Trotz des Klassenerhalts trennt sich der 1. FC Köln von seinem Sport-Geschäftsführer Horst Heldt. Der Vorstand ist überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, doch die Trennung ist nur der letzte Akt einer chaotischen Saison.
Das Relegationshinspiel gegen den Zweitligadritten Holstein Kiel verdeutlichte erneut die großen fußballerischen Probleme des FC in dieser Saison, war allerdings wenige Tage später nur noch Makulatur. Gegen nicht vollends fitte Kieler gewann der 1. FC Köln das Rückspiel mit 5:1 – entscheidender Mann in dieser Partie war der Schwede Andersson, der einen Doppelpack erzielte. Ansonsten hatte der etwa sieben Millionen Euro teure Neuzugang die meiste Zeit der Saison im Krankenstand verbracht. Das bedeutete auch, dass der FC über weite Strecken der Saison ohne echten Stürmer antreten musste: Simon Terodde war mit einem goldenen Handschlag herauskomplimentiert worden, Anthony Modeste (ausgestattet mit einem beispiellosen Zehn-Jahres-Rentenvertrag) war lange verletzt, bevor er zur Rückrunde nach Frankreich verliehen wurde.
Die Fehler in der Kaderzusammenstellung sind daher in erster Linie dem Geschäftsführer Sport anzulasten, der allerdings auch nicht wirklich von der Vorarbeit seiner Kollegen Jörg Schmadtke und Armin Veh profitierte. Auch deshalb war auf der Pressekonferenz am Montag häufig die Rede von einer „unglücklichen Kaderstruktur“. Große Sprünge auf dem Transfermarkt wird der FC im Sommer nicht machen können, weil natürlich die Auswirkungen der Corona-Pandemie ein tiefes Loch in den Haushalt geschlagen haben. Aber auch durch eigene Fehler hat sich die finanzielle Lage wesentlich verschlechtert: Das Eigenkapital ist schon bald aufgebraucht, der FC hat mehr Schulden gemacht. So weisen es die Geschäftszahlen bis zum 30. Juni 2020 aus.
„Ich habe dem Vorstand gestern mitgeteilt, dass ich die Entscheidung bedauerlich finde“
Ein komplettes Corona-Jahr später dürfte es nicht viel besser aussehen. Die Zahlungsfähigkeit des FC kann aktuell nur durch Kredite und eine Bürgschaft beim Land Nordrhein-Westfalen aufrechterhalten werden. Finanz-Chef Alexander Wehrle, seit längerer Zeit auch kritisch beäugt von Teilen des Kölner Umfelds, soll den Karren allerdings auch in Zukunft aus dem Dreck ziehen – ganz unschuldig an der Lage ist aber auch er nicht.
Ein Satz Wehrles auf der Pressekonferenz ließ ebenfalls aufhorchen, was sein Verhältnis zum Vorstand betrifft. Der ehemalige Stuttgarter sagte nämlich: „Ich habe dem Vorstand gestern mitgeteilt, dass ich die Entscheidung bedauerlich finde und gerne mit Horst Heldt weitergearbeitet hätte. Es hat mich nachdenklich gestimmt, aber ich gehe damit professionell um.“ Nach Veh ist Heldt nun der zweite Geschäftsführer, mit dem Wehrle wohl gerne zusammengearbeitet und für die er sich intern stark gemacht hatte. Die Bilanzen seiner sportlichen Kollegen lesen sich dagegen nicht so erfolgreich.
Denn die Trennung von Heldt unmittelbar nach dem erfolgreich Klassenerhalt überraschte vielleicht in Bezug auf den Zeitpunkt, in der Sache allerdings ist sie durchaus nachvollziehbar. Dem Vorstand, so scheint es, kam diese Gelegenheit wohl auch gerade recht, um kurz vor der wichtigen Mitgliederversammlung am 17. Juni nochmal zu verdeutlichen, dass man zum Handeln bereit ist. Speziell nach dem Fiasko rund um die geplante Verpflichtung des früheren Bild-Journalisten Fritz Esser, der wegen problematischer Tweets und seiner Vergangenheit beim Boulevardblatt schnell Gegenwind von Fans und Mitgliedern des Vereins bekam, sodass der Vorstand die Entscheidung zurücknahm und „Fehler, die beim Auswahlprozess“ gemacht worden seien bedauerte.
Der Last-Minute-Klassenerhalt überdeckt damit nur die tiefgreifenden sportlichen, finanziellen und strukturellen Probleme, mit denen sich der 1. FC Köln in Zukunft auseinandersetzen muss, wenn er langfristig in der Bundesliga bestehen will. Dabei warten auf den Vorstand ebenso große Herausforderungen wie auf die neuen Verantwortlichen im sportlichen Bereich, die in erster Linie günstige und ablösefreie Spieler verpflichten müssen, um den Kader zu verstärken – gleichzeitig stehen auch hier einige Trennungen an. Eins steht dabei fest: Langweilig wird es so schnell nicht am Geißbockheim.