Julian Draxler kann für die Nationalmannschaft in Russland sehr wichtig werden. Kurz vor der WM sprach er über den Konkurrenzkampf in Paris und was der Gewinn des Confed Cups für sein Standing bedeutet.
Dort heißt Ihr interner Konkurrent Marco Reus, der seit der EM 2016 gefehlt hat, aber hier selbstbewusst verkündet, im Turnierverlauf eine wichtige Rolle spielen zu wollen. Müssen Sie ihn fürchten?
Marco ist von seinen Qualitäten her ein außergewöhnlicher Spieler, der Spiele entscheiden kann, der unberechenbar ist. Deswegen bin ich in erster Linie auch froh, dass wir ihn jetzt in unserem Kreis haben, weil er auch eine Waffe ist. Aber ja, er ist auch ein Konkurrent, er spielt auch am liebsten links offensiv. Wir werden uns sicherlich in jedem Training pushen, jeder will beweisen, dass er der Bessere ist. Das ist für die Mannschaft doch nur förderlich, zumal wir diese Konkurrenzsituation auf vielen Positionen haben.
Für viele Experten ist der Kampf Draxler kontra Reus der härteste. Wie sehen Sie das?
Auf jeder Position ist er vielleicht nicht gleich hart, das stimmt schon: Ich denke, dass Marco und ich zwei Spieler sind, die … wie soll ich das sagen? Die vielleicht Überraschungsmomente in ein Spiel bringen können. Der Bundestrainer wird froh sein, dass er diese beiden Alternativen hat. Am Ende wird die Leistung den Ausschlag geben, wer spielt.
Eine dritte Alternative, Leroy Sané, musste abreisen, was einige überrascht hat. Sie auch?
Ja, das muss ich offen sagen: Es hat mich überrascht. Ich kenn‘ ihn schon aus gemeinsamen Tagen bei Schalke, also lange. Leroy hat in England eine superstarke Saison gespielt. Ich glaube auch, wie der Bundestrainer es sagte, dass er das so in der Nationalelf noch nicht bestätigt hat. Ich persönlich finde das schade, ich habe seine Entwicklung gesehen. Daher denke ich, dass er nicht komplett aus der Bahn geworfen wird, dass er jetzt nicht dabei ist. Aber Sie haben recht, er ist nicht nur mein Freund, sondern wäre ein harter Konkurrent gewesen. Der Trainer wird seine Gründe gehabt haben, in welche Richtung auch immer: das Mannschaftsgefüge, vielleicht brauchte er einen Verteidiger mehr – ich weiß es nicht.
Vielleicht war es ein Signal an die Spieler der zweiten Reihe, die in den beiden Spielen gegen Brasilien und Österreich nicht überzeugt haben?
Ich kenne die Gründe des Bundestrainers nicht, ich kann es nicht sagen. Ich möchte mich auch nicht in die Position bringen, darüber zu urteilen, das steht mir einfach nicht zu.
Inwiefern ist es für Sie ein Vorteil, bereits eine erfolgreiche WM gespielt zu haben? Und inwiefern braucht die Mannschaft etwas Neues?
Es ist ein Vorteil, dass wir, die wir in Brasilien dabei waren, die Abläufe kennen und die Dimension, die so ein Turnier mit sich bringt. Ich meine die mediale Aufmerksamkeit in Deutschland und die sich daraus ergebenen Drucksituationen. Ich glaube aber nicht, dass es ein Vorteil ist, dass wir 2014 die WM gewonnen haben, im Gegenteil. Die anderen Mannschaften werden alles unternehmen, um uns vom Thron zu stoßen. Aber wir haben ein bisschen frisches Blut dabei, Spieler, die 2014 noch nicht dabei waren. Solche Impulse braucht die Mannschaft auch, um den Hunger aufrechtzuerhalten. Der Bundestrainer sagt uns immer wieder, dass eine Leistung wie 2014 jetzt nicht reichen wird. Wir alle müssen uns steigern.