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Horst Blan­ken­burg, in Ams­terdam trägt eine Brücke ihren Namen. Sind schon mal drüber fla­niert?
Ja, frei­lich, so etwas muss man sich ja anschauen. Aber ich bin nicht der Ein­zige, dem diese Ehre zuteil wurde. In einem Neu­bau­ge­biet, dort, wo das alte Sta­dion De Mer“ stand, wurden alle Brü­cken nach den Euro­pa­po­kal­sie­gern von damals benannt. 

Was gelten diese Spieler heute noch in den Nie­der­landen?
Bei aller Beschei­den­heit: Eine ganze Menge. Jede Ajax-Mann­schaft muss sich von Neuem an uns messen lassen. Wir waren schließ­lich die Besten der Welt. 

Der Fuß­ball, den Ajax zele­brierte, gilt vielen als Inbe­griff der Schön­heit.
Ehr­lich gesagt, war das ein Neben­pro­dukt. Wenn Intel­lek­tu­elle in diese Mann­schaft hin­ein­pro­ji­zieren, dass wir Künstler gewesen seien, kann ich nur sagen: In unserer Kabine haben wir keine hoch­tra­benden Dis­kus­sionen geführt. Wir wollten Erfolg haben – unbe­dingt! Und im Gegen­satz zu vielen anderen nie­der­län­di­schen Teams, die in Schön­heit gestorben sind, haben wir diesen Erfolg auch tat­säch­lich gehabt. 

Sie wurden zu einer der zen­tralen Figuren in dieser Erfolgs­ge­schichte – und das, obwohl sie zuvor mit 1860 Mün­chen aus der Bun­des­liga abge­stiegen waren.
Ein gutes Spiel hatten wir ja gemacht, das 3:0 gegen Borussia Dort­mund. Da saßen zwei Ajax-Scouts auf der Tri­büne im Grün­walder Sta­dion und fragten mich hin­terher, ob ich mir vor­stellen könne, zu Ajax zu wech­seln. 

Da sagt man nicht Nein.
So ist es. Doch die Ange­le­gen­heit zog sich, ich musste erst noch meine Ein­be­ru­fung zur Bun­des­wehr abwenden, medi­zi­ni­sche Unter­su­chungen bestehen, und die Ver­eine mussten sich einigen. Erst am 14. Dezember 1970, ein halbes Jahr nach dem ersten Kon­takt, konnte ich end­lich wech­seln. 

Erzählen Sie vom ersten Trai­ning mit Johan Cruyff, Arie Haan und Johan Nees­kens.
Was soll ich sagen? Ich bin nicht vor Ehr­furcht erstarrt. In der Bun­des­liga hatte ich auch schon gegen Seeler, Becken­bauer und Netzer gespielt. 

Aber Rinus Michels wird Ihnen doch Respekt ein­ge­flößt haben.
Er hat mir mit­ge­teilt, dass ich als Libero Nach­folger von Velibor Vasovic werden solle. Das war eine der wenigen Begeg­nungen mit ihm. Er war ein Fuß­ball­weiser mit der Aura eines Schach­groß­meis­ters, aber von Small­talk hielt er nichts. 

Im Sommer 1971 ging Michels zum FC Bar­ce­lona, der Rumäne Stefan Kovacs wurde sein Nach­folger.
Kovacs ist heute ja fast ver­gessen – zu Unrecht! Unter ihm haben wir noch besser gespielt als unter Michels.

Warum?
Bei Michels hatte man Angst, Fehler zu begehen, er war ein Dis­zi­plin-Fana­tiker. Kovacs hin­gegen war eine Froh­natur, er kannte die mensch­liche Unzu­läng­lich­keit und ver­zieh Fehler. Das hatte zur Folge, dass wir uns freier fühlten und die Krea­ti­vität eines Genies wie Johan Cruyff sich erst voll ent­falten konnte.

Worin bestand Cruyffs Genie?
Er war der beste Spieler, den ich je gesehen habe – all­um­fas­send. Als er 1973 Michels nach Bar­ce­lona folgte, war das ein Rie­sen­ver­lust für uns. Daran konnte sein desi­gnierter Nach­folger Jan Mulder nur schei­tern, obwohl er selbst ein über­durch­schnitt­li­cher Spieler war. So gut wie Cruyff zu sein – das war unmög­lich. Aber das Erstaun­lichste an Johan war und ist, dass er trotz seiner Gabe nie auch nur eine Spur von Arro­ganz gezeigt hat. Ich habe ihn als überaus feinen Kerl kennen gelernt.

Das andere Genie im euro­päi­schen Fuß­ball jener Zeit war Franz Becken­bauer – ein Mann, in dessen Schatten Sie zeit­le­bens standen.
Damit kann ich leben. Franz war über­ra­gend, ich hätte kein Pro­blem damit gehabt, für ihn den Aus­putzer zu machen oder mich sogar auf die Bank zu setzen.

Nicht einmal dort durften Sie Platz nehmen.
Ich bin teil­weise selber Schuld. Nachdem ich mit Ajax zum dritten Mal in Folge den Euro­pa­pokal der Lan­des­meister errungen hatte, steckte mir ein Jour­na­list, dass Bun­des­trainer Helmut Schön gesagt habe: Der Blan­ken­burg ist mir noch nie auf­ge­fallen. Ich wüsste nicht, warum ich ihn auf­stellen sollte.“ Ich war natür­lich sauer und ant­wor­tete dem Jour­na­listen: Schön kann mich am Arsch lecken!“ Das blieb nicht unver­öf­fent­licht – und war das Ende meiner Natio­nal­mann­schafts­träume.

Dafür sind Sie der Kaiser“ von Ams­terdam. Auch nicht schlecht.
Soweit würde ich nicht gehen. Aber wenn ich mir ein Ajax-Spiel im Sta­dion ansehe, wissen viele, auch die Jün­geren, wer Horst Blan­ken­burg ist. In Ham­burg, wo ich jetzt lebe, ist das natür­lich anders. Dort muss ich nicht pau­senlos Hände schüt­teln. Aber ich emp­finde das als recht ange­nehm. Ich möchte jeden­falls nicht mit Franz tau­schen.