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Der Film The Dark Knight“ gilt als einer der bes­seren der zahl­losen Super­hel­den­filme der ver­gan­genen Jahre. In einer iko­ni­schen Schluss­szene ver­tei­digt Bat­mans Gefährte Com­mis­sioner Gordon den schwarzen Rächer. Batman ist der Held, den Gotham ver­dient, aber nicht der, den es gerade braucht.“

Ähn­li­ches dürfte sich halb Europa am Sonn­tag­abend wäh­rend des EM-Finales gedacht haben: Diese lang­wei­lige, defensiv geprägte Partie war genau das Finale, das diese EM ver­dient hat – es war aber nicht das Finale, das wir Zuschauer gerade gebraucht haben.

Sis­soko der freie Mann

Beide Trainer änderten ihre Taktik im Ver­gleich zum Halb­fi­nale nicht. Die Por­tu­giesen begann das Spiel in einem 4 – 3‑1 – 2‑System, besser bekannt als Raute. Mit vier Spie­lern im Mit­tel­feld­zen­trum wollten sie das Zen­trum kon­trol­lieren. Gast­geber Frank­reich lief in einem 4 – 2‑3 – 1‑System auf das Feld.

Von Beginn weg agierte Frank­reichs Dop­pel­sechs äußerst tief. Die Fran­zosen bauten so das Spiel aus der eigenen Hälfte auf und blieben dabei sogar hinter den por­tu­gie­si­schen Stür­mern.

Dadurch ent­zogen sie sich dem engen Mit­tel­feld der Por­tu­giesen, zudem standen sie stabil gegen Konter. Das Pro­blem: Zugleich hatten sie dadurch recht wenig Prä­senz vor dem Ball. Paul Pogba und Blaise Matuidi hatten schlicht keine Anspiel­sta­tionen. Por­tugal konnte tief warten, Frank­reich kam selten nach vorne.

Für Schwung sorgte Moussa Sis­soko. Der Rechts­außen inter­pre­tierte seine Posi­tion sehr frei, zog häufig ins Zen­trum. Er brachte die sehr mann­ori­en­tierte Defen­sive der Por­tu­giesen durch­ein­ander. Ab und an wech­selte er sogar auf die halb­linke Seite und suchte dort die Kom­bi­na­tionen mit Dimitri Payet. In diesen Situa­tionen konnte Frank­reich eine Über­zahl auf der linken Seite bilden und Geschwin­dig­keit auf­nehmen.

Ronaldo-Wechsel bedingt Tak­tik­wechsel

Das Spiel ver­än­derte jedoch recht schnell sein Gesicht. Super­star Cris­tiano Ronaldo musste den Platz bereits in der 25. Minute unter Tränen ver­lassen. Por­tu­gals Trainer Fer­nando Santos nutzte dies, um früh seine Taktik umzu­stellen.

Anstelle von Ronaldo kam Außen­stürmer Ricardo Qua­resma. Er besetzte die Rechts­au­ßen­po­si­tion, Joao Mario wech­selte aus dem halb­linken Zen­trum auf den linken Flügel. Por­tugal ver­tei­digte nun in einem 4 – 1‑4 – 1‑System – und stand gegen den Ball noch kom­pakter. Sie ver­loren nun nicht mehr die eigene Kom­pakt­heit, wenn Sis­soko die Seite wech­selte, son­dern konnten ihn mit einem zusätz­li­chen Mann im Mit­tel­feld besser ver­folgen.

Zugleich verlor Por­tugal mit dem Ronaldo-Wechsel seine ein­zige poten­ti­elle Offen­siv­ge­fahr. Nanis Stärken als Dribbler kamen als ein­ziger Stürmer über­haupt nicht in Erschei­nung. Qua­resmas Flü­gel­läufe ver­liefen ins Nichts, da Por­tugal keinen Abnehmer für Flanken im Sech­zehner hatte. Por­tugal wusste dem­entspre­chend noch weniger mit dem Ball anzu­fangen als Frank­reich. Sie ließen ihn laufen, in der Hoff­nung, es tut sich irgend­wann eine Lücke auf. Nur das tat sie nicht.

Abnut­zungs­kampf

Es ent­stand gerade in der zweiten Halb­zeit ein defensiv geprägter Abnut­zungs­kampf. Kein Team wagte es, mit mehr als vier Angrei­fern ins geg­ne­ri­sche Drittel vor­zu­rü­cken. Nur ab und an trauten sich die fran­zö­si­schen Außen­ver­tei­diger nach vorne und besetzten die letzte Linie.

Ein wirk­lich offen­sives Spiel über die Flügel gab es aber nicht. Por­tugal musste nie Flü­gel­wechsel befürchten, dadurch konnten sie stets ballnah ein­rü­cken und das Spiel kom­pakt halten.

Einzig die Wechsel brachten etwas Schwung ins Spiel. King­sley Coman (58., für Payet) drib­belte die linke Seite ent­lang und hatte einige gute Szenen. Seine Rolle als drib­belnder Links­außen ergänzte sich gut mit den Über­zahlen, die Sis­soko her­stellte.

Mit Andre-Pierre Gignac kam ein fri­scher Stürmer, der etwas mehr Bewe­gung in den Straf­raum brachte.

Santos schraubte der­weil weiter an seinem System. Mou­tinho (66., für A. Silva) brachte etwas mehr Ball­si­cher­heit ins Mit­tel­feld. Stürmer Eder sollte wie­derum phy­si­sche Prä­senz in den Straf­raum bringen.

Viel­leicht war das am Ende der ent­schei­dende Unter­schied: Wäh­rend Didier Des­champs nur Spie­ler­typen inner­halb seines Spiel­sys­tems aus­tauschte, passte Santos immer wieder sein System und auch die Spiel­weise seiner Mann­schaft in Details an. Eder wurde mit seinem Tor zum Held des Abends.

Por­tugal ist der Sieger, den diese EM ver­dient

Por­tu­gals EM-Tri­umph wirkt auf den ersten Blick unge­recht­fer­tigt. Die Por­tu­giesen haben selten über­zeugt, sie haben kein ein­ziges Grup­pen­spiel gewonnen, und in der K.o.-Phase gingen drei ihrer vier Par­tien in die Ver­län­ge­rung. Das klingt nicht sehr euro­pa­meis­ter­lich.

Por­tu­gals Titel passt aber zu einer EM, die haupt­säch­lich geprägt war durch Defen­siv­taktik und Kom­pakt­heit. Ab der K.o.-Phase hat Santos seinen Spie­lern ein total defen­sives System ein­ge­trich­tert. Von Spiel zu Spiel passte er seine Mann­schaft dem Gegner an, um stets eine Über­zahl im Mit­tel­feld zu haben. Nur dann können Por­tu­gals Mann­ori­en­tie­rungen greifen.

Dass sich mit Ronaldo der Super­star des Teams bereits in der ersten Halb­zeit ver­letzte, war daher auch kaum ein Pro­blem; er ist für das Herz­stück der Por­tu­giesen, der Defen­sive, nicht ent­schei­dend. Nach seiner Aus­wechs­lung konnten die Por­tu­giesen sogar noch einen Tick defen­siver spielen, die Fran­zosen noch stärker nerven.

Es hat sich bezahlt gemacht: Por­tugal feiert den ersten Titel seiner Fuß­ball­ge­schichte. Und wir Zuschauer können feiern, dass diese über­lange, an Höhe­punkten arme EM end­lich vorbei ist. Es war sicher­lich nicht die EM, die wir ver­dient haben.