Vor der Europa-League-Partie zwischen Benfica Lissabon und Eintracht Frankfurt heute Abend erinnern wir uns an Benficas große Momente. Mit dabei: Europapokalsiege, Herzattacken und ein Spendenkonto für verarmte Profis.
David gegen Goliath
Am 31. Mai 1961 erreichte Benfica mit Trainer Guttmann das Finale des Europapokals der Landesmeister und traf dort im Berner Wankdorf-Stadion auf den spanischen Giganten FC Barcelona. Die Spanier waren der klare Favorit. Es war ein Kampf wie David gegen Goliath, doch die spanische Überlegenheit sollte an diesem Tag gebrochen werden. Die Benfica-Torschützen hießen José Aguas und Mario Coluna. Das 2:1 war ein Eigentor, das Barça-Torhüter Antoni Ramaletts nicht mehr verhindern konnte. Beim Stand von 3:1 gelang den Katalanen allerdings noch der Anschlusstreffer zum 2:3, doch es blieb bei diesem Resultat. Der Sieg Benficas war eine Sensation. Vier Tage lang feierte die ganze Stadt den ersten Europapokalsieg.
Beim Herz des Präsidenten
In den letzten Minuten jenes Europapokalfinals konnten die Benfica-Fans nicht mehr stillsitzen, nur eine Viertelstunde trennte sie von ihrem Glück. Benfica-Präsident Mauricio de Brito versagte vor lauter Aufregung die Pumpe, er erlitt eine Herzattacke. Die Helfer legten ihn auf eine Massagebank in der Kabine. Als die Spieler nach der Partie de Brito umkreisten, wachte er auf. Angeblich soll er gemurmelt haben: „Welch ein Privileg lange genug gelebt zu haben, um diesen Tag mitzuerleben. Mein Gott: Benfica ist der beste Klub Europas! Einen schöneren Tag um draufzugehen, kann ich mir nicht vorstellen.“ Er entkam dem Tod nur knapp, musste aber sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen.
Die glamouröse Titelverteidigung
Auch der 5:3‑Europapokalsieg über Real Madrid am 2. Mai 1962 in Amsterdam geriet nie in Vergessenheit. Schließlich waren beim großen Real Altstars wie di Stefano, Gento und Puskas mit dabei. Es war eines der spannendsten Spiele in der Geschichte des Europacups. Nach der ersten Halbzeit lag Real 3:2 in Führung. In der zweiten Halbzeit ließen sich die Königlichen in die Defensive zurückdrängen und kassierten den Ausgleich. In den nächsten Minuten wurde Eusébio zum endgültigen Weltstar: Er verwandelte einen Elfmeter und schoss das 5:3‑Siegtor. In der Kabine erlitt der zweifache Torschütze später vor Freude und Hysterie einen Nervenzusammenbruch.
Die Rückkehr der Ikone
1980, also 15 Jahre nach seinem Abschied, kehrte Eusébio als Nachwuchstrainer zu seinem alten Klub zurück. Im „Kicker“ von 1981 wird beschrieben, wie seine Ankunft im Estadio da Luz jeden Morgen aussah: Eusébio fuhr ans Stadion heran, wo ihn zirka 25 Jungs im Alter von neun bis zwölf Jahren stürmisch empfingen. Sie umarmten und küssten den Star, dessen beste Jahre sie nie selbst erlebt hatten. Später beförderte man Eusébio zum Co-Trainer der ersten Mannschaft, mit der er 1988 und 1990 das Finale des Europapokals der Landesmeister erreichte – beide Male erfolglos.
Spendenkonto für Profikicker
Im Juni 1993 wurden erstmals die finanziellen Probleme von Benfica Lissabon deutlich. Der Klub konnte die Gehälter seiner Profis Antonio Pacheco, Paulo Sousa und Joao Pinto nicht mehr bezahlen. „Salarios em atraso“ (Löhne mit Verspätung) waren damals Gang und Gäbe in Portugal. Pacheco und Sousa lösten ihre Verträge auf, doch dem damaligen Club-Präsident Jorge de Brito gelang es, Pinto mit Geld-Versprechungen zu halten. Zu dem Zeitpunkt hatte der Verein bereits 30 Millionen Euro Schulden. Also mussten sie ihren teuersten Einkauf des Sommers, Paulo Futre von Atletico Madrid, nach nur fünf Monaten wieder für neun Millionen ziehen lassen. Doch der Verein war nach wie vor im Dilemma und richtete ein Spendenkonto für ihre „bedürftigen“ Spieler ein: Anhänger konnten ihre Spenden auf ein Bankkonto einzahlen. Trotzdem wuchsen die Schulden des Vereins ein Jahr später auf 50 Millionen Euro an. Es drohte der Bankrott.
Der Retter
1993 war das Jahr der Misswirtschaft von Benfica. 1994 nahm sich Manuel Damasio, der neue Sportdirektor, des Sorgenkindes an und steckte Geld aus eigener Hand in den Verein. So konnten zumindest die Gehälter der Spieler gedeckt werden. Er wollte die Marke und das Image des Klubs neu aufpolieren. Die gesamte Vermarktung wurde vom Vizepräsidenten Antonio Gomes Silva auf den Kopf gestellt. Als erstes erschien ein erlesener Rotwein der Marke Benfica. Die Mitgliederzahl wuchs nach nur 14 Monaten um das Doppelte auf 150.000, heute zählt Benfica mit 224.000 Mitgliedern zu den größten Vereinen der Welt. Der Direktor verbrachte täglich fast zwölf Stunden im Stadion. Als Teil der Oberschicht war seine Frau Margarida Prieto ein wichtiger Bestandteil seines Ansehens in der Öffentlichkeit. Seiner Sparpolitik und Hingabe war die finanzielle Genesung des Klubs zu verdanken.