Werder war grau, trist und mittelmäßig. Dann kam Johan Micoud. Auftakt zu unserer Serie über unsere Lieblingstransfers.
Johan, wer? Johan Micoud, 29 Jahre alt, Mittelfeld. Spiele und Tore für AS Cannes, Girondins Bordeaux, AC Parma. Französischer Nationalspieler. WM-Teilnehmer 2002. Mir ging es trotzdem wie den meisten Werder-Fans: der Mann sagte mir nicht viel. Und als weitere Infos über den möglichen Neuzugang bekannt wurden, kamen schnell Zweifel: beim AC Parma saß Micoud nur noch auf der Bank, in der Nationalmannschaft war er ebenfalls nur Ersatz (und hatte Frankreich – mit Micoud! – nicht 2002 das Kunststück vollbracht, als amtierender Weltmeister sieglos in der Gruppenphase auszuscheiden?). Außerdem, und das ging ja nun mal gar nicht in Bremen, sollte der Kerl eine echte Diva sein. Und wie der aussah! So eine Mischung aus heroinchic, Straßenköter und französischer Landschaftsmaler. Na ja.
Das erste Spiel. 10. September 2002, 4. Spieltag. Werder gegen Nürnberg. 4:1. Ein Tor von Micoud, ein Elfmeter an den Pfosten, ein Schlag in die Fresse aller Zweifler. Was. Für. Ein. Fußballer! Ein Zehner, ein echter Spielmacher, ein Techniker, vielleicht ja sogar ein Genie! Mir ging es wie vielen anderen Zuschauern im Weserstadion: Ich war verknallt. Liebe auf den ersten Blick. Du siehst einen Fußballer das erste Mal gegen den Ball treten und weißt: der Typ wird dein Leben verändern! Oder zumindest deinen gewohnten Gang zu Werder-Spielen.
Plötzlich machte alles einen Sinn. Sogar Dong-Gook Lee!
Im Mai 2004 stand ich dann mit tausenden anderen glücksbesoffenen Bremern im Münchener Olympiastadion und verstand die Welt nicht mehr. Werder hatte die Bayern mit 3:1 gedemütigt, angeführt von „Jo“ Micoud, dem Zehner, dem Spielmacher, unserem Genie! Plötzlich ergab alles einen Sinn. Juri Maximov. Rade Bogdanovic. Ja, sogar Dong-Gook Lee!
Wir sangen ein Lied. Sein Lied. Den Abspann des Beatles-Klassikers „Hey Jude“. „Sha-la-la-la-lalala-lalalala-Micouuuuuud…!“ Für mich noch immer der schönste Fangesang aller Zeiten. „Diesen Song“, hat Johan Micoud mal gesagt, „also Hey Jude, den habe ich ja ohnehin schon immer geliebt. Aber jetzt, wo die Fans mich damit auch noch besingen, bekomme ich jedes Mal eine Gänsehaut.“
Ach, Johan Micoud, Danke für alles.