Bernd, du warst am letzten Wochenende in Mannheim beim Spiel gegen Hoffenheim dabei. Was ist im Stadion denn überhaupt passiert?
Im Grunde nichts, was es in deutschen Fußballstadien noch nicht gegeben hat. Es gab ein Spruchband und einige Sprechchöre, die Dietmar Hopp auf unflätige Art und Weise beleidigt haben. Das gehört unserer Meinung nach in dieser Form nicht ins Stadion, denn eigentlich sind wir dafür zu erwachsen. Mit Fandasein haben Begriffe, die unter die Gürtellinie gehen, nichts zu tun und dementsprechend haben wir uns auch in der Öffentlichkeit geäußert. Bisher haben wir Gladbacher Fans solche Dinge immer mit einer gewissen Ironie behandelt und waren auch stolz darauf.
Wie stehst du denn zu dem, was Dietmar Hopp in Hoffenheim aufgebaut hat?
Wir sind eindeutig gegen ein solches »Modell Hoffenheim« und haben wenig Respekt vor den Leuten, die jetzt mal eben das Hoffenheim-Trikot angezogen haben und zu denen ins Stadion rennen. Aber trotzdem ist eine solche Aktion wie am vergangenen Samstag eindeutig unter unserem Niveau. Das Ganze hat aber natürlich auch ein bisschen Brisanz bekommen, weil der DFB-Präsident Zwanziger im Stadion saß und die Gesänge mitverfolgen konnte. Ich denke, dass es solche Gesänge auch schon in der zweiten Liga gegeben hat. In Kaiserslautern soll meines Wissens nach Ähnliches passiert sein und irgendwie gehört das auch zum Fußball dazu. Das soll die Aktion nicht entschuldigen, aber ein bisschen Gegenwind muss auch ein Herr Hopp vertragen können.
In der entschuldigenden Pressemitteilung von Gladbach wird das Verhalten der Fans als »beschämend und peinlich« beschrieben. Findest du diese Reaktion etwas übertrieben?
Ein bisschen schon. Wir als Fanprojekt versuchen zwar unsere Fans auch dahingehend zu »erziehen«, dass es ohne wüste Beschimpfungen im Stadion gehen kann, aber hin und wieder kommt das eben doch einmal vor, das ist im Fußball normal. Auf der anderen Seite hat es aber sehr viele Beschwerdeanrufe beim Verein und dem Fanprojekt gegeben und sicherlich hat auch das zu der öffentlichen Entschuldigung geführt.
Wie beurteilst du diese Reaktion der Hoffenheimer Zuschauer?
Ein Stück weit ist das sicher dem Eventpublikum in Mannheim geschuldet. In den Achtzigern hätten wir vor sechstausend Zuschauern gespielt und keiner hätte sich aufgeregt. Am vergangenen Samstag war das Publikum ganz anders. Ich glaube ein Radioreporter hat gesagt, das Ganze wäre wie vor einem Operpublikum: Bei gefälligen Aktionen würde geklatscht, Anfeuerungsrufe gäbe es aber fast keine. Klar, dass ein solches Publikum ganz anders reagiert, wenn es von der anderen Seite aus solche Beschimpfungen hört.
Hat Borussia Mönchengladbach durch die schnelle Entschuldigung die Verantwortung an die Fans abgeschoben?
Nein, das finde ich nicht. Der Verein nimmt sich seiner Fans an und hat eine sehr gute Fanbetreuung, auch die Unterstützung des Fanprojekts von Seiten des Vereins ist sehr gut. Wir stehen beim Verein im Wort und wenn ein solches nicht genehmigtes Spruchband ins Stadion gelangt, fällt das natürlich auf uns zurück. Egal was man davon halten mag, dass Spruchbänder genehmigt werden sollen.
Der Fußball lebt von den Emotionen der Fans auf den Rängen. Kann man solche ausfälligen Schmährufe überhaupt regulieren?
Nein. Es wird auch nicht das letzte Mal für Herrn Hopp gewesen sein, dass er sich so etwas anhören muss. Deshalb wundert es mich auch ein bisschen, wie sehr das Thema in den Medien hoch gekocht wurde. Vielleicht war Hoffenheim aus dieser Sicht aber auch ganz dankbar, dass ein solcher Vorfall schon am zweiten Spieltag passiert ist und sie ihre Position klar machen konnten: Dass sie in Hopp eben keinen zweiten Abramowitsch hätten.
Am Samstag steht das Spiel zuhause gegen Werder Bremen auf dem Programm. Sind noch weitere Aktionen geplant, oder ist die Sache für euch mit der Entschuldigung erledigt?
Nein, in dieser Richtung sind keine weiteren Dinge geplant. Das Fanprojekt ist gerade 20 Jahre alt geworden und darauf werden wir uns am Samstag vorrangig konzentrieren.
Noch kurz ein Wort zur sportlichen Situation: Wie beurteilst du den Saisonstart von Gladbach?
Nicht überraschend. Gegen Stuttgart hätte man sich mit der Euphorie des ersten Spieltags im Rücken ein bisschen mehr erhofft, aber die haben ihre Chancen einfach sehr gut genutzt. Das Spiel in Hoffenheim war dann ein Rückfall in alte Zeiten. Man muss sich einfach wieder daran gewöhnen, dass auswärts für die Borussia nicht viel zu holen ist. Ich hoffe, das ändert sich noch, aber auch in den letzten beiden Halbserien sind wir schlecht gestartet und haben dann noch erfolgreich gespielt. Bis auf einige wenige Fans sind auch noch alle geduldig bei uns. Nach der Länderspielpause müssen im Spiel gegen Hannover aber dann langsam die ersten Punkte her.