Barcas Eric Abidal hat nach einer einjährigen Zwangspause sein Comeback gefeiert – mit Teilen einer fremden Leber in seinem Körper. Längst ist der Franzose ein Vorbild für Krebskranke auf der ganzen Welt. „Ohne es gewollt zu haben“, wie Abidal zugibt.
Vor etwas mehr als zwei Jahren war Eric Abidal noch ein ganz gewöhnlicher Fußballprofi. Er stand beim FC Barcelona unter Vertrag, lief für die französische Nationalmannschaft auf, war berühmt, beliebt, sehr reich und sehr gesund. Dann diagnostizierten Ärzte einen bösartigen Tumor in seiner Leber.
Am 17. März 2011 wurde Abidal der Tumor entfernt. Bereits am 3. Mai stand der Linksverteidiger, den sie in Barcelona „König“ rufen, wieder auf dem Platz. Im Rückspiel des Champions-League-Halbfinals gegen Real Madrid wechselte Barca-Trainer Pep Guardiola den Franzosen für Carles Puyol ein. Es war mehr eine Geste, als das sportliche Comeback. Es stand 1:1, die 90. Minute war bereits vorbei, nach einem 2:0‑Sieg im Hinspiel war Barcelona der Finaleinzug sicher. Die Menschen im Camp Nou erhoben sich von ihren Plätzen. 25 Tage später stand er in der Startelf im Endspiel gegen Manchester United und gewann mit Barca die Champions League. Bei der Pokalübergabe schickte Mannschaftskapitän Puyol seinen Kollegen nach vorne. Noch so eine Geste. Aber was für eine. Eric Abidal war zurück im Leben.
Knapp ein Jahr später, am 9. April 2012, wurde Abidal erneut operiert. Chirurgen verpflanzten einen Teil der Leber seines Cousins Gerard in das geschwächte Organ des Fußballers. Der Profisportler war nun wieder ein Pflegefall, Abidal musste Medikamente einnehmen, damit sein Körper die fremde Leber akzeptierte. Nicht selten stoßen Patienten nach Transplantationen die neuen Organe ab. Dem Mainzer Stürmer Ivan Klasnic etwa wurde 2007 eine Niere seiner Mutter eingepflanzt. Weil sein Körper das Organ nicht vertrug, spendete auch sein Vater eine Niere – diesmal mit Erfolg.
Eric Abidal scheint diese Probleme nicht zu haben. Die ersten Hürden nach der Operation an seiner Leber hat er übersprungen. Nur: Kann man mit einer zum Teil fremden Leber wieder Profifußball spielen? Tim Meyer, Arzt der deutschen Nationalmannschaft und Professor für Sport- und Präventivmedizin an der Universität des Saarlandes, sagt: „Wenn die Transplantation gelingt, das transplantierte Organ normal funktioniert und die Abstoßungsreaktion verhindert wird, ist der Patient nicht mehr übermäßig gefährdet.“ Heißt: Abidal ist gesund und kann seinem Beruf wieder nachgehen. Noch unklar ist die Frage, ob Abidal wieder so gut werden wird, wie zu seinen Bestzeiten. Allerdings ist Abidal inzwischen 33 Jahre alt – die Frage müsste man sich bei einem verdientem Fußballer wie ihm auch nach einer Meniskus-Operation stellen.
Viel entscheidender ist doch, dass es Eric Abidal geschafft hat. Zurückzukommen. Nach einer Organ-Transplantation. Beim 5:0‑Sieg seiner Mannschaft am Wochenende gegen RCD Mallorca wurde Abidal in der 70. Minute eingewechselt. 404 Tage nach seinem vorerst letzten Spiel für den FC Barcelona. Erneut spielten sich herzergreifende Szenen auf den Rängen und auf dem Platz ab. Was muss wohl in Barca-Trainer Tito Vilanova vorgegangen sein? Der Spanier erkrankte im Dezember 2012 an Ohrenspeicheldrüsenkrebs und kehrte erst vor wenigen Tagen, beim Champions-League-Spiel gegen Paris St. Germain, auf die Trainerbank zurück. Jetzt durfte er sich über das Comeback seines Spielers freuen.
Abidals erfolgreicher Kampf gegen die Krebskrankheit dürfte eine große Wirkung entfalten. Solche Fälle von prominenten Patienten, die sich zurück ins Leben und in den Alltag kämpfen, sind mehr wert als tausend gut gemeinte Durchhalteparolen von Freunden oder Ärzten. Auch DFB-Arzt Tim Meyer glaubt, dass die Geschichte von Abidals Comeback „durchaus als Motivation für andere Krebs- oder Transplantationspatienten dienen kann“.
Nach dem Sieg seiner Mannschaft gegen Mallorca empfing Abidal zunächst die Gratulationen seiner Mitspieler und Fans und bedankte sich dann via T‑Shirt-Slogan bei seinem Cousin für die edle Spende. Er sei nun, brachte es der Franzose anschließend auf den Punkt, „ohne es gewollt zu haben, zu einem Vorbild geworden“.