Dietmar Hopps Kurzauftritt im ZDF-Sportstudio beweist: Der Milliardär will einfach nur geliebt werden. Die entscheidende Frage beantwortet das Interview mit dem Hoffenheim-Mäzen allerdings nicht: Warum ausgerechnet jetzt?
„Wir erleben alle verrückte Wochen und einer ganz besonders: …“ Gespannt wie ein Flitzebogen lauschten wir am Samstag der Anmoderation von Jochen Breyer. Wen würde der Moderator des „Aktuellen Sportstudios“ wohl nun per Videoschalte in seiner Sendung begrüßen? Thomas Bach, den IOC-Präsidenten, um ihn über die Verschiebung der Olympischen Spiele auszufragen? Einen der vom Corona-Virus genesenen Profis von Hannover 96? Den Bürgermeister von New York? Franz Beckenbauer oder Wolfgang Niersbach, deren „Sommermärchen“-Prozess in der Schweiz wegen Corona derzeit nicht fortgesetzt werden kann und am 27. April verjährt? Nein, Breyer freute sich, Dietmar Hopp in der traditionsreichen ZDF-Sportsendung präsentieren zu dürfen.
Eine Einladung ins „Sportstudio“ war mal ein Ritterschlag für Sportler. Wer es in die Samstagabendshow schaffte, hatte den Sprung aus den Boulevardmedien ins Sport-Feuilleton geschafft. Wer im „Sportstudio“ talkte, hatte mehr mitzuteilen, als einen 1:0‑Sieg zu erklären. Die Sendung bewies, dass sich hinter der Fassade eine begabten Kickers auch eine interessante Persönlichkeit verbergen konnte. Das „Sportstudio“ in den Siebzigern, Achtzigern und Neunzigern des vergangenen Jahrtausends war Premium-TV.
Im Zuge der Kommerzialisierung des Fußballs und der parallel verlaufenden Diversifizierung des Fernsehens hat die Relevanz der Sendung in den vergangenen Jahren freilich ein wenig abgenommen. Dennoch ist das „Sportstudio“ mit seiner ausgeruhten, oft rational einordnenden Berichterstattung am späten Samstagabend eine Oase der Sachlichkeit im ansonsten fiebrig überhitzten Fußballjournalismus geblieben. Ein Ruf, zu dem auch Moderator Jochen Breyer beiträgt, der sich trotz seiner Schwiegersohn-Fassade nie um kritische Nachfragen drückt und Gesprächspartnern oft interessante, sachdienliche Details entlockt.
Welcher Teufel aber ritt Breyer – respektive dessen Redaktion – am Wochenende ein Interview mit Dietmar Hopp zu senden, das in Teilen den journalistischen Standards der ZDF-Sendung widersprach? So entschuldigte der Moderator gleich zu Beginn, dass die Redaktion ihre Fragen nur schriftlich einreichen konnte, weil der Hoffenheim-Mäzen zur Risikogruppe gehört und das Interview kontaktlos stattfinden müsse. Warum kein Video-Gespräch möglich war, wie es derzeit in jeder Kleinstredaktion zum Büroalltag gehört, ließ Breyer offen. Die erste von insgesamt nur zwei Fragen, die der Geschäftsmann beantwortete, bezog sich nicht etwa auf Hopps Engagement im Sport, sondern auf dessen Einschätzung, wann ein Impfstoff gegen Corona verfügbar sein könnte. Der 79-Jährige ist an „Cure Vac“ beteiligt, einem Pharmaunternehmen, das gegenwärtig große Fortschritte bei der Entwicklung eines Wirkstoff gegen das Virus macht. Hopp zeigte sich zuversichtlich, wirklich konkrete Zusagen aber konnte auch er nicht machen.
Die zweite Frage des ZDF behandelte Hopps Konflikte mit einigen Gruppierungen aus Kreisen der aktiven Fans. Etwas gestelzt und reichlich suggestiv hatte ihn die Redaktion gefragt: „Sind Krisen wie diese, die deutlich machen, wie wichtig das Miteinander in einer Gesellschaft ist, eine Chance, um alte Konflikte beizulegen und aufeinander zuzugehen?“ Kein Nebensatz dazu, worum es bei den Fan-Protesten gegangen war. Und dass es den jüngsten – teilweise geschmacklosen – Anfeindungen gegen Hopp auch um die Kollektivhaftung bei Stadionverboten gegangen war.
Stattdessen bekam Hopp nun – vom Teleprompter ablesend und unhinterfragt – die Gelegenheit, über den öffentlich-rechtlichen Äther sein soziales Engagement, seine Investitionen in Bildung, Forschung und in den Nachwuchssport zusammenzufassen und all dies in ein Verhältnis zu seinen Investitionen im Profifußball zu stellen. Fast flehentlich fügte er hinzu: „Mich würde es natürlich freuen, wenn diejenigen, die mich grundlos seit 13 Jahren beschimpfen, irgendwann damit aufhören.“