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Mai­land oder Madrid!

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Von fast jeder seiner zahl­rei­chen Aus­lands­sta­tionen hat Heiner Back­haus ein Trikot mit­ge­bracht. Für uns öff­nete er seinen Tri­kot­koffer. Das und noch mehr lest ihr im 11FREUNDE Spe­zial Legio­näre“. Hier bei uns im Shop erhält­lich.

Heiner Back­haus, sind Sie ein Wel­ten­bummler?
Das würde ich nicht sagen. Ich habe nie gebum­melt. Ich lag nie in Ko Samui in der Hän­ge­matte, war nie als Back­pa­cker in Aus­tra­lien unter­wegs. Bei all meinen Sta­tionen ging es pro­fes­sio­nell zu. Kör­per­liche Fit­ness und ein gesunder Lebens­wandel waren stets die Grund­vor­aus­set­zungen. Ich war immer ein abso­luter Voll­profi. Ich habe nie geraucht, nie exzessiv Alkohol getrunken.

Kein Wel­ten­bummler also. Den­noch haben Sie in zahl­rei­chen Län­dern der Welt gespielt. Wie sollen wir Sie dann nennen?
Ich würde mich als Ground­hopper bezeichnen. Ich liebe Sta­dien und Fan­kul­turen. Wenn ich im Urlaub einen Flut­licht­mast ent­decke, zieht der mich magisch an. Ich kann jeden Fan­ge­sang aus Argen­ti­nien mit­singen. Ich bin immer aus Liebe zum Fuß­ball in ein Land gegangen, um bei Null anzu­fangen, den Fuß­ball in seiner ursprüng­lichsten Form zu erleben.

Klingt roman­tisch.
Ich habe Fuß­ball nie als Geschäft ver­standen. Ich bin nicht wegen des Geldes nach Saudi-Ara­bien gegangen. Ich war ein Rei­sender in der Welt des Fuß­balls.

Für unser 11FREUNDE Spe­zial zum Thema Legio­näre“ haben wir gemeinsam einen Blick in Ihren Tri­kot­koffer geworfen. Wie war es für Sie, den Koffer vom Dach­boden zu holen?
Als ich die Tri­kots vor­sor­tiert habe, kam gerade meine Frau von der Arbeit nach Hause. Sie fragte mich, warum ich denn so grinse. Da sagte ich: Schatz, ich habe gerade eine Welt­reise gemacht.“

Heiner Back­haus, 39

Heiner Backhaus 0324
Norman Konrad

War bei mehr Ver­einen aktiv, als Wiki­pedia und Trans­fer­markt auf­zu­listen ver­mögen. Er spielte auf Zypern und Malta, in Hong­kong und Saudi-Ara­bien, in Syrien und im Libanon. 2013 war er an der Grün­dung des Ver­eins Inter Leipzig betei­ligt und begann, dort als Trainer zu arbeiten. Heute trai­niert er den Süd­west-Regio­nal­li­gisten Rot-Weiß Koblenz.

An welche Sta­tion Ihrer Reise haben Sie besten Erin­ne­rungen?
Ich habe nur posi­tive Erin­ne­rungen. Ich bin nie abge­stiegen. Egal bei wel­chem Verein ich heute vor­bei­schauen würde, die Leute würden mich will­kommen heißen. Aber mein Jahr beim FC Valetta auf Malta war ein­fach traum­haft.

Woran lag das?
Es war Liebe pur von dem Moment an, als sie mich am Flug­hafen abholten. Im Anschluss brachten sie mich zum Hafen, um mich dort auf einer Ver­an­stal­tung vor­zu­stellen. Da waren bestimmt 500 Leute. Ich sagte: Sorry for spea­king Eng­lish to you. The only Mal­tese words I know are: Forsh Il Flo­riana.“ Ich wusste gar nicht, was das heißt, aber jemand hatte mir gesagt, das käme sicher gut an. Später erfuhr ich, dass ich mal eben den großen Rivalen belei­digt hatte. Natür­lich ging es im ersten Spiel der Saison direkt gegen Flo­riana. Da brannte die Hütte. Ironie des Schick­sals: Es war das ein­zige Spiel, das wir in dieser Saison ver­loren.

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Sie wurden Meister?
Ja. Und obwohl ich nur ein Jahr dort war, wurde ich in die Mann­schaft des Jahr­hun­derts gewählt. Fast jeder aus unserem Team hat sich damals den Löwen von Val­letta auf den Oberarm täto­wieren lassen. Und wir wurden nicht nur Meister, wir schlugen sogar Juventus Turin.

Wie bitte?
Im Winter gab es auf Malta immer den Bet­fair Cup“, bei dem ein ita­lie­ni­scher Top­klub gegen ein mal­te­si­sches Team antrat. Im Vor­jahr hatte der FC Bir­ki­kara mit 0:10 gegen den AC Mai­land ver­loren. Wir trafen dann 2008 auf Juve. Der Kern der Mann­schaft bestand aus den Welt­meis­tern von 2006: Buffon, Chiel­lini, Iaquinta, Del Piero, Camo­ra­nesi. Im Sturm Tre­ze­guet. Nach dem frühen 1:0 für Juventus rech­neten wir damit, uns jetzt auch zehn Dinger zu fangen. Mir ging es eigent­lich nur noch darum, ein cooles Trikot zu ergat­tern. Doch mit dem Halb­zeit­pfiff erzielten wir das 1:1. In der zweiten Halb­zeit war es nur noch Kampf, wir ret­teten irgendwie das Unent­schieden in die Ver­län­ge­rung und schließ­lich kam es zum Elf­me­ter­schießen, Wir gewannen. Das Sta­dion stand natür­lich Kopf.

Noch heute könnte ich mich auf Malta voll­fressen, ohne einen Euro zu bezahlen“

Und anschlie­ßend wurde groß gefeiert?
Nach dem Spiel wurden wir durch die Straßen getragen. Erst mor­gens um fünf tor­kelte ich ins Taxi und fuhr an der Strand­pro­me­nade ent­lang nach Hause. Und wen sah ich da beim Joggen? Pavel Nedved! Ich war stern­ha­gel­voll und er schon bei der Rege­ne­ra­tion. Da habe ich mich richtig ama­teur­haft gefühlt.

Klingt nach einem his­to­ri­schen Tag.
Jedes Jahr am 8. Januar erhalte ich etliche Nach­richten, weil sich dann der Sieg gegen Juve jährt. Dass Val­letta, der Klub der ein­fa­chen Leute, das große Juventus schlägt, war unfassbar. Zusammen mit der Siege of Malta, bei der die mal­te­si­schen Ritter die Türken ver­trieben haben, ist das der größte Tag für die Stadt. Noch heute erkennen mich die Leute, wenn ich in Val­letta durch die Straßen gehe. Ich würde behaupten, dass ich mich dort ohne einen Euro zu bezahlen voll­fressen und fett­leibig sterben könnte.

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Ging es überall so para­die­sisch zu?
Von wegen. Als ich in Saudi-Ara­bien spielte, herrschten dort Tem­pe­ra­turren von bis zu 50 Grad. Ich schwitzte wie nie zuvor. Im Sommer fuhren wir ins Trai­nings­lager, dorthin, wo es zumin­dest etwas kühler war: nach Ägypten. Unter­ge­bracht waren wir in einem Mili­tär­kom­plex in Alex­an­dria. Wir trai­nierten dreimal am Tag. Es gab keinen Inter­net­zu­gang. Das Ein­zige, was wir von der Außen­welt mit­be­kamen, war die Fern­seh­über­tra­gung der Olym­pi­schen Spiele in Athen. So habe ich Ara­bisch gelernt.

In der Jugend haben sie bei Schalke und Werder Bremen gespielt. Warum haben Sie als Spieler in Deutsch­land nie den Durch­bruch geschafft?
Wenn ich nicht spielte, wurde ich unge­duldig. Ich liebe den Fuß­ball so sehr, ich will unbe­dingt spielen. Zudem rea­li­sierte ich irgend­wann, dass es für die Bun­des­liga nicht rei­chen würde. Also stellte ich mir die Frage: Willst du dich in der zweiten oder dritten Liga kaputt machen lassen, wenn du durch den Fuß­ball die ganze Welt ent­de­cken kannst?“

Also ent­schieden Sie sich für Letz­teres und zogen los?
Genau. Eher zufällig fand ich auf Zypern einen Verein, der mich unter Ver­trag nahm. Dort habe ich gelernt, dass Fuß­ball wieder Spaß machen kann. Im Anschluss über­ließ ich mich dem Zufall. Ich lan­dete im Libanon, in Syrien, in Hong­kong, auf Malta.

Wenn du in Zypern ein Spiel ver­lierst, hängt die Fahne eine Woche lang auf Halb­mast“

Haben Sie nie das Bedürfnis ver­spürt, an einem Ort, der Ihnen beson­ders gut gefallen hat, länger zu bleiben?
Natür­lich hätte ich zum Bei­spiel ewig auf Malta bleiben können. Aber ich wollte mich als Mensch wei­ter­ent­wi­ckeln, neue Spra­chen lernen, Netz­werke auf­bauen.

Mitt­ler­weile sind Sie als Trainer tätig, aktuell beim Regio­nal­li­gisten Rot-Weiß Koblenz. Pro­fi­tieren Sie in Ihrer Arbeit von Ihren Aus­lands­er­fah­rungen?
Sehr. Ich spreche mitt­ler­weile sieben Spra­chen, habe unter top Trai­nern mit den unter­schied­lichsten Methoden gespielt. Aber vor allem habe ich gelernt, was Demut heißt. Wenn du in Zypern ein Spiel ver­lierst, hängt die Fahne eine Woche lang auf Halb­mast. Da kommt kein Video­ana­lyst, der dir deine Fehler auf­zeigt. Da kommen vier Leute, bei denen man froh ist, dass sie keinen Gum­mi­knüppel dabei haben. Mit diesen Erfah­rungen im Kopf ver­suche ich, meinen Spie­lern vor allem Demut zu ver­mit­teln.

Wie gelingt das?
Wir leben hier in einer abso­luten Kom­fort­zone, die man ohne Erfah­rung im Aus­land oft gar nicht rea­li­siert. Natür­lich ist es wichtig, dass man unzu­frieden ist, wenn man nicht spielt. Aber ich kann eben auch Erfah­rungen wie diese wei­ter­geben: Ich habe bei Ver­einen gespielt, da habe ich jedes Spiel gemacht, die Fans haben mich geliebt, aber der Verein hat sechs Monate lang kein Gehalt gezahlt. Was ist dir da lieber, mein Freund?

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