Deutschland gegen die Ukraine? War da nicht was? Genau: Die beiden größten Zitterspiele in der jüngeren Geschichte der Nationalelf.
Nur sechs Punkte aus vier Spielen: Vor dem heutigen Auftritt der Nationalelf gegen die Ukraine lastet durchaus ein gewisser Druck auf Bundestrainer Joachim Löw. Allerdings ist der überhaupt nicht zu vergleichen mit dem Druck, unter dem die DFB-Auswahl vor neunzehn Jahren stand, als derselbe Gegner wartete. Denn damals ging es um nicht mehr und nicht weniger als um das Schicksal des gesamten deutschen Fußballs. Das jedenfalls war der Eindruck, den man im Oktober und November 2001 haben musste.
Um die Erinnerungen an jene dunklen Stunden etwas aufzufrischen: Der deutsche Sieg im letzten Spiel im alten Wembley-Stadion, den wir an dieser Stelle erst vor einigen Tagen abgefeiert haben, war ja im Grunde nicht viel wert, weil die Mannschaft von Teamchef Rudi Völler das Rückspiel gegen England am 1. September 2001 in München mit 1:5 verlor. Es war die höchste Heimniederlage der Nationalelf nach dem Zweiten Weltkrieg und ließ schon vermuten, dass es mit der WM-Qualifikation diesmal richtig eng werden würde.
Doch weil Deutschland trotz allem Deutschland bleibt, bekam das Team fünf Wochen später tatsächlich noch einmal eine Chance auf dem Silbertablett serviert, um sich wie gewohnt durchzuwursteln. Ein gewisser Otto Rehhagel und seine Griechen bereiteten den Engländern am letzten Spieltag nämlich allergrößtes Kopfzerbrechen. Aber Völlers Spieler konnten die Schützenhilfe nicht nutzen und blamierten sich in Gelsenkirchen mit einem 0:0 gegen Finnland. Nur Platz zwei in der Qualifikationsgruppe neun, das bedeutete: Relegation gegen die Ukraine. Oder, wie es die „Hamburger Morgenpost“ gewohnt subtil formulierte: „Der Horror hat einen Namen: Schewtschenko.“
Dass Deutschland überhaupt in diese Playoffs musste, war schon schlimm genug. „Das war der absolute Tiefpunkt in der Ära Völler“, kommentierte Günter Netzer das Finnland-Spiel. (Ein Satz, den sich der Teamchef gemerkt haben muss, denn zwei Jahre später sollte das Wort „Tiefpunkt“ seine Weißbier-Wutrede triggern.) Netzer fuhr fort: „Wäre heute die Ukraine der Gegner gewesen, hätten wir das nicht heil überstanden. Wenn die Mannschaft so weiterspielt, ist sie nicht bei der WM dabei.“ Deutschland nicht bei einer WM? Das wäre der Super-GAU – und Netzer war nicht der einzige, der es durchaus für möglich hielt, dass er eintreten würde.