Alle finden die Isländer toll. Sind sie ja auch. Trotzdem hat die Begeisterung über den WM-Neuling seine Schattenseiten. Was unter anderem an Bon Jovi liegt.
Die Erde ist eine Scheibe. Es gibt keinen Grund, warum irgend jemand einen Computer in seinem Haus wollen würde. Deutschland wird auf Jahre hinaus unschlagbar sein. Die Menschheitsgeschichte ist voller Irrtümer. Dass das so ist, ist nur nachvollziehbar. Eine Überlebensstrategie, die uns oft genug einschreibt, den Ist- als den ewigen Ideal-Zustand anzunehmen. Dafür braucht es keinen Rosamunde-Pilcher-Charakter im Endstadium. Um das, was war, als überwunden anzusehen und das Jetzt als Glückszustand.
Denken wir uns zurück in das Jahr 1992. Bill Clinton wird zum 42. Präsidenten der USA gewählt, das Rotkehlchen zum Vogel des Jahres und die Band Bon Jovi verzeichnet einen Welthit namens „Bed of Roses“. Denken wir uns in ein Jugendzimmer irgendwo auf diesem Planeten. Denken wir uns in das Jugendzimmer von Anna-Lena, die ein bisschen zu sehr in Martin verliebt ist, und Bon Jovi als den Soundtrack ihrer beider Leidenschaft. Bald entscheidet Anna-Lena, sich ein Tattoo stechen zu lassen, eine Rose. Weil: Bon Jovi wird sie immer toll finden. Das ist mal sicher.
Wie eine Jugendsünde
16 Jahre später ist Anna-Lena mit Christian verheiratet. Drei Kinder. Läuft „Despacito“ im Radio, drehen sie lauter und manchmal auch durch. An Martin hat Anna-Lena seit 15 Jahren nicht gedacht. Das Tattoo, das sie täglich übersieht, nennt sie eine Jugendsünde. Womit wir bei der isländischen Nationalmannschaft wären.
Es ist schick, die Wikinger aus dem Huh super zu finden. Seit der Europameisterschaft vor zwei Jahren hält die Island-Euphorie nun schon an. Die tollen Nordlichter zeigen es den großen Nationen aber eben auch mal so richtig. Ein Land mit der Einwohnerzahl Bielefelds. Und dabei sind sie noch so freundlich. Und der Trainer ist doch Zahnarzt. Und sie haben ein Feen-Ministerium. Und überhaupt sind ja 20 Prozent aller Isländer in Russland bei der WM. Lauter großartige, ganz unbedingt sympathische Geschichten aus der Fußball-Diaspora.