Noel Aseko ist einer der besten U17-Fußballer Deutschlands. Deshalb wird er wohl von Hertha BSC zum FC Bayern München wechseln. Das Vorgehen der Münchner sorgt für Kritik – nicht zum ersten Mal.
Reiß würde Aseko auch in der neuen Saison trainieren, weil er ebenfalls von der U17 zur U 19 wechselt und dort die Nachfolge von Michael Hartmann antritt. Hartmann hat Hertha in diesem Frühjahr verlassen. Er arbeitet künftig: bei den Bayern.
Vor ziemlich genau fünf Jahren haben die Münchner ihr 70 Millionen Euro teures Nachwuchsleistungszentrum, den FC Bayern Campus, bezogen. „Der Campus ist für uns die Chance, viel Erfolg zu generieren“, hat Uli Hoeneß, damals noch Präsident des Vereins, bei dessen Eröffnung gesagt. „Die Ausbildung soll zum Markenzeichen unseres Klubs werden.“
Kritiker werfen dem Rekordmeister inzwischen vor, dass er schon bei der Rekrutierung von Nachwuchsspielern sehr aggressiv zu Werke gehe. Zyniker behaupten sogar, dass die Bayern ihr Jugendinternat mit insgesamt 35 Wohnungen für die Nachwuchsspieler ja irgendwie vollkriegen müssten.
Auch in Berlin ist der Klub gut aufgestellt, unter anderem mit einem hauptamtlichen Scout für den Nachwuchs. Dazu hat Jochen Sauer, der Leiter des Campus‘, eine Hertha-Vergangenheit. Er war die rechte Hand des früheren Geschäftsführers Dieter Hoeneß. Michael Hartmann, den künftigen U17-Trainer der Bayern, kennt Sauer noch aus der Zeit, als Hartmann bei Hertha als linker Verteidiger in der Bundesliga gespielt hat.
In dem Sommer, in dem die Bayern ihren Campus eingeweiht haben, haben sie schon einmal in Berlin bedient. 2017 verpflichteten sie gleich drei Spieler aus Herthas Nachwuchs: Torben Rhein, damals 14 Jahre alt, sowie die Brüder Nemanja und Nikola Motika, 14 und 13. Angeblich ließen sie sich das 200.000 Euro kosten.
Die Motikas sind inzwischen zu Roter Stern Belgrad weitergezogen. Rhein hat gerade seinen Vertrag bei den Bayern bis 2025 verlängert – und wurde sogleich an den österreichischen Erstliga-Aufsteiger Austria Lustenau verliehen.
„Die Kinder sind halt geblendet“
Rhein wurde schon früh als eines der größten Talente seines Jahrgangs gehyped, als der nächste Toni Kroos zum Beispiel. Er ist wie Florian Wirtz 2003 geboren. Auch Wirtz hat in der Jugend den Verein gewechselt hat, ist vom 1. FC Köln zu Bayer Leverkusen gegangen. Dort hat er es in die Bundesliga geschafft, ist A‑Nationalspieler geworden und hat die Spiele auf höchstem Niveau bestritten, die Rhein fehlen. Mit inzwischen 19 Jahren ist Torben Rhein gerade 18-mal für die Münchner zum Einsatz gekommen – für die U 23 in der Regionalliga Bayern.
„Die Kinder sind halt geblendet“, hat Lukas Michelbrink, der auch erst 17 ist, im Zuge des sich anbahnenden Aseko-Wechsels nach München bei Twitter geschrieben. Sie könnten gar nicht einschätzen, wie schlecht ihre Chancen stehen, bei den Bayern Profi zu werden. Aber Bayern nutze das halt aus. „Einer von 50 wird dann ein Star, der Rest kickt Regionalliga.“
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.
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