„Ich kenne kein Alesia! Ich weiß nicht, wo Alesia liegt!“ Diesen Satz pflegen die Gallier in den Asterix-Comics zu sagen, wenn die Sprache auf den Ort ihrer peinvollen Niederlage gegen die Römer kommt. Das Alesia der deutschen Nationalelf liegt im argentinischen Córdoba, und manche Bayernfans wissen seit 1999 nichts mehr von der Existenz der Stadt Barcelona.
Für die Anhänger der Oranje-Elftal liegt die Sache schon etwas komplizierter, liegt ihr Alesia doch im eigenen Land – in Rotterdam.
Niemand hatte damit gerechnet, dass das kleine Luxemburg im Achtelfinale zur EM 1964 den aufstrebenden Niederlanden auch nur ansatzweise würde Paroli bieten können – die Luxemburger eingeschlossen.
Deswegen wollten sie aber wenigstens noch ein wenig Geld mit den Spielen verdienen und verzichteten auf ihr Heimrecht. Statt nur 6000 Zuschauern in Luxemburg kamen so 48000 zum „Heimspiel“ ins Olympiastadion von Amsterdam und erlebten, wie das Team des Fußballzwergs der fast ausnahmslos aus Ajax-Spielern bestehenden Elftal ein 1:1‑Unentschieden abtrotzte.
Überraschungscoup des deutschen Trainers
Beunruhigt war deswegen in Holland kaum jemand, und das obwohl Luxemburg in der WM-Qualifikation 1962 Portugal mit 4:2 geschlagen hatte. Im Gegenteil: auf diese Weise würde auch das Rückspiel in Rotterdam die Zuschauermassen anziehen und sicherlich einen klaren Sieg der holländischen Profis (nunmehr hauptsächlich aus Akteuren von Feyenoord Rotterdam bestehend) gegen die luxemburgischen Amateure bringen.
Doch der deutsche Trainer Robert Heinz überraschte die Niederländer vor 42000 Zuschauern im Stadion De Kuip mit einer wirkungsvollen Defensivtaktik. Vier Verteidiger und drei Läufer fingen die Angriffe des Favoriten immer wieder ab und Camille Dimmer, der sonst beim belgischen Zweitligisten Crossing Moolenbeek spielte, sorgte mit einem Doppelpack für einen 2:1 Sieg und den größten Erfolg des luxemburgischen Fußballs. Und das Córdoba der Niederländer.
Nun wollten die euphorisierten Luxemburger mehr und lieferten den favorisierten Dänen im Viertelfinale einen großartigen Kampf. Im mit 7000 Zuschauern restlos ausverkauften Hinspiel im Großherzogtum waren es am Ende die Dänen, die froh sein konnten nach zweimaligem Rückstand noch mit einen 3:3 zum Rückspiel antreten zu können.
Doch auch in Kopenhagen verkauften sich die Luxemburger teuer und gingen früh mit 1:0 in Führung. Am Ende stand es 2:2 und nach den damaligen Regularien wurde ein Entscheidungsspiel fällig, das ausgerechnet am Ort des ersten Triumphs der Luxemburger in Amsterdam stattfinden sollte.
Doch für eine neuerliche Sensation reichte es am Ende nicht mehr. Durch ein glückliches 1:0 des einzigen überzeugenden Dänen, Ole Madsen, der damit alle sechs Tore des Viertelfinales erzielt hatte, fuhren am Ende die Dänen zur EM-Endrunde in Spanien und wissen auch heute noch genau, wo es liegt, dieses Amsterdam.