War Momodou Jawara an einem unglücklichen Sportunfall beteiligt oder ist er ein brutaler Wiederholungstäter? Wie der Beinbruch eines Amateurfußballers zum Politikum wurde.
31. August 2019. Der Sportverein Blau-Weiß Grana spielt gegen die VSG Löbitz. Der Ball befindet sich auf Höhe der Mittellinie, Momodou Jawara versucht ihn zu erreichen, sein Gegenspieler auch. Es kracht. Moritz Prater bricht sich Schien- und Wadenbein. „Verletzung hat zur Folge, dass Rettungswagen und Hubschrauber kommen muss“, steht im Spielbericht der Schiedsrichterin. Sie wertet die Aktion nicht als Foul, zeigt Jawara keine Karte.
So hat es auch Koch gesehen. Der ist nicht nur Vorsitzender, sondern auch Innenverteidiger von Blau-Weiß Grana. Bei der Kollision steht er nur wenige Meter entfernt. „Es tut mir enorm leid für Prater“, sagt er, „aber es war ein unglücklicher Pressschlag. Beide Spieler treten gegen den Ball.“ Bei der Gegenseite klingt das anders. „Jawara hat das Bein ausgestreckt in Kniehöhe gehalten, um seinen Gegenspieler absichtlich zu verletzen“, so steht es in der Stellungnahme der Löbitzer.
„Mir ist egal, welche Religion oder Hautfarbe der Spieler hat“
Verfasst hat sie Frank Prater, der Vater des verletzten Spielers. Am Telefon sagt er, er habe seinen Sohn gerade von einer Untersuchung im Klinikum abgeholt. Moritz könne seit der Verletzung kaum laufen, erzählt der Vater mit bewegter Stimme. Der komplizierte Bruch habe das Leben der Familie auf den Kopf gestellt. Wie lange die Genesung dauern werde, sei völlig unklar. Prater fordert, Jawara vom Spielbetrieb auszuschließen.
Auch er stand in der Nähe, als sein Sohn mit dem Kontrahenten zusammenkrachte. Wie kann sich die Sicht auf den gleichen Vorfall so voneinander unterscheiden? Einige sagen, die Antwort laute: Rassismus. Prater widerspricht energisch: „Mir ist egal, welche Religion oder Hautfarbe der Spieler hat. Er ist gefährlich.“
„Lass dich nicht mehr auf der Straße blicken“
Längst ist der Fall zu einem Politikum geworden. „Brutalo Armutsasylant bricht vier jungen Fußballern grundlos die Beine“, titelt die rechte Website Truth24. Jawara bekommt Hassnachrichten. „Lass dich nicht mehr auf der Straße blicken“, wird ihm gedroht. „Jawara ist nicht das erste Mal so unrühmlich aufgefallen“, schreibt eine Lokalzeitung. „Bereits in der vergangenen Saison hatte er drei anderen Spielern gegnerischer Teams Bein- und Knöchelbrüche zugefügt.“ Sätze, die Wirkung hinterlassen. Auch bei den anderen Klubs in der Kreisliga – mehrere von ihnen treten nicht mehr an, boykottieren Blau-Weiß Grana öffentlichkeitswirksam. Was ist dran an den Vorwürfen? Ist Jawara tatsächlich ein Wiederholungstäter?
Frank Prater kennt die Mannschaften, deren Spieler von Momodou Jawara verletzt worden sein sollen: Motor Zeitz II, der SV Hohenmölsen und der TSV Tröglitz. Die Vereine bestätigen die Vorfälle. Der Fußballverband Sachsen-Anhalt wiederum hat alle Spielberichtsbögen der vergangenen Jahre mit Beteiligung des SV Blau-Weiß Grana gecheckt. „In keinem einzigen steht etwas von diesen Fällen“, sagt Geschäftsführer Christian Reinhardt.
Kürzlich wurde Jawara für ein Jahr gesperrt, wegen einer angeblichen Tätlichkeit in einem Spiel gegen Tröglitz, die länger zurückliegt. Nach Einspruch wurde die Sperre zurückgenommen. Momentan wird erneut verhandelt. Aussage steht gegen Aussage, eine schwierige Situation – in der alle Beteiligten mit Bedacht an der Aufklärung der Vorfälle arbeiten sollten. Doch die Geschichte vom brutalen Asylbewerber verbreitet sich bereits wie ein Lauffeuer.