Alle finden die Isländer toll. Sind sie ja auch. Trotzdem hat die Begeisterung über den WM-Neuling seine Schattenseiten. Was unter anderem an Bon Jovi liegt.
Leider nur ist längst passiert, was passieren musste. Was immer passiert, wenn etwas recht unerwartet und viel zu euphorisch beginnt. Ob es nun um Anna-Lena und Martin, Bill Clinton oder eben die isländische Nationalmannschaft geht: Der Hype frisst seine Kinder, die da Begeisterung und Sympathie heißen. Das ist nicht schlimm, nervt nur trotzdem schon jetzt kolossal.
Weil es nicht mehr nur Schwärmerei darüber ist, wie toll sie doch sind, diese Isländer. Weil die Schwärmerei zum Geschäftsmodell geworden ist. Und plötzlich imitieren sie selbst auf Dorfplätzen, die mit Island so viel zu tun haben wie Bon Jovi mit Bob Dylan, das ewige Huh. Plötzlich verkleiden sich Comedians, deren letzter guter Gag war, sich selbst Comedian zu nennen, als Wikinger. Plötzlich prügelt sich auch die letzte Tröte der Kapelle ein ‑son an den eigenen Namen. Und wirklich schlimm: Plötzlich spielen sie auch noch alle Fußball wie die Isländer.
Furchtbar unansehnlich
Deren Spielweise, bei aller Begeisterung für den Siegeszug dieses famosen Underdogs, ja vor allem eines ist: furchtbar unansehnlich. Auch wenn es eine erstaunliche Leistung ist, dass das Konzept „Alle Mann hinten rein, lang nach vorn und dann mal schauen, was geht“ in der allgemeinen Wahrnehmung als „Die kämpfen so toll“ aufgenommen wird, bleibt es am Ende doch ein „Alle Mann hinten rein, lang nach vorn und dann mal schauen, was geht“.
Eine Frage des Geschmacks, könnte man meinen. Und es ist ja auch nicht verwerflich, der Erfolg heiligt schließlich die Mittel. Wenn sich nur nicht zeitgleich immer so schrecklich über den Stil der Mannschaften aufgeregt werden würde, die wie Island spielen, nur eben nicht Island sind.
Aber die Menschheitsgeschichte ist eben voller Irrtümer. Und es ist ja auch nur Fußball. Trotzdem, lieber Island-Hype, und um es mit Bon Jovi zu sagen: You Give Love a Bad Name.