Das Schiff, das Hertha BSC den Namen gab, nimmt am Montag zum Vereinsjubiläum auf dem Landweg endlich Kurs auf Berlin. Die Geschichte einer Odyssee.
Im Mai 2016 konnte auf der Mitgliederversammlung des Vereins verkündet werden, dass das Schiff erworben ist und es anlässlich der 125- Jahr-Feier des Vereins in Berlin vor Anker gehen wird. Zu diesem Zeitpunkt besaßen Pering und Wolter, die eine Betreibergesellschaft gegründet hatten, eine wirksame Kaufvereinbarung zum 1. Januar 2017. Zum Jahresanfang ging die Hertha als Eigentum in die 1892 Schiffsbetriebs GmbH & Co. KGaA über. Um das Projekt finanzieren zu können, wurden Schiffs- Aktien zum Stückpreis 399 Euro aufgelegt. Knapp mehr als 1000 sind verkauft worden, sogar welche nach Arizona, Rio und England. „Vom Aktienkapital sind Kaufpreis und Transport nach Berlin beglichen“, sagt Pering.
Doch als eigentliche Herausforderung erwies sich der Rücktransport und die dafür benötigten Genehmigungen. Am Ende hing alles an einer Brückenüberfahrt. Nun ist es soweit. Vor einigen Tagen wurde die Hertha in Wusterhausen aus dem Klempowsee gezogen und war in ganzer Pracht zu bestaunen: 23 Meter lang, 4,80 Meter breit, etwas mehr als fünf Meter hoch und an die 100 Tonnen schwer. Der Rumpf des robusten Dampfers stammt noch vom Original aus dem Baujahr 1886. Leider wurde ihm sein gewaltiger Schornstein genommen. Auf dem stand der Schiffsname „Hertha“, auf weißem Grund mit blauen Streifen. Das waren die Farben der damaligen „Spree-Havel-Dampfschifffahrts-Gesellschaft Stern“.
Wie ein Airbus durch Mecklenburg-Vorpommern
Der Streckenführungsplan für den knapp 70 Kilometer langen Landweg umfasst 60 Seiten. Der Transport verläuft durchs Havelland bis nach Wustermark, wo die Hertha idealerweise im Havelport zu Wasser gelassen wird. Der Schwerlasttransport ist insgesamt 107 Tonnen schwer, 31,65 Meter lang und 5,55 Meter hoch. Gerade die Höhe stellt das größte Probleme dar, auch wenn der Tieflader auf 5,45 Meter absenkbar ist. Der Aufwand, der dafür betrieben wird, ist gewaltig. Gut zwei Dutzend Verkehrsschilder müssen „mobil gemacht“ und vorübergehend umgelegt oder gedreht werden, wie es heißt. Viele Ampeln müssen abgebaut und ein paar Verkehrsinseln umgebaut werden. Auf der Strecke müssen zudem immer wieder Astwerk und Telefonleitungen angehoben werden, wenn die Hertha die lang gestreckten Dörfer des Havellandes passiert.
Kurz vor Friesack wird dann noch eine 13,5 Meter lange Brücke mit einer Schwerlastbrücke überbaut und zusätzlich abgestützt. „Das war der letzte Knackpunkt, daran hing die Gesamtgenehmigung“, sagt Pering. Letztlich waren vier Ingenieurbüros damit beschäftigt, wie und in welchem Maße die Brücke für die Fracht zu stützen und zu verstärken ist. Durchführen wird den Transport die SLT Mobile Straßen GmbH. Das Unternehmen mit Hauptsitz Nienhagen bei Rostock ist spezialisiert für solche Projekte, so hat es auch schon einen Airbus auf dem Landweg transportiert.
Die Behörden machten es nicht leicht
Das Ziel ist so nah. Pering verdrängt die Mühen der Ebene, wenn er sich mit Ämtern und Behörden Brandenburgs und Berlins herumschlug. Etwa die der Naturschutzbehörde des Landkreises Ostprignitz-Ruppin. Das Projekt drohte zu scheitern. Mal seien Brut- oder Schlüpftzeiten einheimischer Vogelarten im Weg gewesen, mal hätten ein paar Äste einer Allee nicht entfernt werden können, erzählt Pering. Er sei ja ein Verfechter des Naturschutzes und freue sich, dass in Brandenburg wieder Wölfe und Wisente angesiedelt wurden, „aber ein paar abgeschnittene Baumäste auf wenigen Metern hätten eine Allee nicht ruiniert“.
Zwischendrin wurde sogar an einem Plan B gestrickt; für den Fall, dass die Hauptstrecke abgelehnt geblieben wäre. Der Ausweichplan sah vor, die Hertha an die Elbe zu schaffen, sie dort in einen Lastenkahn zu heben und dann über den Wasserweg nach Berlin zu transportieren. Bis Ende des Jahres wird die Hertha im Tegeler See vor Anker gehen, sie hat einen Liegeplatz an der Tegeler Hafenbrücke, auch Sechserbrücke genannt. Bereits jetzt hätten sich Hertha-Mitglieder bei Pering gemeldet, die ein Kapitänspatent besitzen und sich ehrenamtlich zur Verfügung stellen, die Hertha in naher Zukunft zu steuern. Vorausgesetzt, das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin erteilt noch eine Genehmigung zum Befahren der Berliner Gewässer. Der zuständige Mitarbeiter hat nur einen Bürotag in der Woche, er ist per Mail nicht erreichbar und zurzeit im Urlaub.