2010 erzielte Peter Niemeyer das erste Tor in einem Pflichtspiel zwischen Hertha BSC und Union Berlin. Vier Derbys bestritt er insgesamt für die Blau-Weißen. Im Interview spricht er über die Besonderheit dieses Duells und die unterschiedliche Entwicklung der beiden Klubs.
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.
Herr Niemeyer, dass Ihr Name in Berlin als möglicher Nachfolger von Herthas Sportdirektor Arne Friedrich gehandelt worden ist, das haben Sie vermutlich mitbekommen.
Ja, das ist mir nicht entgangen (lacht).
Das Gerücht ist vermutlich in Fankreisen entstanden, weil Sie unter Herthas Anhang immer noch einen guten Ruf genießen.
Das ist schön zu hören. Und es macht mich auch stolz, dass ich nicht nur zur Vordertür bei Hertha reingegangen, sondern auch zur Vordertür wieder rausgegangen bin. Ich hatte eine wunderschöne Zeit. Daran denke ich immer noch gerne zurück.
Sie haben mal gesagt, dass Sie zum Fan dieses Vereins geworden sind. Gilt das immer noch?
Hertha ist immer noch in meinem Herzen, definitiv. Ich verfolge auch, was da passiert und wünsche dem Verein nur das Beste.
An diesem Samstag steht das Derby gegen den 1. FC Union an. Haben Sie eine Chance, das Spiel zu sehen?
Das Spiel werde ich mir natürlich im Fernsehen anschauen. Im Januar, beim Pokalspiel, war ich sogar im Stadion.
Peter Niemeyer, 38, stand von 2010 bis 2015 bei Hertha BSC unter Vertrag, war zwischenzeitlich auch Kapitän. 2018 beendete er seine Karriere, inzwischen arbeitet Niemeyer als Sportdirektor beim Regionalligisten Preußen Münster.
Wie sind Sie aus diesem Spiel rausgegangen?
Wie die meisten Herthaner wahrscheinlich. Das Auftreten hat mich schon ein bisschen erschreckt – weil Hertha da gefühlt nicht auf Augenhöhe war. Man muss leider konstatieren, dass Union die stärkere Mannschaft war und überhaupt eine stabilere Saison spielt. Was mich enttäuscht hat: Niemand hat sich aufgebäumt. Aber ich hoffe, dass Hertha die Kehrtwende schafft und noch irgendwie aus dem Schlamassel herauskommt.
Sie haben 2009 die legendäre Nordderby-Serie zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV – Stichwort: Papierkugel – miterlebt. Trotzdem haben Sie mal gesagt: „Die Berliner Derbys sind für mich wesentlich emotionaler.“ Sehen Sie das heute auch noch so?
Auf jeden Fall.
Warum?
Hertha gegen Union, das ist ein Derby in einer Stadt. Außerdem waren die Größenverhältnisse, zumindest zu meiner Zeit, noch klarer. Hertha gegen Union, das war groß gegen klein. Dadurch waren mehr Emotionen und auch mehr Brisanz im Spiel.
Welche Erinnerungen haben Sie noch an die Stimmung in der Stadt?
Derbys sind besonders für die Fans relevant. Das Spiel war schon eine Woche vorher präsent und danach eigentlich auch noch. Das ist ja immer noch so. Es gibt das Vorgeplänkel und das Nachgeplänkel. In meinem ersten Jahr bei Hertha sind wir souverän wieder aufgestiegen, aber leider hatten wir zu Hause gegen Union verloren. Mir haben tatsächlich Fans gesagt, für einen Sieg gegen Union hätten sie sogar auf den Aufstieg verzichtet.
Haben Sie das verstanden?
Nein, in diesem Punkt habe ich das nicht verstanden, obwohl mir die Brisanz natürlich bewusst ist und ich den Wunsch der Fans, das Derby zu gewinnen, auch nachvollziehen kann. Aber als Profi willst du den maximalen sportlichen Erfolg und nicht nur den Sieg im Derby.
„Wenn ich auf dem Platz stand, war ich ein anderer Mensch.“
Sie haben mit Hertha in der Zweiten Liga vier Mal gegen Union gespielt. Haben Sie noch an jedes dieser Derbys konkrete Erinnerungen?
Ich glaube, eins fehlt mir.
Welches?
Das letzte. Das ist mir ein bisschen abhandengekommen. Oder war nie da. Jedenfalls weiß ich nur noch wenig von diesem Spiel. Ich weiß nur noch, dass ich schon früh bei einem Duell einen Schlag gegen den Kopf bekommen habe.
Aber Sie haben weitergespielt?
Ich glaube schon (lacht).
Heute würde man das vermutlich anders handhaben.
Möglich. Aber wenn ich auf dem Platz stand, war ich ein anderer Mensch. Da habe ich nicht nach links und rechts geschaut.
Das Spiel ist übrigens 2:2 ausgegangen, nachdem Union schon 2:0 geführt hatte.
Das weiß ich natürlich …