Der Rapper Montez steht mit seinem Song „Auf & Ab“ seit acht Monaten in den deutschen Charts. Hoch und runter geht es seit jeher auch für seinen Herzensklub: Arminia Bielefeld. Ein Gespräch über die besten und schlimmsten Stunden des Fandaseins – und die erstaunlich ähnliche Entwicklung von Künstler und Verein.
Der Bielefelder Montez galt in der deutschen HipHop-Szene lange als eines der größten Talente. Als 13-Jähriger fing er mit dem Schreiben an, wenig später veröffentlichte er erste Songs. Seitdem ist viel passiert: Auf kleine Hypes folgten Phasen, in denen von ihm kaum noch etwas zu hören war. Ehe er im Juli 2021 den Track „Auf & Ab“ veröffentlichte – und durch die Decke ging. Rund 95 Millionen Mal wurde der Song mittlerweile auf Spotify gestreamt.
Stand er früher noch für harten, melancholischen Rap, hat sich Montez, der als Songwriter u.a. für Helene Fischer schreibt, musikalisch längst geöffnet. Seine Musik ist poppiger, massentauglicher. So auch sein Album „Herzinfucked“, das am 8. April erschienen ist. Eine absolute Konstante dagegen: Seine Liebe zu Arminia Bielefeld, die nicht immer einfach ist.
Montez, wann und wie begann Deine Beziehung zu Arminia Bielefeld?
Mit dem ersten Besuch eines Heimspiels. Ich war vier oder fünf Jahre alt, Energie Cottbus war zu Gast. Ich wurde ganz klassisch von meinem Vater mitgenommen. Generell komme ich aus einer richtigen Arminia-Familie und bin sehr fußballaffin aufgewachsen.
Welche waren die einprägsamsten Momente, die Du bislang mit Arminia erlebt hast?
Das krasseste und emotionalste Heimspiel war das Pokalhalbfinale gegen den VfL Wolfsburg vor sieben Jahren. Mein Bruder und ich hatten keine Tickets und sind zum Stadion gefahren, um vor Ort noch irgendwie welche zu kaufen. Schlussendlich haben wir völlig überteuerte Karten gekauft. 80 Euro das Stück. Wir saßen in der obersten Ecke des Stadions, wo uns auch noch ein Balken die Sicht versperrt hat. Wir haben 0:4 verloren, aber die Gegentore waren uns wirklich scheißegal. Die Stimmung, die Energie, das war trotz allem unglaublich. Denn wir standen doch als Drittligist im Halbfinale! Aber ich habe noch zwei weitere Spiele im Kopf.
Und zwar?
Als wir beispielsweise 2015 den Aufstieg in die 2. Bundesliga perfekt gemacht haben. In einem Heimspiel gegen Jahn Regensburg. Pascal Testroet köpfte zehn Minuten vor Schluss das entscheidende Tor zum 2:2‑Endstand. Als das Spiel abgepfiffen wurde, zog es uns alle auf den Rasen. Ich bin runter von der Tribüne und über eine Werbebande aufs Spielfeld gesprungen. Und in dem Moment kam mir Fabian Klos entgegen und hat in die entgegengesetzte Richtung Reißaus genommen. Da kamen fast 20.000 Leute die Tribünen runtergestürmt und er wollte sich wohl kurz in Sicherheit bringen. So etwas vergisst man nicht.
Künstler unter sich: Ansgar Brinkmann und Montez
„Am 8. April bin ich in Frankfurt aufgetreten. Am 9. April war das Auswärtsspiel in Sandhausen und als ich nach Hause gekommen bin, hat meine Freundin mit mir Schluss gemacht. Das waren verrückte Tage.“
Und das Dritte?
…war ein Auswärtsspiel in Sandhausen. 2016 war das. Wir haben 4:1 gewonnen. Ein extrem wichtiger Sieg im Kampf um den Klassenerhalt und generell auch ein verrücktes Wochenende, da kam eine Menge zusammen. Leider nicht nur Gutes.
Inwiefern?
Am 7. April habe ich meinen Geburtstag gefeiert. Am 8. April bin ich mit dem Rapper Vega in Frankfurt vor rund 4000 Leuten aufgetreten. Am 9. April war dann das Auswärtsspiel in Sandhausen und als ich nach Hause gekommen bin, hat meine Freundin mit mir Schluss gemacht. Das waren verrückte Tage.
Kurz zurück zu Fabian Klos. Was macht das mit Dir, dass er nächste Saison nicht mehr für Arminia spielt?
Es war klar, dass er nicht für immer bei uns bleiben kann. Und trotzdem tut es weh. Aber der Mann hat nichts als Respekt verdient. Eine absolute Bielefelder Legende, unser Rekordtorschütze. Ich bin ihm unfassbar dankbar für das, was er für den Klub geleistet hat. Was ich besonders beeindruckend fand: Bei all den Trainerwechseln der letzten Jahre musste er sich wieder und wieder aufs Neue beweisen. Zeitweise wurde ihm auch die Kapitänsbinde abgenommen und an Julian Börner oder Manuel Prietl weitergegeben. In diesen Zeiten habe ich ihn so erlebt, dass er sich zurückgenommen und sich über harte Arbeit wieder wichtig gemacht hat. Er wollte wirklich immer nur das Beste für den Verein und hat seine eigenen Bedürfnisse hintangestellt. Ich habe nichts als Hochachtung und Liebe für ihn übrig. Aber eine Sache brauche ich von ihm noch zum Abschluss.
Und zwar?
Ein signiertes Trikot, das er in einem Spiel getragen hat. Ich habe meine Spione schon losgeschickt, denn so viel Zeit bleibt dafür ja nicht mehr. Ich habe beispielsweise schon mit Alessandro Schöpf gequatscht. Wir haben einen gemeinsamen Freund, Heinz Lindner, den Torwart vom FC Basel. Ich habe Heinz geschrieben, dass er Schöpf fragen muss, ob er da irgendwas regeln kann, sonst könne ich nicht mehr schlafen. Ich kenne außerdem ein paar Leute, die bei Arminia arbeiten, die habe ich auch schon genervt. Ich hoffe so sehr, dass ich irgendwie an dieses Trikot komme.
Vereinslegende: Fabian Klos
Du selbst galtest Anfang der Zehnerjahre als eines der größten Talente im deutschsprachigen HipHop. Auf den richtig großen Durchbruch musstest Du aber mehr als zehn Jahre warten. Zeitgleich stieg Arminia nach einigen harten Jahren wieder in die Bundesliga auf. Zufall?
Tatsächlich sind die letzten zehn bis zwölf Jahre von Arminia und mir fast parallel verlaufen. Die ganze Zeit ging es auf und ab. Sowohl der Klub als auch ich mussten immer neue Wege finden, Durchhaltevermögen beweisen und Rückschläge wegstecken. Wahrscheinlich ist das in unserer Bielefelder DNA verankert. Aber jetzt stehen wir alle endlich mal richtig gut da. Und als ich mit meinem Song – der ironischerweise auch „Auf & Ab“ heißt – letztes Jahr endlich einen Durchbruch feiern konnte, dachte ich mir: Wow, wie toll ist das! Bei mir läuft’s gerade und parallel dazu steigt auch noch Arminia auf. Was ist das gerade für eine geile Zeit? Das gibt’s doch gar nicht?! Für alles, was während der letzten zehn Jahre so scheiße lief, kam plötzlich so viel Gutes gebündelt zurück. Tja, zumindest bis Corona kam und wir nach dem Aufstieg kaum ins Stadion konnten.
Fehlt eigentlich nur noch, dass die Bielefelder Kurve eine Choreographie mit einer Songzeile von Dir präsentiert. Wie vor einigen Jahren mal mit Casper geschehen. Steht das auf Deiner Bucket List?
Dafür muss ich etwas ausholen: 2014 haben wir das Relegationsrückspiel gegen Darmstadt auf dramatischste Art und Weise zuhause verloren und sind dadurch in die 3. Liga abgestiegen. Das war der schlimmste Tag meines Fanlebens, mit Abstand. Wir haben uns mit einem Auswärtssieg in Dresden noch irgendwie in die Relegation gerettet und dann das Hinspiel in Darmstadt mit 3:1 gewonnen. Da dachte ich: Endlich ist der Fußballgott auf unserer Seite. Aber als Elton da Costa im Rückspiel dieses Fernschusstor zum 4:2 für Darmstadt erzielt hat, ist meine Welt zusammengebrochen. Das war ein Punkt, an dem ich dachte: Ich ertrag’s nicht mehr. Ich kann es nicht mehr. Ich saß nach Abpfiff noch lange zusammengesackt im Stadion und war in den folgenden Woche für nichts zu gebrauchen. Doch irgendwie hat mich die Trauer kreativ gemacht.
Mit welchem Ergebnis?
Ich habe einen Fangesang geschrieben. Müsste ich auch noch irgendwo auf meinem Handy haben. Sekunde, wie ging der noch… (fängt an zu singen) ‚Ich lass dich niemals untergehen. Denn du bleibst unser DSC. Und egal ob wir verlieren, solang das Herz in deinen Spielern, uns trägt, wirst du niemals untergehen.’ Den fand ich richtig geil (lacht). Zu der Zeit hatte ich auch hie und da etwas mit den Ultras zu tun und habe überlegt, ob ich denen das mal vorsinge und ob wir es schaffen, das Lied in der Kurve anzustimmen. Aber letztlich war die Trauer zu groß und ich hatte keine Kraft mehr, mich darum zu kümmern. Ein Lied, einen Gesang zu schreiben, der sich in der Kurve etabliert – das würde mir am meisten bedeuten.