Alexander Baumjohann spielte für Gladbach, Bayern, Schalke und Hertha, lange galt er als große Hoffnung der Nationalmannschaft. Jetzt ist er der einzige deutsche Fußballer in der brasilianischen Liga. Und könnte dort endlich sein Glück finden.
Alexander Baumjohann, hatten Sie früher einen Lieblings-Brasilianer in der Bundesliga?
Lincoln! Als ich auf Schalke Profi wurde, spielte er dort und war mein Vorbild. Ein grandioser Fußballer, von ihm konnte ich mir eine Menge abschauen. Mittlerweile ist er mein Berater und hat den Wechsel nach Brasilien eingefädelt.
Mit Lincoln zusammen waren Sie auch zum ersten Mal überhaupt in Brasilien.
Genau, 2004 haben wir gemeinsam Urlaub in Belo Horizonte gemacht. Er hat mich zu sich nach Hause eingeladen, also habe ich zwei Wochen mit ihm bei seiner Familie verbracht. Er hat mir die Stadt gezeigt, wir waren auf den Bolzplätzen, wir haben Fußballtennis gespielt. Das Land ist mir sofort ans Herz gewachsen.
Mittlerweile sind Sie seit zehn Jahren mit einer Brasilianerin verheiratet und sprechen fließend portugiesisch.
Ohne je einen Kurs gemacht zu haben! Als ich damals mit Lincoln unterwegs war, konnte außer uns beiden dort niemand deutsch. Also musste ich unglaublich aufpassen, um zumindest ein bisschen etwas mitzubekommen. Ab dem Zeitpunkt habe ich mich mit der Sprache beschäftigt und auch mit den Brasilianern in meiner Mannschaft immer versucht, portugiesisch zu reden. Und jetzt spreche ich – vor allem natürlich Dank meiner Frau – fließend.
Im Sommer 2017 wechselten Sie von Hertha zu Coritiba in die erste brasilianische Liga. Hatten Sie den Fußball in Brasilien schon länger verfolgt?
Klar, allerdings in erster Linie die brasilianische Nationalmannschaft und weniger die Liga. Als ich klein war, gab es Ronaldo und all die anderen Weltklassespieler, die haben jeden Fußballer begeistert. Seit acht Jahren haben meine Frau und ich auch eine Wohnung in Belo Horizonte. Seitdem waren wir zweimal im Jahr zum Urlaub dort und ich habe mir Ligaspiele im Stadion angeschaut. So wurde ich auch mehr und mehr zum Fan der brasilianischen Liga.
Wo waren Sie dann im Stadion?
Bei Atlético Mineiro. Unsere Wohnung ist nur einen Kilometer vom Stadion entfernt und meine Frau ist als Fan des Vereins aufgewachsen.
Was für Unterschiede zur Bundesliga haben Sie bei ihren Besuchen ausgemacht?
Man sah sehr deutlich, dass der Fußball in Brasilien weniger von der Taktik geprägt ist, es ging die ganze Zeit hin und her. Und auch heute ist das noch so: Spiele enden fast nie 0:0, es geht mehr um das Spektakel, Rasenschach wie in Deutschland sieht man kaum. Dementsprechend ist die Stimmung im Stadion auch fanatischer und emotionaler, selbst wenn die Spiele nicht immer ausverkauft sind. Als Profi macht es extrem viel Bock, vor solchen Verrückten zu spielen. Vergangene Saison, als ich noch für Curitiba auflief, spielte ich auch im Maracana. Im Maracana! Das war wirklich etwas Besonderes.
Anfang Februar ging es für Sie von Coritiba zu EC Vitoria nach Salvador. Die Stadt gilt als eine der gefährlichsten im Land. Wie gehen Sie damit um?
Brasilien ist generell ein anderes Pflaster als Deutschland, und Salvador ist mit vier Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt im Land. Curitiba – eine Stadt, die von der Struktur und auch vom Klima her eher europäisch wirkt – war im Vergleich dazu fast ein Dorf. Hier in Salvador musst du darauf Acht geben, dich nicht besonders auffällig zu kleiden oder mit teuren Karren durch die Gegend zu fahren. Sonst wird es nun mal gefährlich. Insgesamt gehört es hier zum Leben dazu, auf bestimmte Dinge zu verzichten. Einfach abends durch die Gegend spazieren? Das geht nicht wie in Deutschland. Aber all das wusste ich vorher, ich war schon so oft in Brasilien, dass ich gut abschätzen kann, wie ich mich zu verhalten habe. Außerdem ist für mich klar, dass ich irgendwann nach Deutschland zurückkehren werde. Daher sind es nur temporäre Einschränkungen, mit denen ich gut leben kann.