Die DFL plant offenbar ab der Saison 2017/18 die weitere Zerflückung des Bundesliga-Spieltags. Damit verpasst sie ihrem Premiumprodukt einen weiteren Sargnagel, meint unser Autor Benjamin Kuhlhoff.
Schon mal den Namen Abel Hernandez gehört? Oder Brown Ideye? Nein? Aber zumindest der Name Enner Valencia müsste geläufig sein. Auch nicht? Erstaunlich, dann behalten sie die Namen aber bitte kurz im Kopf. Sie werden wichtig sein, um besser zu verstehen, warum die Bundesliga sich vielleicht bald überflüssig macht.
Aber der Reihe nach: 3,1 Milliarden Euro pro Jahr sind viel Geld. Diese Summe aus dem Fernsehgeldtopf wird jährlich unter den Klubs der Premier League in England untereinander aufgeteilt. Zum Vergleich: Alle Bundesligaklubs bekommen laut aktuell laufendem Vertrag zusammen knapp 2,5 Milliarden Euro garantiert. Allerdings auf vier Jahre verteilt. Die Lücke ist gravierend und für die DFL sogar so alarmierend, dass sie sich nun gezwungen sieht, den ehemals heiligen Bundesligasamstag mit „unpopulären Maßnahmen“ (Zitat DFL-Boss Christian Seifert) umzubauen. Konkret heißt das, dass zwar die Hälfte aller Begegnungen weiterhin am Samstagnachmittag um 15:30 Uhr laufen werden, die DFL allerdings vom Bundeskartellamt prüfen lässt, ob man ab der Saison 2017/18 fünf Montagsspiele (20.15 Uhr) und fünf zusätzliche Partien am Sonntag (13.30 Uhr) einbauen und damit den Spieltag bis zur Unkenntlichkeit zerstückeln darf. Damit soll die Bundesliga attraktiver werden für Fernsehsender, die ihre Milliarden über die Weltmeisterliga auskübeln sollen. Das ist zumindest der Plan.
Ohne Markt kein Wettbewerb
Doch die DFL macht damit einen Fehler. Denn eine Liga wird durch die stumpfe Zerlegung in möglichst viele Einzelspiele nicht unbedingt attraktiver. Im Gegenteil: Für Fans wird sie zum Albtraum. Wenn außerdem der FC Bayern als Branchenprimus den Wettbewerb wie in den vergangenden Jahren nahezu nach Belieben dominiert und weiter dank Strahlkraft und Festgeldkonto das einzige internationale Ausgängeschild der Liga bleibt, wird das Interesse der Menschen auf der Welt am schnöden Ligaalltag stagnieren. Oder gar sinken. Wer langweilt sich schon gern?
Andererseits ist es fraglich, dass man für viele Einzelspiele tatsächlich mehr Geld bekommt. Natürlich schielt man auf die Auslandsvermarktung, dass sich aber in China die Menschenmassen vor den Fernseher klemmen, um Augsburg gegen Köln zu schauen, ist zumindest eine gewagte These. Und solange es hierzulande nur einen Bewerber um die Übertragungsrechte gibt, wird sich der Preis nicht in Premier-League-Sphären steigern lassen, sondern auf dem jetzigen, ohnehin schon ordentlichen Niveau, bleiben. Dass es erstmal einen echten Markt mit dazugehörigem Wettbewerb braucht, um Preise überhaupt entwickeln zu können, sollte selbst der letzte Marketingassistent in der DFL-Zentrale schon mal gehört haben.
Warum ist die Premier League das große Vorbild?
Doch viel erstaunlicher ist, dass sich offenbar niemand ernsthaft die Frage zu stellen scheint, warum man eigentlich unbedingt die Lücke zur Premier League schließen muss. Zu einer Liga, die seit Jahren in Champions und Europa League einen Nebenrolle spielt. In der sich seit noch viel mehr Jahren die gleichen vier Teams um die Meisterschaft kabbeln und alle anderen mit weitem Abstand hinter sich lassen. Einer Liga, die für Aufsteiger aus der zweiten Liga oft zum Todesurteil wird, weil sie von Etats, Auflagen und dem eigenen Größenwahn erdrückt werden. Die unter die Fans auf der Insel längst als Ausgeburt des Teufels gilt, was dazu führt, dass sie den Stadien fernbleiben und sich neue Klubs in den unteren Ligen suchen. Oder sich enttäuscht wichtigeren Dingen zuwenden. Eine Liga, die immer mehr zur Touristenattraktion und Spielwiese für Neureiche wird. Die offenbar wahnsinnig macht.
Womit wir wieder bei Abel Hernandez, Brown Ideye und Enner Valencia wären. Die wurden im vergangenen Sommer allesamt für mindestens zehn Millonen Euro zu ihren Klubs Hull (Hernandez), West Brom (Ideye) und West Ham (Valencia) geholt und waren damit mindestens doppelt so teuer wie ihr taxierter Marktwert. Doch dummerweise wurden sie durch ihre absurd hohe Ablösesumme nicht absurd besser, sondern blieben die mittelmäßigen Spieler, die sie sind.
Ist das Gras wirklich grüner?
Nur weil man als Klub mehr Geld zur Verfügung hat, werden die Spieler, die man holt keinesfalls besser. Sie werden lediglich teurer. Durch das viele Fernsehgeld wird also der Wettbewerb nicht spannender, spektakulärer oder schillernder, es bildet sich eher eine Mehrklassengesellschaft, bei der selbst der Tabellenletzte nicht mehr weiß, wo er mit seinem Geld hin soll.
Deswegen sollte die Liga endlich aufhören zu jammern, dass das Gras da drüben in England so viel grüner sei, sondern die Chance erkennen, britische Topklubs durch clevere Vereinsführung als lukrative Einnahmequelle zu nutzen. Man kann Mainz 05 nur gratulieren, dass sie für Shinji Okazaki elf Millionen Euro aus Leicester überwiesen bekommen haben. Und auch bei Hannover wird man sich an Joselu wahrscheinlich in zehn Jahren nur noch erinnern, weil ein Klub wie Stoke City acht Millionen Euro für ihn bezahlt hat. Wenn man dieses Geld in Infrastrukturen und Nachwuchsarbeit ist es für mittelgroße Klubs ganz sicher sinnvoller angelegt, als in einen einzelnen Spieler.
Mal ehrlich, niemand braucht ein Montagsspiel, niemand braucht sonntags um 13:30 Uhr das Duell Ingolstadt gegen Hertha BSC und niemand braucht 10-Millionen-Männer wie Abel Hernandez im Kader von Darmstadt 98. Sollte es soweit kommen, ist die Bundesliga vielleicht steinreich und mächtig stolz auf die eigene Leistung. Dabei sollte sie bereits heute stolz sein, eine sehr lebendige Fankultur und halbwegs gesunde Klubs zu haben, statt nach immer mehr zu gieren. Wenn die Verantwortlichen das nicht begreifen, wird die Bundesliga in Zukunft leider ziemlich egal sein. Weil wir Fans nur noch mit dem Kopf schütteln und uns wichtigeren Dingen zuwenden werden.