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Seite 2: Hanuta-Bilder von den deutschen Nationalspielern an der Wand

Die Jung­stars wussten: Auf das Wort des Alten können sie sich ver­lassen. Und auch wenn’s weh tut, die Kante aus Hamm sagt ihnen die Wahr­heit. Immer. Und ohne Schnörkel. Kurzum: Der Auf­schwung des deut­schen Fuß­balls nach der WM 2006 ist ohne Horst Hru­besch nicht vor­stellbar, der mit fast allen U‑Mannschaft über die Jahre große Erfolge ein­fuhr.

Als Jérôme Boateng nach der WM 2014 mit dem Pokal nach Hause kam, rief er als erstes seinen alten För­derer an:​„Trainer, ich bin Welt­meister.“ Sollte er auf ein Lob gehofft haben, wurde er ent­täuscht, denn aus Hru­beschs Mund klumpten Worte erneut wie Find­linge:​„Ja, schon klar, aber bei den langen Bällen musst du noch an dir arbeiten.“

Coa­ches, an denen er selbst sich aus­ge­richtet hatte, waren aus anderem Holz geschnitzt. Branko Zebec, ein gei­ge­spie­lender Fein­geist mit sub­tiler sadis­ti­scher Ader, und natür­lich Ernst Happel, der mit einer hoch­ge­zo­genen Augen­braue seinen Män­nern mehr mit auf den Weg gab, als andere Übungs­leiter mit stun­den­langen Mono­logen. 

In der Lüne­burger Heide hat Hru­besch lange Jahre Edel­blut­haf­linger gezüchtet. In der Küche seines Hofs unweit von Uelzen klebten die Hanuta-Bilder deut­scher Profis an der geka­chelten Wand. Und ganz oben – fast wie eine Ziel­scheibe – das Bild­chen von Jogi Löw. Im Gegen­satz zur äthe­ri­schen Laptop-Atmo­­sphäre bei der A‑Mannschaft wirkte Hru­besch in seinem Nach­wuchs­ge­werke stets wie der letzte Mofa­ro­cker aus der Vor­stadt. Den­noch hat er alle Per­so­nal­ro­chaden im Ver­band unbe­schadet über­standen. Einen mit seinem Händ­chen kann man eben nicht eben mal ersetzen. Solche Typen werden heute nicht mehr gebaut.

Die Frauen-Natio­nalelf schloss den bol­le­rigen Grizzly auf Anhieb in ihr Herz

Pfer­de­zucht ist ein Geduld­spiel, aber wer wie er in der Lage ist, glei­cher­maßen Ver­trauen, Zunei­gung und Auto­rität zu ver­kör­pern, bringt es auch in diesem Job zu wahrer Meis­ter­schaft.​„Pferde sind Lebe­wesen“, sagt er,​„da gibt es viele Par­al­lelen zu jungen Men­schen.“ Seiner Gattin Ange­lika hatte er ver­spro­chen, dass er nach den Olym­pi­schen Spielen 2016 – dem letzten großen High­light seiner Lauf­bahn – Schluss mit dem aktiven Fuß­ball machen wolle. Dann aber schied Hansi Flick aus dem Amt als DFB-Spor­t­­di­­rektor und beim Ver­band fiel auf die Schnelle keinem eine bes­sere Lösung ein als: der Lange.

Und als Steffi Jones als Trai­nerin bei der Frauen-Natio­nalelf schei­terte, ließ er sich eben­falls nicht bitten. It’s a dirty job, but someone… Wohl auch, weil ihn der Frau­en­fuß­ball mit den weniger gelackten, boden­stän­di­geren Begleit­um­ständen an seine eigene Zeit als Profi erin­nerte. 

Die Frauen schlossen den bol­le­rigen Grizzly auf Anhieb in ihr Herz. Er nannte sie​„Mädels“, seine​„Kleenen“. Er darf das, schließ­lich könnten alle seine Enke­linnen sein. Hru­besch nahm sie in den Arm, scheuchte sie und wenn es nötig war, trat er sie auch in den Hin­tern. Heute sagt er, dass die Frauen seine Art viel besser abkonnten als manche Männer, dass sein aller­letztes Kapitel in seiner Zeit beim DFB für ihn das schönste gewesen sei, weil die Arbeit mit den Frauen so leicht gewesen sei, weil diese seinen Erwar­tungen von vorn­herein viel mehr ent­spro­chen hätten als die Männer. Echte Typen, sagt er, seien diese Mädels. 

Eigent­lich war damit im Fuß­ball alles erle­digt. Bei der Gattin löste er das Ver­spre­chen ein, auf Welt­reise zu gehen. Er wollte ein Buch schreiben, über Flie­gen­fi­schen. Doch dann kam Corona, das Reisen wurde zum Ding der Unmög­lich­keit und ihm wurde etwas fad. Als HSV-Boss Jonas Boldt ihn anrief und fragte, ob er sich vor­stellen könne, Leiter des Nach­wuchs­be­reichs in Stel­lingen zu werden, schlug er nach kurzer Bedenk­zeit ein. Nicht, weil er unbe­dingt noch etwas gut zu machen hatte bei seinem alten Klub. Nein, son­dern weil er das Gefühl hatte, dass der neue Chef am Volks­park es ernst mit ihm meint – und ihn nicht, wie viele seiner Vor­gänger, nur als Gali­ons­figur miss­brau­chen will.

Das nächste Pro­jekt wartet bereits

Nun feiert Horst Hru­besch seinen 70. Geburtstag – in Amt und Würden und emsig wie eh und je. Andere in seinem Alter spielen Boule, glotzen Fern­sehen oder jäten Unkraut. Er nicht, ihm gefällt das Gefühl, noch mittun zu können und im Zweifel, ein, zwei, drei junge Spieler pro Saison zu den HSV-Profis auf­steigen zu sehen. Damit der gefal­lene Klub nicht nur sport­lich wieder nach vorne kommt, son­dern sich auch von seinem über Jahr­zehnte hart erar­bei­teten Image befreit, nichts besser zu beherr­schen, als sinnlos Geld für Söld­ner­profis zu ver­prassen, denen die Raute sonstwo vorbei geht.

Irgendwie gut, dass er immer noch da ist. Wie lange noch, das bestimmt er ganz allein. Es gibt nichts, was er noch beweisen müsste. Aber fertig hat der Alte ganz bestimmt noch nicht. Und sollte der Cowboy irgend­wann doch gen Wohnort Neu­münster in den Son­nen­un­ter­gang reiten und den aktiven Fuß­ball hinter sich lassen, steht sowieso das nächste Pro­jekt bereits an. Das geplante Buch über die welt­weit schönsten Gewässer zum Flie­gen­fi­schen mit dem unschlag­baren Titel: Fliegen – um die Welt“.

Herz­li­chen Glück­wunsch zum 70sten, Horst Hru­besch. Uns bleibt nur, ein Wort zu sagen: Vielen Dank!