1961 gewann Augsburg mit 3:1 gegen die Bayern – es war nicht nur Augsburgs letzter Derby-Erfolg für über 50 Jahre, sondern bescherte Matchwinner Helmut Haller auch einen neuen Fan aus Bologna.
Im Jahr 1961 war auf den Tribünen der deutschen Oberliga-Stadien ordentlich was los. Beinahe wöchentlich saßen hier gut angezogene Männer mit südländischem Teint und Aktenkoffer unterm Arm. Den dicksten brachte Helenio Herrera von Inter Mailand mit. Eine Million D‑Mark waren darin. Er war für Uwe Seeler bestimmt, den Herrera zum italienischen Vorzeigeklub locken wollte. Doch der Star des Hamburger SV lehnte ab, und Herrera verstand die Welt nicht mehr.
Wenige Tage später sprach ein anderer Mann bei einem deutschen Topspieler vor. Er hieß Renato Dall’Ara, war Präsident beim FC Bologna (damals noch AC Bologna) und brachte 300.000 Mark mit. Der Spieler seiner Begierde hieß Helmut Haller und war ein wuchtiger Mittelfeldmann in Diensten des FC Augsburg (damals noch BC Augsburg). Haller war mit seiner Mannschaft gerade von der 2. Liga Süd in die Oberliga aufgestiegen, und er träumte tatsächlich vom großen Abenteuer, von Ruhm, Pokalen und Fans, die ihn auf Schultern über die Plätze der südeuropäischen Städte trugen – am 5. August unterschrieb er in Augsburg den Vertrag.
Schon vor dem ersten Spiel der Saison 1961/62 wusste daher jeder Fußballfan in Augsburg, dass ihr bester Spieler im kommenden Jahr über den Brenner wechseln würde. Doch sie schimpften nicht auf ihn, sie feuerten ihn weiter an.
„Il biondo“ aus Süddeutschland
In Bologna indes lehnten sich die Funktionäre und Trainer nicht zurück, um auf Haller zu warten – sie nutzten die Saison, um ihren neuen Topstar bei jeder Gelegenheit zu beobachten. „Wir müssen verstehen, ob und wie er in unser Spiel passt“, sagte Renato Dall’Ara. Vielleicht trieb ihn auch die Frage um, ob dieser Haller, dieser „Il biondo“ aus Süddeutschland, von dem sein Trainer Trainer Fulvio Bernardini so geschwärmt hatte, wirklich so gut war, wie er glaubte.
Das erste Mal nahm er einen Tag nach der Vertragsunterzeichnung, am 6. August 1961, im Rosenaustadion Platz. Augsburg traf auf den FC Bayern, der von den Experten leicht favorisiert wurde. Bayern dominierte die Liga zwar nicht, doch stand stets auf den vorderen Rängen. Die Professionalisierung war bereits voll in Gang. „Das waren alles schon Halbprofis, wir standen dagegen voll im Berufsleben“, erklärte der ehemalige Augsburger Spieler Rudi Zimmerly ein halbes Jahrhundert später in der „Augsburger Allgemeinen“ die Voraussetzungen für dieses Spiel.
„Sie schufteten wie Schwerarbeiter“
Vielleicht kamen den Augsburgern das Wetter zupass. Das Thermometer zeigte weit über 30 Grad, und vor allem die Bayern-Spieler sahen bereits vor dem Anpfiff aus, als hätten sie statt eines lockeren Aufwärmprogramms einen Marathon durch halb Schwaben gemacht.
10.000 Zuschauer im Rosenaustadion staunten jedenfalls nicht schlecht, wie träge und ideenlos die Bayern in der Offensive um Rainer Ohlhauser oder Josef Röckenwagner agierten, während sie hinten versuchten, ein stabiles Bollwerk zu errichten. Auch das „Sport-Magazin“ schien überrascht. In einem Nachbericht heißt es: „Die Bayern hatte man sich stärker vorgestellt. Was nützte es, wenn Willi Giesemann und Karl Borutta im Mittelfeld schufteten wie Schwerarbeiter, wenn der Sturm kaum einen Ball halten konnte.“