Im September trat Thomas Sobotzik beim Chemnitzer FC als Sportdirektor zurück. Im Interview spricht er über Attacken gegen ihn, seinen vergeblichen Kampf gegen rechtsextreme Fans – und die Enttäuschung über Kapitän Frahn.
Probleme hatten Sie nicht nur mit Fans. Ihr Spieler Daniel Frahn solidarisierte sich zunächst mit den rechtsextremen Hooligans, indem er ein szenetypisches Shirt mit der Aufschrift „Support your local hools“ hochhielt. Danach bat er um Entschuldigung.
Da haben wir ihm geglaubt. Er hat sehr schnell erfahren, was für eine Dimension das für ihn hat, in so einer Schublade zu sein, für ihn und seine Familie. Aufgelöst hat er mir und dem Insolvenzverwalter Klaus Siemon erzählt, dass ihm nicht bewusst war, in welchen Kreisen dieses T‑Shirt angesiedelt ist. Ich habe ihm geglaubt, ihn verteidigt und habe ihm eine Rückkehr und damit öffentliche Rehabilitation ermöglicht.
Die Trainer ernannten ihn vor der aktuellen Saison sogar zum Kapitän.
Ich habe im Trainingslager mit Daniel ein Einzelgespräch geführt – darüber, ob er weiß, was für eine Verantwortung das ist und dass wir uns tausendprozentig auf ihn verlassen müssen.
Doch dann fuhr Frahn zum Auswärtsspiel nach Halle und stand dort neben stadtbekannten Neonazis von „Kaotic Chemnitz“ im Fanblock, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Wir haben überhaupt nichts dagegen, dass ein Spieler in den Fanblock geht. Das wird ja öfter gemacht, auch wenn man mal Nähe demonstrieren will. Nur: Unser Pressesprecher hat Daniel vorher noch zu sensibilisieren versucht und geschrieben, wie prekär das Ganze ist und er aufpassen solle, mit wem er im Block stehe und er sich auf keinen Fall in irgendetwas reinziehen lassen soll – gerade bei der Vorgeschichte. Daniel wurde also mehr als nur gewarnt.
Das hat er wohl nicht befolgt. Nach unseren Informationen ist er sogar in seinem Privatauto mit führenden Mitgliedern der Gruppierung „Kaotic“ zum Spiel gereist.
Direkt nach dem Spiel haben mich unabhängig voneinander unser Fanbeauftragter, unser Pressesprecher und die Polizei über einen Sachverhalt informiert, der mich nach Rücksprache und vollem Einvernehmen mit Klaus Siemon und den Gesellschaftern des Chemnitzer FC zum Handeln gezwungen hat. Daniel wollte sich positionieren – mehr kann ich dazu nicht sagen.
Wie hat sich das für Sie angefühlt?
Es war, als wenn uns jemand das Herz rausreißt. Alles, was bis dahin passiert ist, konnte ich mit den Trainern abfedern, denn es kam alles von außen. Aber wenn dich einer aus der Mitte hintergeht, ist es, als wenn ein Familienmitglied einen betrügt. Das war maximal emotional für uns. Ich habe den Rausschmiss ausführlich mit allen Fakten, Bildern und Informationen, die mir zur Verfügung standen, mit Mannschaft und Funktionsteam aufgearbeitet. Da hatten zwei, drei Spieler Tränen in den Augen.
Wer ist beim Chemnitzer FC stärker: die sportliche Führung oder die rechtsextreme Fangruppierung?
Die Führung des Vereins ist immer stärker. Aber Vereine, die finanziell nicht auf Rosen gebettet sind, müssen bereit sein, für den richtigen Kurs auch mal finanzielle Nachteile in Kauf zu nehmen. Denn wenn sie gegen gewisse Strömungen vorgehen, kann es sein, dass es erst einmal Geld kostet – wegen weniger Zuschauern oder dem Wegbleiben von Sponsoren.
Was kann der Verein noch machen?
Es müsste sich eine Gegenbewegung entwickeln, die stark genug ist, den rechtsextremen Fans Paroli zu bieten. Am besten ist es, wenn die Fans das intern im Block klären und direkt eingreifen bei sowas, wenn sich also die Szene selbst bereinigt. Wichtig ist erst mal, dass Ruhe einkehrt. Dann muss der Verein weiter klare Kante zeigen. Es dürfen keine faulen Kompromisse gemacht werden.