Sportlich hat Hertha BSC im vergangenen Jahr nicht so wahnsinnig viel gerissen. Warum sie dennoch nachhaltig beeindruckt haben und stellvertretend für den gesamten Fußball stehen.
Die Sensation 2019: Der HSV spielt immer noch in der Bundesliga. Und heißt Hertha BSC.
Jetzt soll es um den Fußball-Moment des Jahres gehen und eigentlich müsste hier also, da die große Geste, das ganze Orchester gefragt ist, etwas über Borussia Mönchengladbach stehen, den tollsten Klub der Welt. Aber ich mag nicht, denn ich bin doch auch nur 1 Mensch und wütend und traurig.
Es ist mein Fehler. Als ich begann, mich für Fußball zu interessieren, dümpelte mein Heimatverein Hertha quasi-geriatrisch vor sich hin. Zuneigung zu einem Fußball-Verein zu empfinden, der sich im Abstiegskampf der zweiten Liga befand, war einfach zu viel für mein neunjähriges Ich. Stattdessen also das weit entfernte Borussia Mönchengladbach, Hans-Jörg Criens, man kennt das.
Hertha als Symptom
Zehn Jahre später saß ich trotzdem im Olympiastadion. Ich saß neben Helmut, den alle nur „Helle“ nannten, weil Helmut für einen 19-jährigen selbst im Berlin-Lichterfelde von 1999 nicht ok war als Vorname. Mit uns waren 60.258 Menschen gekommen, um den FC Barcelona zu sehen. In einem Pflichtspiel. In der Champions League. Und vielleicht lag es daran, dass man an diesem Abend dann einfach nichts sah, weil sich ein Nebel über die Stadt legte, als wolle er sagen: Nein, der große Fußball wird niemals Einzug halten in dieser Stadt! Vielleicht lag es daran, dass ich zwar Kjetil-André Rekdal und Bryan Roy so lässig fand wie die Brüder Gallagher, das Gegengewicht, die „School of Uncool“ um Marko Rehmer, Jürgen Röber und Co. (viel Co.) aber immer noch überwog.
Und vielleicht war diese Stadt vor 100 Jahren mal eine Weltstadt. Zumindest so lange ich denken kann allerdings, war Berlin nichts weiter als ein mutiertes Dorf. Das sich so sehr danach sehnte, Weltstadt zu sein, dass es manchmal wehtat. Und Hertha BSC war das passende Symptom zur Diagnose.