogar einen Ehrentitel verpasst: „Ultra Number One“!
Klingt spektakulär.
Kurt Eintracht Schmidt: Nicht wahr? Vieles, was die Ultras machen, finde ich bewundernswert. Wie viel Mühe die sich geben, um die ganzen tollen Choreographien zu basteln! Wahnsinn. Was mir nicht gefällt ist die Gewalt und die Knallerei. Aber das ist ja kein deutsches Problem: Vor zehn Jahren war ich beim Spiel Neapel gegen den AS Rom. Das war ja kein Fußballspiel mehr, das war Krieg.
Und die Dauergesänge, die den älteren Fans so häufig auf den Keks gehen?
Kurt Eintracht Schmidt: Soll ich Ihnen mal was sagen: Ich habe die Ultras sogar erst neulich mal dirigiert!
Bitte? Und welche Lieder haben Sie angestimmt?
Kurt Eintracht Schmidt: (lacht) Ach, das verrate ich Ihnen lieber nicht.
Kommen Sie schon.
Kurt Eintracht Schmidt: Na gut. Die ersten Gesänge waren noch im Rahmen. (singt) Aaadler auf der Brust! Und: Nieee mehr zweite Ligaa! Nun ja, und dann eben dieses: Eintracht Amateure, Eintracht Amateure, daas sind keine Huurensöhne!
Herr Schmidt!
Kurt Eintracht Schmidt: Das ist halt ihr Lieblingslied. Als ich, ein ehemaliger Polizist, das angestimmt habe, sind die alle durchgedreht.