Erstmals in ihrer Geschichte hat sich die Nationalelf von Suriname für den Gold Cup qualifiziert. Weshalb es sich hierbei um eine der ungewöhnlichsten Mannschaften der Fußballwelt handelt und was Jimmy Floyd Hasselbaink damit zu tun hat.
Finnland hat in dieser Woche für Schlagzeilen gesorgt, da sich das Land zum ersten Mal für ein großes Turnier qualifizieren konnte. In dem ganzen Trubel ging ein wenig unter, dass nur wenige Tage später eine andere Nationalelf einen ähnlich historischen Erfolg feiern konnte, nämlich Suriname. Das ist umso bemerkenswerter, weil wir hier von einer der ungewöhnlichsten Mannschaften der Fußballwelt reden.
Es geht schon damit los, dass Suriname an der Nordküste Südamerikas liegt und an Brasilien grenzt, trotzdem aber zum Fußballverband CONCACAF gehört, der eigentlich Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik umfasst. Das hat historische und kulturelle Gründe: Suriname war bis 1975 eine holländische Kolonie, und noch heute ist Niederländisch dort Amtssprache.
Kleines Land, große Spieler
Das erklärt auch, warum so viele Fußballer mit surinamesischen Wurzeln für Holland spielten und spielen. Einige, wie Edgar Davids oder Clarence Seedorf, kamen noch in Suriname zur Welt und zogen dann in jungen Jahren mit ihrer Familie in die Niederlande. Andere, wie Ruud Gullit oder Frank Rijkaard, wurden in Holland als Kinder von Auswanderern geboren. (George Gullit und Herman Rijkaard, die Väter der berühmten Söhne, spielten in Suriname Fußball und kamen zusammen nach Europa.)
Diese vier Namen – Davids, Seedorf, Gullit und Rijkaard – fallen einem sogleich ein, wenn man an Fußball und Suriname denkt. Doch es gibt noch viel mehr erstklassige Spieler, deren Wurzeln in dem kleinsten südamerikanischen Land liegen. Von Gerald Vanenburg, Winston Bogarde und Bryan Roy über Michael Reiziger, Patrick Kluivert und Nigel de Jong bis Virgil van Dijk, Georginio Wijnaldum und Ryan Babel: Die Liste ist unfassbar lang, wenn man bedenkt, dass die Einwohnerzahl von Suriname erst Ende der Achtziger zum ersten Mal die Marke von 400.000 überschritt.
Im Jahre 2009 ergab eine Studie der FIFA, dass etwa 150 Spieler in der holländischen Eredivisie Vorfahren aus Suriname haben. Und doch war die Nationalelf von Suriname traditionell erfolglos. Sie scheiterte regelmäßig in der Qualifikation für den seit 1991 ausgetragenen Gold Cup, also die Kontinentalmeisterschaft der CONCACAF, und hatte auch beim Vorläufer, der CONCACAF Championship, wenig zu melden. Das beste Resultat war das Erreichen der Gruppenphase 1977 und 1985. Beide Male konnte Suriname kein Spiel gewinnen.
Ein Frage von Politik und Stolz
Auf den ersten Blick ist das verblüffend. Man kann ja verstehen, dass die allerbesten dieser knapp 150 Erstligaspieler in Holland lieber für Oranje auflaufen als für das Land ihrer Ahnen, aber was ist mit dem großen Rest? Warum fanden sich jahrzehntelang in der Eredivisie nicht mal elf surinamesische Profis, die gut genug waren, um es mit Curaçao oder Belize aufzunehmen und wenigstens die Qualifikation für den Gold Cup zu schaffen? Die Antwort hat mit Politik und Stolz zu tun.
Suriname war lange das einzige Mitgliedsland der FIFA, in dem es nicht möglich war, eine doppelte Staatsangehörigkeit zu besitzen. Wer sein Glück in Europa versuchen wollte, also beim ungeliebten ehemaligen Kolonialherren Niederlande, musste seinen surinamesischen Pass abgeben. Entweder ein freier Surinamer oder ein Knecht des Unterdrückers – so ließ sich die Stimmung im Land zusammenfassen.