Benjamin Hübner kommt aus der Fußballprovinz und aus einer Fußballfamilie. In der Provinz Sinsheim setzt er gerade zum großen Sprung an.
Ob Benjamin Hübner jemals Champions League spielen würde? Vor wenigen Jahren, als er mit dem VfR Aalen im Tabellennirwana der zweiten Liga stand, sah es danach wahrlich nicht aus. Mittlerweile greift Hübner mit der TSG Hoffenheim nach Europa.
Die Jugend von Benjamin Hübner dürfte ziemlich entspannt gewesen sein. Sein Vater, der frühere Bundesligaprofi und heutige Manager von Eintracht Frankfurt, genoß in Wehen den Ruf einer lebende Fußball- oder zumindest Heimatlegende genoß. Immerhin hatte Bruno mit dem 1. FC Kaiserslautern im UEFA-Pokal gegen Real Madrid gespielt. Und später den SV Wehen von der Kreisklasse in die Landesliga geschossen.
Samstags Zweite – Sonntags Bank
Auf diesem Sockel gründete auch der spätere Erfolg der neugegründeten Fußball-Abteilung SV Wehen-Wiesbaden. Und dort spielte eben auch Brunos Sohn: Benjamin Hübner. Samstags bei der Zweiten. Sonntags dann auf der Bank der Ersten in der Zweiten Liga. Kann ein Fußball-Wochenende entspannter verlaufen?
Doch die Karriere von Benjamin Hübner ist alles andere als entspannt. Sie ist detailliert geplant und zeigt auch, dass es sein Vater bestens versteht, die Karrieren seiner drei Söhne perfekt zu forcieren. Der älteste Sohn Christopher hat seine Karriere in Wiesbaden beendet. Florian greift in Hannover an. Die weiteren Stationen für Benjamin: VfR Aalen, FC Ingolstadt und TSG Hoffenheim. Immer wieder Fußballprovinz. Immer wieder Erfolg.
Taktik – Training – Spieler
Seinen persönlichen Erfolg aber nur mit intelligenten Wechsel zu erklären, ist viel zu einfach. Bereits in Ingolstadt mauserte sich Hübner zu einem der besten Innenverteidiger der zweiten Liga und stieg 2015 in die Bundesliga auf. Und auch der Wechsel zur TSG Hoffenheim passt ins Profil – des Vereins. Schließlich organisierte sich die TSG im Sommer zahlreiche Spieler, die nicht auf allen Wunschzetteln der Bundesligisten standen. Sandro Wagner aus Darmstadt. Kerem Demirbay aus Hamburg. Kevin Vogt vom 1. FC Köln.
Ob es die taktische Intelligenz von Trainer Julian Nagelsmann ist, die aus solchen Spieler die wenigen Extraprozente herauskitzelt. Oder doch das abwechslungsreiche, fordernde Training. Oder ob es an den Spielern liegt. Vermutlich ist es ein Mix aus allen Faktoren. Benjamin Hübner hatte zu Saisonbeginn trotzdem seine Probleme mit der neuen Situation. Und saß in den ersten fünf Spielen der Saison auf der Tribüne. „Das war natürlich eine neue Situation für mich“, sagte Hübner gegen über der Rhein-Neckar-Zeitung.
Gegenüber 11FREUNDE gestand Hübner, dass er einige Wochen brauchte, bis er die einzelnen Trainingsübungen unter Nagelsmann überhaupt so richtig begriffen hätte. Mittlerweile hat er das. Und ist unverzichtbar für die TSG Hoffenheim geworden. Zusammen mit Vogt und dem scheidenden Niklas Süle bildet Hübner die gewaltige Dreierkette in Hoffenheim.
Eine Abwehrformation, die in diesem Jahr von zahlreichen Mannschaften ausprobiert wurde. Schalke, Wolfsburg, Mönchengladbach versuchten es. Und verwarfen es wieder. Nur in Hoffenheim geht das Konzept auf. Vielleicht liegt es an der taktischen Intelligenz des Trainers. Vielleicht am abwechslungsreichen Training. Vielleicht an den Spielern. Vermutlich ist auch da ein Mix.
Extreme Steigerung
„Er ist es gewohnt, aggressiv und hoch zu verteidigen, was sehr gut zu unserer Spielidee passt“, hatte Alexander Rosen, Direktor des Profifußballs in Hoffenheim, bei der Verpflichtung des Spielers gesagt. Und: „Er ist äußerst kopfballstark und eröffnet uns als Linksfuß im Spielaufbau außerdem mehr Möglichkeiten.“
Tatsächlich legt kaum eine andere Mannschaft in der Bundesliga so viel Wert auf die Spieleröffnung aus der Abwehr heraus wie die TSG Hoffenheim, deren Verteidiger zugleich aber auch schnell und präzise den Ball nach vorne spielen sollen. Fähigkeiten, die zu Beginn nicht zum Standard-Repertoire des Benjamin Hübners gehörten. Aber er hat sich – mal wieder – extrem gesteigert.
Ein Platz wird frei
„Ich habe ihm zugetraut, dass er eine bessere Rolle spielt als zu Beginn, aber diese Entwicklung habe ich ihm nicht zugetraut“, gestand auch Trainer Nagelsmann ein. Seit dem sechsten Spieltag ist Hübner zweifellos Stammspieler in seinem System. Weil er sich im Passspiel und im Spielverständnis wesentlich verbessert hat. Und mit seiner Zweikampfstärke, seinem Timing gegen den Ball und seiner Lufthoheit die einzige funktionierende Dreierkette der Bundesliga zusammenhält.
Julian Nagelsmann fasst zusammen: „Er ist ein außergewöhnlich guter Verteidiger, spielt aggressiv und haut auch mal dazwischen.“ Außergewöhnliche Verteidiger dürfte die TSG Hoffenheim in der kommenden Saison sowieso suchen, wenn Abwehrchef Niklas Süle zum FC Bayern geht. Und Hoffenheim mit Hübner nach Europa greift.