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Herr van Bommel, wie dürfen wir uns einen Kaffee-Nach­mittag vor­stellen, wenn Sie mit Ihrer Familie bei ihrem Schwie­ger­vater Bert van Mar­wijk zu Gast sind?
Wir haben Teller, Tassen, Löffel und Gabeln auf dem Tisch.

Ist das nicht ein komi­sches Gefühl, mit dem Schwie­ger­vater am Tisch zu sitzen, der gleich­zeitig Natio­nal­trainer ist?
Beim Kaffee ist das weniger komisch, ich habe meine Frau ja gehei­ratet, bevor er Natio­nal­trainer wurde. Unter Natio­nal­trainer Marco van Basten hatte ich auf­ge­hört, in unserer Natio­nalelf zu spielen. Ich kam erst mit meinem Schwie­ger­vater zurück.

In den Nie­der­landen gab es keine Dis­kus­sion, weil der Schwie­ger­sohn vom Schwie­ger­vater auf­ge­stellt wird?
Ich kann mich an keine langen Debatten erin­nern.

Sie hatten selbst kein komi­sches Gefühl?
Ich habe schon Druck gespürt. Man könnte sagen, ich musste die ersten fünf bis zehn Spiele nach­weisen, dass die Mann­schaft mit mir stärker ist.

Sie haben die Prü­fung bestanden?
Die anderen Spieler haben mich schnell akzep­tiert. In den ersten Spielen habe ich Rafael van der Vaart ein Tor auf­ge­legt, dann gegen Nor­wegen selbst eines geschossen. Ich habe gezeigt: Ich meine es ernst.

Wel­cher Job ist für Bert van Mar­wijk denn schwie­riger, seine Enkel, Ihre Kinder, zu bän­digen oder die nie­der­län­di­sche Aus­wahl?
Hmmm, Fuß­ball­spieler und selbst Natio­nal­spieler sind manchmal auch wie Kinder. Aber ich denke, es sind alle drei van Bom­mels, die am Ende doch etwas mehr Mühe bereiten.

Ihre Söhne haben das Talent vom Vater?
Beim Kin­der­tur­nier hier im Mann­schafts­hotel waren sie dabei. Ihr Opa hat drei Bein­schüsse von Thomas gesehen. Sie haben 5:0 gewonnen. Da war er zufrieden.

Kann ein Spieler wie Sie Vor­bild sein, der als Aggressiv-Leader“ gilt und als Groß­meister des tak­ti­schen Fouls?
Es ist schon gut, wenn sie man­ches nicht sehen. Wenn es hitzig zugeht, finden Dinge auf dem Rasen statt, die du sonst auch nicht machst.

Man denkt als Vater über so etwas nach?
Ja sicher. Die Kinder sollen das auf dem Trai­nings­platz nicht nach­ma­chen. In der Hektik auf dem Platz denkst du da nicht drüber nach, aber später schon.

Sie haben den Ruf, ein Rüpel zu sein, der schon mal hin­langt.
Jedes Team hat solche Spieler. Ich habe noch nie­manden aus den Schuhen getreten.

Es geht darum, mal ein Zei­chen zu setzen?
Die Mann­schaft braucht manchmal einen Push, wenn wir ein Spiel noch drehen wollen. Um das einmal klar­zu­stellen: Ich bin kein bös­ar­tiger Spieler. Aber es gab Momente, die hätte ich im Nach­hinein gerne anders gelöst.

So wie eben, als Sie für das Fern­sehen auf Cam­ping­stühlen vor einem oran­ge­far­benen Zelt saßen?
Das war fürs Kin­der­fern­sehen. Die lassen sich für jede Sen­dung etwas anderes ein­fallen. Bei uns Zuhause ist das Pro­gramm ein Hit. Alle schauen das.

Ist das nicht ein Kli­schee: Alle Nie­der­länder lieben Cam­ping und fluten ganz Europa mit Wohn­wagen und Frit­teusen?
(lacht) Ich ver­rate Ihnen was, ich war noch nie beim Cam­ping. Ich mag es ein­fach nicht. Eben war das erste Mal.

Wie ist es mit dem Kli­schee, die Nie­der­länder spielen immer schön…
…und gewinnen nichts. Das hängt auch mit unserer Kultur zusammen. Bei uns heißt es, du musst schön spielen und gewinnen, dann sind die Leute zufrieden. Wenn du nur gewinnst, sind sie das nicht.

Das passt zur Dis­kus­sion, ob im Spiel der Mann­schaft nicht zu viel Sicher­heits­denken Ein­fluss gewonnen hat?
Wir wollen immer angreifen und nach vorne spielen. Aber wir haben viele Spieler im Aus­land, und dort geht es zuerst einmal darum, zu gewinnen, egal wie. Das mischt sich dann und wir ver­su­chen, die beiden Dinge zu kom­bi­nieren, wenn wir uns treffen. Aber Sie haben recht, es bleibt ein Zwie­spalt, einer zwi­schen den Rea­listen und den Roman­ti­kern im Land.

Wird die Spiel­weise bei der EM anders?
Viele Spieler haben auch das andere Gen. Wir wollen Zau­ber­fuß­ball spielen, wenn es geht, keine Frage, aber wir wollen zuerst gewinnen und das mit einer Taktik, die uns die größte Chance dazu bietet.

Es ist lange her, dass die Nie­der­lande den letzten Titel gewonnen haben.
Das stimmt. 1988, das sind fast 25 Jahre. Aber wir stehen auf dem Stand­punkt: Wenn wir mit unserem Fuß­ball die Welt ver­än­dern, dann ist es ok, wenn wir im Halb­fi­nale aus­scheiden. Wir wollen natür­lich den Titel, aber keiner ver­langt das.

Sie haben Arjen Robben geraten, zumin­dest dar­über nach­zu­denken, die Bayern zu ver­lassen, weil er im Test­spiel im Trikot der Nie­der­lande gegen die Bayern aus­ge­pfiffen wurde?
Ich war ein­fach sehr ent­täuscht. Ich habe hier vier­ein­halb Jahre gespielt und so etwas noch nie erlebt. Ich habe das sicher aus der Emo­tion heraus gesagt. Aber Arjen ist eine starke Per­sön­lich­keit, und wir helfen ihm, das zu ver­gessen und wir schauen auf uns und nicht auf andere.

Ein Wort zur deut­schen Mann­schaft?
Wollen Sie jetzt hören, dass sie eine starke Mann­schaft haben?

Zum Bei­spiel.
Sie haben eine starke Mann­schaft, aber wir wollen gewinnen. Und wir sind stark genug. Anders als beim 0:3 in Ham­burg. Das war ein Heim­spiel und wir haben nicht gut gespielt. Das nächste Mal wird das hof­fent­lich anders sein.

Sie haben Ihren Abschied ange­kün­digt, wenn Hol­land die EM 2012 gewinnt.
Das habe ich gesagt, aber ich lasse mir das doch lieber offen.