Alexis Sánchez ist seit seinem Wechsel zu Manchester United nicht mehr der Alte. Der Klub soll ihn jetzt sogar wieder loswerden wollen. Wie konnte es nur so weit kommen?
Seine Leistungen machten ihn begehrt, und Sánchez war die chronische Erfolglosigkeit Arsenals vor allem auf internationaler Bühne irgendwann leid. Im Sommer vor seinem Wechsel zu United hatte angeblich auch Manchester City ihn haben wollen. Aber der Transfer war geplatzt, weil Arsenal am letzten Tag des Transferfensters einen Rückzieher gemacht hatte – sie hatten nicht rechtzeitig einen Ersatz für ihn auftreiben können.
Also war Sánchez geblieben, allerdings mit der Absicht, dann eben später zu City zu wechseln. Aber die zogen ihr Angebot im Winter zurück – angeblich, weil man Sánchez angesichts seiner hohen Gehaltsforderung nicht mitten in einer herausragenden Saison zum Spitzenverdiener machen wollte. United hatte damit weniger Probleme. Was tut man nicht alles, um den Stadtrivalen beim Bieten um einen heiß gehandelten Star auszustechen?
„Es ist ein großartiges Geschäft für jeden.“
„United und Arsenal haben ein fantastisches Geschäft gemacht“, sagte José Mourinho über den Tausch Sánchez gegen Mkhitaryan. „Ich habe einen fantastischen Spieler verloren. Mister Wenger hat einen fantastischen Spieler verloren. Alexis wechselt von einem fantastischen Klub zu einem gigantischen Klub. Mikhi wechselt zu einem fantastischen Klub. Es ist ein großartiges Geschäft für jeden.“ Wie sich herausstellen sollte, nicht für Sánchez.
Denn statt mit City die Meisterschaft zu gewinnen, ärgert er sich seither bei United herum, wo er nicht so recht in Mourinhos System zu passen scheint und wo die Stimmung angesichts der bislang miserablen Saison gereizt ist. Der „Independent“ berichtete zuletzt mit Bezug auf United-Kreise, Sánchez mache den Eindruck, als sei er „extrem unglücklich“. In seiner Freizeit sitze er vor allem zu Hause, „allein in seinem riesigen Haus, mit seinen Hunden – und dem Regen“.
Gefangen auf einem „Geisterschiff“
Der „Guardian“ schrieb, Sánchez sei ausgezogen, um mit United um die großen Pokale zu spielen, um endlich als einer der Besten dieses Sports wahrgenommen zu werden. Sie haben ihm dort die Nummer Sieben gegeben, die vor ihm Legenden wie Eric Cantona, David Beckham und Cristiano Ronaldo trugen. „Ich glaube, dass man mit diesem Klub alles erreichen kann“, sagte Sánchez bei seiner Vorstellung. Premier League, Champions League, das volle Programm.
Die Realität aber sieht anders aus. Er sei „die Verkörperung des Verfalls des Geisterschiffs Manchester United“, schrieb der „Guardian“ weiter; ein Symbol der exzessiven Verschwendungssucht im Business Profifußball. Zugegeben, das Bild, das der Autor zeichnet, ist eine Portion zu düster. Aber die Frage bleibt: Wie konnte es nur so weit kommen?
Michael Golson ist Journalist und Fan von Manchester United. Er sagt im Gespräch mit 11FREUNDE: „Mein Gefühl ist, dass er seinen Höhepunkt bereits hinter sich hat. Er hat in den vergangenen Monaten wenig gespielt. Und wenn er spielt, dann wirkt er desinteressiert. Wie man hört, hat er Schwierigkeiten, Anschluss an das Team zu finden. Er war immer ein Einzelgänger, und das kann man bei United jetzt sehen.“