Im September wird Fritz Keller, Präsident des SC Freiburg, zum neuen DFB-Boss gewählt. Ist der Winzer der geeignete Kandidat, um interne Fronten im Verband zu schließen, das beschädigte Image aufzupolieren und damit den DFB endlich zukunftsfähig zu machen?
Und da könnte ein Problem in seiner neuen Funktion lauern. In solchen Momenten nimmt der flauschige Honigbrötchen-Präsi nämlich gern mal das Heft des Handelns in die eigene Hand. Aus seiner Zeit beim SC sind etliche nicht abgesprochene Vorstöße bei Medien aktenkundig. Wie viele erfolgreiche Geschäftsleute, die auf Funktionärsebene im Profifußball nach Wahrnehmung gieren, ist auch Keller mit öffentlicher Kritik manchmal überfordert und reagiert kratzbürstig. In Baden kennen sie diese Seite an ihm, is’ halt „der Fritz“, den muss man nehmen, wie er ist.
Sollte Keller in der Funktion des DFB-Chefs aber ebenso rasant persönlichen Gefühligkeiten nachgeben, könnte es schwierig für ihn werden. Denn was passiert, wenn ein Verbandsboss in Augenblicken zur beleidigten Leberwurst metamorphisiert, durften wir bei Reinhard Grindels abgebrochenem Deutsche-Welle-Interview besichtigen. Der Auftritt war das Fanal zu seinem späteren Rücktritt. Da kennen die Sozialen Netzwerke keine Gnade.
Er wäre gut beraten, gute Berater zu haben
Keller sollte sich also bewusst sein, dass er von nun an kein drolliger Provinzfürst mehr ist, sondern die Wahrnehmung eines Staatsmannes erhält. Dass jede seiner Äußerungen auf die Goldwaage gelegt wird und er gut beraten ist, wenn er sich gute Berater an die Seite holt und jeden Schritt mit ihnen sorgsam abwägt. Keller wird lernen müssen, sich in die beamtischen Strukturen einzuarbeiten. Dass er in ein Spannungsfeld gerät, das ihm als erfolgreicher Geschäftsmann seit jeher ein Graus sein wird: zwischen Aktenfresser, revisionistische Sachbearbeiter und Ressortleiter, die um nichts mehr fürchten als um ihre Pfründe.
Mit anderen Worten: Auf Fritz Keller wartet eine Herkulesaufgabe, für die er sich noch dazu aus seiner badischen Komfortzone heraus bewegen und ins frostige Frankfurt gehen muss. Es spricht einiges dafür, dass es für die Verantwortlichen nicht einfach war, überhaupt einen geeigneten Kandidaten zu finden, der sich für das DFB-Amt zu Wahl stellt. Den Satz von Theo Zwanziger, dass nur der Papst einen noch schöneren Job hat als der DFB-Präsident, würde heute ohne eine satte Portion Sarkasmus wohl niemand mehr so sprechen. Es gehört also reichlich Mut dazu, sich in so einer Situation zur Wahl zu stellen. Zumal Fritz Keller viel mehr als einen Ruf zu verlieren hat. Und ihm wird es kalt den Rücken runterlaufen, wenn er sieht, wie beschädigt seine Vorgänger aus dem Amt geschieden sind: Theo Zwanziger kämpft vor Gericht verzweifelt um sein Ansehen. Wolfgang Niersbach, ein angesehener PR-Experte, bleibt vor der Folie des Sommermärchen-Skandals als achselzuckender Stammler in Erinnerung. Und schließlich der prahlende Uhrensohn Reinhard Grindel.
Womöglich hat Fritz Keller deshalb in die Kandidatur eingewilligt. Weil er weiß, schlechter kann es nicht mehr werden. Im Sinne des deutschen Fußballs bleibt ihm nur zu wünschen, dass er mit dieser Einschätzung richtig liegt.