Die unablässigen Diskussionen um Trainerwechsel sind ein weiterer bizarrer Ausdruck des modernen Fußballs als Unterhaltungsindustrie. Argumentativer Irrsinn sind sie meist auch.
Man kann Uli Hoeneß nicht den Vorwurf machen, dass er in der letzten Zeit besonders viele hellsichtige Bemerkungen gemacht hätte. Doch vor der Abreise zum Spiel in der Champions League nach Piräus kam er in dieser Woche zu einem guten Punkt. „Es war doch klar, dass wenn Coutinho kommt, es für Thomas Müller schwieriger wird“, sagte der Noch-Präsident der Bayern, schließlich würden beide vorzugsweise auf derselben Position spielen. Erst sei dem Klub vorgeworfen worden, dass er keine namhaften Spieler verpflichtet, als mit dem Brasilianer ein solcher kam, bedeutete das natürlich, dass es auf dessen Position Konkurrenz geben würde. Und jetzt würde man von Niko Kovac fordern, Müller aufzustellen. „Das ist einfach eine Schweinerei.“
Coutinho, Müller – oder umgekehrt
Nun ist es durchaus von Interesse, ob einer der populärsten deutschen Fußballspieler eingesetzt wird oder nicht und wie er mit seiner Rolle als Reservist umgeht. Auch gehört es bei einem Klub wie dem FC Bayern seit jeher zu den Aufgaben eines Trainers, Stars auf die Bank zu setzen, weil er einfach zu viele davon hat – und angesichts der Ambitionen des Klubs auch haben muss. Inzwischen werden diese Diskussionen aber mit erschöpfender Voraussehbarkeit wie Ausdauer geführt. Lässt Kovac Coutinho nicht spielen, wird die Frage gestellt, warum denn eigentlich dieser Coutinho nicht spielt – und umgekehrt.
Die kleine Debatte ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass im Fußball jedes Argument schon immer sein Gegenargument beinhaltet. Weil die Diskussionen zugleich stets vom Ergebnis aus geführt werden, stimmt auch immer eines davon. Spielt Bayern schlecht und/oder nicht erfolgreich, kann man also todsicher damit argumentieren, dass es mit Müller oder eben Coutinho besser gewesen wäre. Und wurde Müller auf der von ihm weniger geliebten Außenbahn eingesetzt, hat dafür auch jemand nicht gespielt, der da im Zweifelsfall besser gespielt hätte.
Wie man’s macht…
Etwas kreative Amnesie hilft zudem. Lucien Favre lieferte in der vergangenen Saison das perfekte Gegenbild zu seinen Vorgängern Thomas Tuchel und Peter Stöger. War der eine angeblich von dunklen Emotionen durchdrungen und der andere ein fußballerischer Simpel, beruhigte der introvertierte Schweizer die Dortmunder Mannschaft wieder und ordnete das Spiel auf taktisch hohem Niveau. Jetzt, wo es nicht gut läuft, ist er angeblich zu apathisch und zu verkopft.
Sollte Fortuna Düsseldorf ernsthaft in den Abstiegskampf geraten, wird aus dem altersweisen Friedhelm Funkel bestimmt ganz schnell ein Trainer von gestern. Er ist mit 65 Jahren schließlich schon im Rentenalter. Und Julian Nagelsmann ist natürlich zu jung und heißspornig, um mit RB Leipzig in den Titelkampf einzugreifen – oder er ist ein jugendlicher Erneuerer seines Berufsstandes.