Dietmar Hopp will mehr. Um die TSG Hoffenheim in der Spitze zu etablieren, unterstützt der Mäzen Projekte in Portugal und Brasilien. Dabei spielen Partner eine Rolle, die lieber schweigen als sprechen.
Es gibt zwei Dinge, die Dietmar Hopp gerne verbindet: seine Fußballbegeisterung und das Geschäft. Am prominentesten setzt der IT-Unternehmer das bekanntlich am Beispiel der TSG Hoffenheim um, die als einstiger Dorfklub in der Bundesliga mitmischt. Doch damit ist es nicht getan – denn ganz oben sind die Kraichgauer eben noch nicht angekommen. Zeit für den nächsten Schritt: Nach 13 Jahren in der höchsten deutschen Spielklasse soll die TSG künftig zum Stammgast im internationalen Geschäft mutieren. „Ich vertrete den Anspruch, dass die TSG dauerhaft auf einem der sechs Plätze an der Spitze stehen soll“, sagte Hopp auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Samstagvormittag.
Dass momentan noch eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft, zeigte sich nur wenige Stunden später: Die TSG unterlag in Stuttgart und rangiert auf Platz 11 – es fehlt also noch etwas zum Glanz der internationalen Bühne. Um dauerhaft europäisch dabei zu sein, setzt die TSG nun womöglich auf neue Wege, die allerdings nicht auf dem heimischen Trainingsgrün beschritten werden, sondern in Portugal und Brasilien. Wie eine „Kicker“-Recherche zeigt, fördern Dietmar Hopp und Mariano Maroto Lopez in beiden Ländern jeweils einen Zweitligisten. In Portugal halten die Partner über die Hobra GmbH & Co. KG Mehrheitsanteile an Academico Viseu, in Brasilien – über eine Tochterfirma Hobras – am Barra Futebol Clube. Hopps Idee könnte es sein, Talente aus dem brasilianischen Raum zu fördern und bei Zeiten nach Deutschland zu lotsen.
Wie der „Kicker“ weiter aufzeigt, bestehen durchaus personelle Verstrickungen zwischen der TSG und den beiden vermeintlichen Ausbildungsklubs, deren Art aber äußerst unübersichtlich bleibt. Um nicht zu sagen: fragwürdig. Mit Sebastian Bacher fungiert beispielsweise ein ehemaliger Mitarbeiter Hoffenheims als Mitglied des Academico-Verwaltungsrates. Das berichtet zumindest die portugiesische Presse. Denn Hoffenheim hält sich bezüglich der beruflichen Verbindung Bachers zur Hobra-Unternehmensgruppe bedeckt und verweist lediglich auf eine für Oktober geplante Bekanntmachung. Ein typischer Vorgang, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt.
Ein Blick, der sich vor allem nach Brasilien und auf die Berateragentur Rogon richtet, deren Inhaber Roger Wittmann als enger Vertrauter Dietmar Hopps gilt. Rogon ist über ein schwer durchschaubares Firmengeflecht mit dem Barra Futebol Clube verbunden. Auch hier dominiert jedoch die Verschwiegenheit. Klar ist immerhin, dass mehrere Personalien mit Rogon-Vergangenheit in leitenden Positionen bei Barra sitzen. So etwa Klub-Präsident Benjamin Pereira Sobrinho, dessen Name auch im Scoutingnetzwerk der Berateragentur zu finden war. Als Rechteinhaber beim Zweitligisten fungiert derweil die Braho Administracao de Bens Ltda., die indirekt zwei Unternehmen zuzurechnen ist, deren Geschäftsführung Dietmar Hopps Sohn Oliver innehat. Auch für den zweiten Sohn des Mäzens ist Platz in dem Geflecht. Bei der ILC Besitz GmbH & Co. KG, einem der beiden übergeordneten Unternehmen, besetzt Daniel Hopp den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden.
Nun ist all das kein Beweis, legt aber immerhin die Kooperation Hoffenheims mit einem von der Beraterfirma Rogon unterstützten Klub nahe. Das muss nicht unbedingt verboten sein. Sollte eine Zusammenarbeit allerdings auf sogenannten Third-Party-Ownerships basieren, in der Berateragenturen die Transferrechte an Spielern erwerben und weiterverkaufen, sähe das anders aus. Die FIFA hat Third-Party-Ownerships schon vor Jahren verboten – um besonders junge Spieler vor einer Art Leibeigenschaft in einem verzweigten Transfersystem zu schützen.
Zweifellos festzustellen ist zum jetzigen Zeitpunkt, dass Rogon in den offiziellen Mitteilungen der TSG nicht auftaucht. So auch auf der Mitgliederversammlung am Samstag. Nachdem Hopp die neuen Ziele formuliert hatte, kam laut TSG-Mitteilung Hobra-CEO Mariano Maroto Lopez zu Wort. Dessen Vortrag „zu den kürzlich angeschobenen Projekten im Süden Brasiliens sowie in Portugal“ gehörte zu den zentralen Programmpunkten. Es scheint, als solle der nächste brasilianische Star seinen Weg über Barra in den Kraichgau finden, Zwischenstation Viseu nicht ausgeschlossen. Trotzdem verbleibt vieles im Verborgenen. Dazu passend eine Mitteilung der Hobra: „Das Projekt wird von Dietmar Hopp privat finanziert und steht in keinem direkten Zusammenhang mit seinem Engagement bei der TSG Hoffenheim, die aber auf lange Sicht davon profitieren soll.“
Alles im Sinne des Fußballs also und nicht mehr als das Engagement eines Einzelnen? Eher unwahrscheinlich, wie etwa die beobachteten Transferaktivitäten nach der erfolgten Übernahme Academico Viseus durch Hobra nahelegen: Kaum war der Deal perfekt, wechselten auch schon zwei TSG-Nachwuchsspieler nach Portugal – beides Klienten Roger Wittmanns, beide mit geringen Aussichten auf einen Platz im Bundesligakader Hoffenheims. Das Modell ähnelt in seinen Grundzügen, auch das schreibt der Kicker, dem weltweiten Netz der Red Bull-Klubs. Zum RB-Konzern gehörende Vereine transferieren ihre Spieler immer wieder untereinander. Und das quer über den Globus.
Ein Indiz in diese Richtung sieht der „Kicker“ in Aussagen von Tomislav Stipic. Der ehemalige Erzgebirge Aue- und Grasshopper Club Zürich-Trainer verdingte sich zeitweise bei Nantong Hiyung in China. Stipic bestätigte im Interview mit „Spox“ den Versuch einer letztlich gescheiterten Kooperation zwischen der TSG Hoffenheim und dem chinesischen Klub. Für Roger Wittmann sei eine tragende Rolle vorgesehen gewesen. Es überraschte nicht, dass Hoffenheim Bemühungen dieser Art umgehend dementierte.
Die Heimlichtuerei, mit der beteiligte Personen und Firmen vorgehen, wirft Fragen auf. Diejenigen, die ausführliche Antworten liefern könnten, sind allerdings nicht dafür bekannt, nach außen besonders redselig zu sein.