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Seite 2: „Es sah lächerlich aus, und wir hatten einen Riesenspaß!“

Ein Jahr später, zur Saison 1991/92, wech­selten Sie zu Bayer Lever­kusen. Sie trafen sich mit Reiner Cal­mund?
Nicht zu Beginn. Aber ich erin­nere mich noch an eine Begeg­nung mit ihm. Calli saß gegen­über von mir und meiner Freundin am Schreib­tisch, hatte sich eine große Kra­watte vor das span­nende Hemd gebunden. Die Sekre­tärin brachte ein knappes Pfund Mar­mor­ku­chen herein, wie man ihn heute noch im Super­markt bekommt. Wir hörten ihm zu, er redete und nach einer Zeit schaute ich auf den Kuchen. Nur: Da war keiner mehr, alles weg. Und wir hatten nicht ein Stück gesehen (Lacht.).

Cal­mund holte die ersten Bra­si­lianer in die Bun­des­liga. Jor­g­inho, Ze Elias oder Paulo Sergio, die auf Typen wie Sie, Jens Nowotny und Markus Happe trafen. War Grüpp­chen­bil­dung vor­pro­gram­miert?
Über­haupt nicht. Die Bra­si­lianer waren bescheiden und lustig zugleich, das funk­tio­niert natür­lich in einer Mann­schaft. Der Verein hatte einen Rentner abge­stellt, der Por­tu­gie­sisch sprach und den Bra­si­lia­nern bis auf den Trai­nings­platz folgte. In meinem ersten Jahr habe ich mit Jor­g­inho zusam­men­ge­spielt, der kurz darauf Welt­meister wurde. Meine Güte, der löste als Rechts­ver­tei­diger jede Situa­tion auf, machte Läufe nach vorne. Und später dann: Emerson. Der hatte so eine feine Technik, aber sobald er am Ball war, war er ganz robust und nicht vom Ball zu trennen.

Am Ende der ersten Saison fei­erten Sie als Pokal­sieger einen Ihrer größten Erfolge. Im Finale bezwangen Sie Her­thas Ama­teure mit 1:0.
Da war Druck auf dem Kessel. Wir konnten etwas gewinnen und wir wussten um die Chance, aber die Sym­pa­thien in der Stadt waren natür­lich klar ver­teilt. Ich bin raus­mar­schiert und habe ver­sucht, das Spiel zu gewinnen. So ein­fach ist das.

Wie fei­erten Sie den Pokal­sieg?
Wir haben extrem gefeiert (Lacht.). Auf dem Fest­ban­kett trugen wir Anzüge mit karierten Hemden. Es sah lächer­lich aus, und wir hatten einen Rie­sen­spaß!

1992 waren Sie in den Kader der Natio­nal­mann­schaft gerückt und fuhren als jüngster Spieler mit zur EM. Wie erging es Ihnen im Mann­schaftsbus voller Welt­meister?
Das war sehr schwierig. Das waren alle­samt Platz­hir­sche, viele hatten 1990 dem Welt­meis­ter­kader ange­hört, mir wurde nichts geschenkt. Ich war 19 Jahre alt, die Nächst­äl­teren waren Stefan Effen­berg, Mat­thias Sammer und Andi Möller – die waren aber fünf Jahre älter als ich. Ich war das Nest­häk­chen, und mir fehlte das Pen­dant.

Mit wem ver­brachten Sie ihre Zeit?
Bei uns saßen Bodo Ill­gner, Michael Schulz, Michael Front­zeck und Jürgen Kohler. An den Tisch mit Lothar Mat­thäus, Andi Brehme und Rudi Völler hätte ich mich zu dieser Zeit nicht getraut.

Jeder schwärmt von inter­na­tio­nalen Tur­nieren. Konnten Sie es genießen?
Ich war in der Mühle. Das war die beste Mann­schaft, mit der ich je gespielt habe, auch sport­lich fand ich keinen Anschluss. Weil ich so jung war, verlor ich das Selbst­be­wusst­sein und wurde im Trai­ning immer schlechter. Da bin ich an Grenzen gestoßen. Die EM war eine harte Schule, hat aber für ein dickes Fell gesorgt.